Chinas Schiffbauer drängen an die Weltspitze. Qualitätsmängel, hohe Energiepreise und globale Überkapazitäten könnten die Pläne jedoch durchkreuzen.
Eine solche Flotte hatte die Welt noch nicht gesehen: 317 Schiffe verließen im Jahr 1405 den Hafen der chinesischen Küstenstadt Liujia, darunter 62 Giganten von 120 Metern Länge. Die Armada hätte die Welt umsegeln können, doch sie kam nur bis Afrika. Dann wurde der Schiffbau eingestellt, und Chinas Seemacht geriet in Vergessenheit.
Genau 600 Jahre nach der Ausfahrt von Liujia startet China einen neuen Anlauf. In ihrem Fünfjahresplan ernannte die Partei den Schiffbau zu einem ihrer Schwerpunkte, und die Regierung verkündete ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2015 soll China zur größten Schiffbaunation der Erde werden. Die Ambitionen könnten sogar schon drei Jahre früher Wirklichkeit werden, sollten die chinesischen Werften ihr atemberaubendes Tempo beibehalten. "2015 war ein ziemlich aggressives Ziel", sagt Russell Barling vom Asienbüro des Schiffsklassifizierers Lloyd's Register.
"Doch nun sieht es danach aus, dass China es noch viel schneller schafft." 644 Schiffe gingen im vergangenen Jahr in China vom Stapel, im Vergleich zum Vorjahr stieg die Produktion um 30 Prozent. Damit erreichte die chinesische Schiffbauindustrie einen globalen Anteil von fast 20 Prozent. Korea führt den Markt mit 32 Prozent an, gefolgt von Japan mit 25 Prozent. China könne schon im Jahr 2010 Weltmarktführer werden, prognostizierte jüngst das Schiffsbrokerunternehmen Clarksons.
Die Geschwindigkeit, in der China aufholt, lässt die Konkurrenz staunen. Überall an der 18.400 Kilometer langen chinesischen Küste und entlang des Flusses Jangtse entstehen neue Werften. Die Provinz Jiangsu hat sich zu einem Zentrum der Zulieferindustrie entwickelt. Und auf einer Insel im Jangtse-Delta bei Schanghai ist in Windeseile die weltgrößte Werftanlage mit einer Länge von acht Kilometern und sieben Docks entstanden, in denen jeweils ein Supertanker der Klasse Very Large Crude Carrier (VLCC) gebaut werden kann.
Mit 1700 neuen Aufträgen aus aller Welt erlebte Chinas Schiffbauindustrie 2007 das beste Jahr ihrer Geschichte. Gemessen an der sogenannten Deadweight-Tonnage, der Verdrängung der bestellten Schiffe, ließ China sogar schon die asiatische Konkurrenz hinter sich. Mehr als 60 Prozent der Aufträge gehen an zwei große Staatskonzerne, die China Shipbuilding Corporation (CSSC) und die China Shipbuilding Industry Corporation (CSIC), die der direkten Weisung Pekings unterstehen.
Motor für den chinesischen Boom der vergangenen Jahre waren die Weltkonjunktur und der rasante Anstieg des weltweiten Schiffverkehrs. Die Globalisierung hat die Nachfrage nach Containerschiffen, Massengutfrachtern und Tankern angeheizt. China möchte vom Transportboom profitieren, doch auch Versorgungszwecke spielen eine Rolle: Bisher sind es hauptsächlich ausländische Tanker, die China mit Rohöl versorgen. Jetzt möchte Peking seine eigene Flotte aus der Taufe heben.
Nicht nur die koreanischen und japanischen Werften beäugen die neue Schiffbaunation am Pazifik mit Misstrauen. Auch die deutschen Schiffbauer fürchten Chinas Ehrgeiz und ein Überangebot an Schiffbaukapazitäten. Die steigenden Energiepreise entschleunigen den Welthandel, der Schifftransport verteuert sich. Das könnte sich bald in den Auftragsbüchern der Werften spiegeln.
Zudem stehen die chinesischen Ingenieure in der Kritik. Führende Schiffbauexperten warnen vor Qualitätsmängeln und einer ganzen Generation unsicherer Schiffe. Von ernsten Konstruktionsproblemen und sogar von Rückgaben ist die Rede. Die chinesische Schiffbauindustrie muss nun beweisen, dass sie ihr Handwerk gelernt hat.
FTD.de, 09.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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