Auch die Unternehmen jenseits der Finanzbranche spüren jetzt die Erschütterungen der Banken und Börsen. Eine FTD-Serie beleuchtet, wo das Kapital knapp wird und wo die Nachfrage wegbricht.


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Kommentar

Rennen der Trittbrettfahrer

von Kristina Spiller

Die Finanzkrise ist auf dem ohenhin flauen Automärkten angekommen. Nun schreien Westeuropas Fahrzeughersteller nach Staatshilfen wie in den USA. Doch das Risiko wäre enorm.

ZUM THEMA

Ein Zittern geht durch die Autobranche. Als eine der Ersten bekommt sie jetzt die ganze Schlagkraft der Finanzkrise zu spüren. Selbst eine Insolvenz von Riesenkonzernen wie dem US-Hersteller General Motors wird nicht mehr ausgeschlossen. In dessen Heimatmarkt begann ein Absatzeinbruch, der nun Europa erfasst. Teure Kredite für Firmen und Autokäufer verschlimmern die Lage drastisch.

Schon schreien erste Hersteller in Europa nach dem Staatssäckel. Mit zinsgünstigen Milliardenkrediten will ja immerhin schon die US-Regierung ihre Autobauer stabilisieren. Nun zeigt sich, dass die USA einen Flächenbrand entzündet haben. Es droht der Start in einen weltweiten Subventionswettlauf. Wenn Europa in die Hysterie um die Zukunft der Autokonzerne einstimmt, warum sollten China, Russland und Indien ihren Konzernen dann nicht auch helfen? Dann gewinnt nicht mehr das beste Unternehmen, sondern das mit dem spendabelsten Staat. Falsche Konzepte, mit denen sich mehrere Hersteller bereits auf die schiefe Bahn gebracht haben, werden konserviert. Zum Schaden und auf Kosten der Kunden, die als Steuerzahler für Missmanagement geradestehen müssen.

Automärkte brechen ein

Natürlich sind die Sorgen der Autowelt berechtigt. Die Branche steht vor einem Desaster. Noch vor Monaten glaubten manche Automanager an ein Ende des Absatzrückgangs, den hohe Benzinpreise und unsichere Umweltregeln für Autos ausgelöst hatten. Nun wird es schlimmer als je gedacht. Im September brach Westeuropas Automarkt im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent ein. Aussicht auf Besserung besteht nicht, da das ins Wanken geratene Finanzsystem keine günstigen Kredite mehr möglich macht. Mit ihnen hatten Autohändler noch manchen Kunden ködern können.

All das ist jedoch kein Grund, Staatshilfen zu gewähren und dem schlechten Beispiel der USA zu folgen. Dort wie hier wollen die Autobauer Hilfe, um die Milliardeninvestitionen in neue, umweltfreundliche Antriebstechnik zu schultern. Die meisten von ihnen aber haben den Trend zu spritsparenden Autos verschlafen. So haben die US-Konzerne ihr Desaster mit falscher Modellpolitik heraufbeschworen. Sie investierten in Geländewagen und Pick-ups und haben jetzt, da der steigende Benzinpreis sparsame Autos attraktiv macht, keine kleineren Modelle parat.

Auch Europas Autokonzerne packten ihre schon vor Jahren erarbeiteten Konzepte für fortschrittliche Antriebe in die Schublade. Die Entwicklung ökologischer Autos war ihnen zu teuer. Erst jetzt ziehen sie die Pläne heraus, weil der hohe Ölpreis zur Belastung wird und striktere Umweltregeln drohen. Dabei war es nie ein Geheimnis, dass billiges Öl langfristig nicht zu haben sein wird und der Klimaschutz bedeutender wird. Nun muss alles schnell gehen, und das kostet Geld.

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Aus der FTD vom 11.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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