Industriezweig auf Rettungssuche

Dossier Skepsis über Pläne im US-Automarkt

von Matthias Ruch (New York) und Kristina Spiller (Hamburg)

Der Sinn einer Fusion von General Motors und Chrysler, deren Chancen die beiden US-Autokonzerne seit Wochen ausloten, wird von Experten bezweifelt. Als Ausweg bleibt ein Insolvenzverfahren.

"GM hat bereits zu viele Marken, da sollte man nicht noch weitere hinzukaufen", kritisierte Tom Libby vom US-Marktforscher J.D. Power. Auch Autoanalyst Aaron Bragman von Global Insight sieht kaum Vorteile für General Motors (GM) und Chrysler. "Der wahre Profiteur wäre Cerberus", mahnte er. Der Finanzinvestor hält 80 Prozent an Chrysler und könnte für die Abgabe an den GM-Konzern dessen Anteile am Finanzdienstleister GMAC bekommen.

ZUM THEMA

DOKUMENTE, AUDIO/VIDEO

RESSOURCEN

Auf dem nordamerikanischen Automarkt kämpfen US-Konzerne und Importeure aus Europa und Asien mit zunehmender Härte um Anteile. Infolge der Finanzkrise bricht der Verkauf von Neuwagen seit Monaten ein. Statt der üblichen 16 Millionen Fahrzeuge werden in diesem Jahr nach Branchenschätzungen nur noch gut 13 Millionen verkauft. Ein weiterer Rückgang wird für 2009 prognostiziert.

In den USA versuchen sich die angeschlagenen US-Autobauer gegenseitig zu verarzten
 In den USA versuchen sich die angeschlagenen US-Autobauer gegenseitig zu verarzten

Besonders hart trifft die Krise die drei großen US-Hersteller, die seit Jahren Marktanteile an die Importeure verlieren. 1990 lag ihr Anteil noch bei über 70 Prozent, nun ist er unter 50 Prozent gesunken.

Neben der Schwäche im Heimatmarkt macht GM und Ford auch der rückläufige Absatz in Europa zu schaffen. Hier hat Ford im September 12,3 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft als vor einem Jahr, wie der Konzern am Montag mitteilte.

General Motors, allein in den USA mit sieben Marken am Markt, versucht verzweifelt, die existenzbedrohenden Verluste einzudämmen. Ebenso wie Ford verbrennt GM täglich rund 30 Mio. $. "Ein Zusammenschluss mit Chrysler würde GM frisches Geld in die Kassen spülen", hieß es aus dem Konzernumfeld. Zur Jahresmitte verfügte GM noch über Barmittel von 21 Mrd. $ - heute dürften es deutlich weniger sein. Die Reserven von Chrysler hatte Cerberus im August auf 11 Mrd. $ beziffert.

Die Ratingagentur Standard & Poor's beurteilte eine Fusion von GM und Chrysler ebenfalls kritisch. "Wir haben Zweifel, dass sich damit die Liquidität verbessern lässt", mahnte S&P; am Montag.

US-Marktanteile amerikanischer Autohersteller
 US-Marktanteile amerikanischer Autohersteller

Um intern wirklich hart durchgreifen zu können, könnten die Autokonzerne den Weg in die Insolvenz - das sogenannte Chapter-11-Verfahren - gehen. Diese Option hatten bereits vor Jahren die angeschlagenen US-Fluggesellschaften gewählt, um ihre Krise zu überwinden. Das operative Geschäft würde dadurch nicht zum Erliegen kommen. "Um alle Zahlungsverpflichtungen zu analysieren und deutlich zu machen, wie dramatisch die Situation ist, wäre dieser Weg richtig", sagte Christoph Stürmer, Autoanalyst beim Marktforscher Global Insight. "Intern könnte GM damit den nötigen Schock erzeugen."

Für 2009 hat GM angekündigt, 10 Mrd. $ an Kosten einzusparen und weitere 5 Mrd. $ durch neue Kredite und den Verkauf von Vermögen einzunehmen. Einen Antrag auf Gläubigerschutz lehnt der Konzern bislang strikt ab.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

Aus der FTD vom 14.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD, FTD.de

 

 FTD-Services 

 Firmen des Tages 

 Nachrichten 

Subventions-Wettlauf

Die Kanzlerin stellt den deutschen Autobauern Hilfe in Aussicht - obwohl die solche Schritte kritisieren. mehr

Existenzkrise

In ihrem Überlebenskampf loten General Motors, Ford und Chrysler die Chancen möglicher Zusammenschlüsse aus. mehr

Conti-Übernahme

Der Familienkonzern tritt Befürchtungen entgegen, der Zukauf könnte platzen. mehr

Gescheiterte Pläne

Ab jetzt verantwortet Patrick Pélata das operative Geschäft bei Renault. mehr

Neuer Weltmarktführer möglich

Für den Fall eines Scheiterns soll General Motors alternative Pläne in Frankreich haben. mehr

Trotz Finanzkrise

Das Gremium will Lohnforderungen der IG-Metall als Grundlage für die Tarif-Verhandlungen 2009 nehmen. mehr

Auch die Unternehmen jenseits der Finanzbranche spüren jetzt die Erschütterungen der Banken und Börsen. Eine FTD-Serie beleuchtet, wo das Kapital knapp wird und wo die Nachfrage wegbricht. mehr

Spekulation um Gewinneinbruch

Die Aktionäre lassen die Aktie des weltgrößten Autobauers fallen. mehr

Verkaufsflaute

Damit sollen bei der kriselnden Ford-Tochter insgesamt rund 6000 Jobs wegfallen. mehr

Achterbahnfahrt der VW-Aktie

FTD.de erklärt die wichtigsten Fragen zu dem rätselhaften Kursanstieg. mehr

Übernahmefolgen

Der Veräußerungserlös könnte die enorme Schuldenlast nach dem Erwerb durch Schaeffler mindern. mehr

Absatzflaute durch Finanzkrise

Krisenbedingt stehen in Eisenach in Kürze die Bänder still - wie schon an einem anderen Opel-Standort. mehr

Mehr News aus Autoindustrie

Autoindustrie als