Zur Bekämpfung der Finanzkrise könnte die Bundesregierung zum Äußersten greifen: Sie behält sich eine Verstaatlichung deutscher Banken vor, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
"Wir werden natürlich jetzt in der Vorbereitung auf ein koordiniertes europäisches Vorgehen dann schauen, dass wir keine Möglichkeiten völlig ausschließen können", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in Berlin auf die Frage, ob es zu einer Verstaatlichung deutscher Institute kommen könnte.
Mehrere Staaten haben inzwischen angeschlagene Banken direkt unter staatliche Obhut genommen. Zuletzt hatte London eine Teilverstaatlichung der größten britischen Institute bekannt gegeben. Auch die US-Regierung erwägt dies, wie Finanzminister Henry Paulson ankündigte. Im Gegenzug für Kapitalspritzen soll der Staat Bankaktien erhalten. Die Bundesregierung hatte solche drastischen Schritte bislang als unnötig dargestellt.
Zunächst müssten allerdings die Auswirkungen der konzertierten Zinssenkung großer Notenbanken abgewartet werden, sagte Merkel. Sieben Zentralbanken hatten am Mittwoch in einer beispiellosen Notaktion ihren Schlüsselzins gleichzeitig um 50 Basispunkte gesenkt. Auch müssten Europa und die USA als Erstes ihr Krisenmanagement abstimmen, so die Kanzlerin.
Die Finanzminister der großen Industriestaaten (G7) wollen am Freitag in Washington über die Bekämpfung der Krise beraten. Die Erwartungen an das Treffen sind hoch - zumal auch die drastische Zinssenkung und Milliardenhilfen der Regierungen für die Finanzbranche die schwere Krise an den Märkten bislang nicht eindämmen konnten.
Der Aktienindex Dax stürzte am Donnerstag zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit vier Jahren und schloss 2,5 Prozent im Minus bei 4887 Punkten. Auch an internationalen Börsen herrschte große Nervosität. Die Lage an den Geldmärkten blieb höchst angespannt. Der Libor-Satz für dreimonatige Dollar-Ausleihungen unter Banken stieg gar um 23 Basispunkte auf 4,75 Prozent. Der Satz ist von besonderer Bedeutung, weil viele variable Kreditverträge und Finanzgeschäfte an ihn gekoppelt sind. Notenbanken und Politiker fürchten, dass die Liquiditätsprobleme der Banken eine weltweite Kreditklemme und in der Folge eine globale Rezession auslösen.
"Wir stehen an der Schwelle zu einer globalen Rezession", sagte der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, in Washington. "Die Lage ist sehr ernst." Die Finanzkrise sei der "gefährlichste Finanzschock seit den 30er-Jahren". Sie sei stark unterschätzt worden.
Strauss-Kahn plädierte für massive koordinierte Hilfen. "Wir können die Probleme lösen, wenn wir schnell, entschlossen und gemeinsam handeln. Es gibt keine nationale Lösung für eine Krise wie diese." Besonders die europäischen Staaten forderte er zu einer engeren Kooperation auf. Das unabgestimmte Krisenmanagement der Regierungen steht derzeit stark in der Kritik.
Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat die führenden deutschen Wirtschafts- und Bankenverbände für Montag zu einem Gipfeltreffen eingeladen. "Ich möchte direkt aus der Praxis hören, wie die Verbände die Wirtschaftslage in den nächsten Monaten einschätzen", sagte Glos. Bei der Kreditwirtschaft wolle er darauf dringen, die Kreditvergabe an Firmen nicht zu verknappen.
Die Bundesregierung rechnet inzwischen damit, dass die deutsche Wirtschaft 2009 nur noch zwischen null und 0,5 Prozent wächst. Die Grünen warnten vor einer Haushaltslücke von rund 13 Mrd. Euro. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) müsse einen neuen Entwurf für den Bundeshaushalt 2009 vorlegen.
Aus der FTD vom 10.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: ddp
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