Flaute am Himmel

US-Airlines verpassen Trendwende

von Matthias Ruch (New York) und Leo Klimm (Hamburg)

Die größte US-Fluggesellschaft American Airlines und ihr schärfster Wettbewerber Delta haben Hoffnungen auf eine dauerhafte Erholung der kriselnden Branche gedämpft. Nach einer Stabilisierung der Ergebnisse im Sommer meldeten die beiden Gesellschaften wieder schwächere Resultate.

ZUM THEMA

Während den Airlines im Frühjahr noch stark gestiegene Treibstoffkosten zu schaffen gemacht hatten, droht nun ein Absatzeinbruch infolge der Bankenkrise. "In diesen turbulenten Zeiten an den Finanzmärkten und einer unsicheren Nachfrage rüstet sich Delta, um auf die Krise reagieren zu können", kündigte Delta-Chef Richard Anderson an.

AMR, die Muttergesellschaft von American Airlines, meldete am Mittwochabend für das dritte Quartal zwar einen Nettogewinn von 45 Mio. $. Ohne den Verkauf der konzerneigenen Vermögensverwaltung Beacon Advisors hätte die Gesellschaft aber einen Nettoverlust von 360 Mio. $ verbucht. Um an frisches Geld zu kommen, hatte AMR zuletzt Aktien im Wert von 300 Mio. $ ausgegeben.

Delta meldete für das abgelaufene Jahresviertel einen moderaten Nettoverlust von 50 Mio. $. Allerdings hatte Delta-Finanzchef Edward Bastian Mitte September in Aussicht gestellt, dass die Phase der Verluste im dritten Quartal vorbei sei. In den kommenden Wochen will Delta die Übernahme des US-Rivalen Northwest abschließen - und damit zur größten Fluggesellschaft der Welt aufsteigen.

Vielflieger
 Vielflieger

Obwohl die Zahlen der beiden Airlines auf lange Sicht keinen Anlass zu Optimismus geben, ließ die Erleichterung darüber, dass die Verluste zumindest nicht höher waren als erwartet, die Aktienkurse steigen: Bis zum Mittag legten AMR und Delta in New York um rund fünf Prozent zu. Seit Jahresbeginn haben beide aber immer noch mehr als die Hälfte an Börsenwert verloren.

Sollten der Delta-Rivale Continental, der am Donnerstag sein Quartalsergebnis vorstellt, und United Airlines in der kommenden Woche nicht positive Ergebnisse vorlegen, werden die Fluglinien noch mehr sparen müssen. "Die Finanzkrise dürfte die Airlines vor allem bei der Finanzierung neuer Flugzeuge treffen", sagte Analyst Ray Neidl von Calyon Securities. Zusätzlich drückt die Krise auf die Konsumfreude der Verbraucher. "Die kurzfristige Nachfrage bleibt noch stabil", sagte Delta-Finanzvorstand Bastian. "Beim langfristigen Umsatzausblick führt die derzeitige Wirtschaftskrise aber zu Unsicherheiten."

Im Frühjahr hatten die amerikanischen Fluggesellschaften auf die existenzielle Bedrohung durch steigende Kerosinpreise reagiert und die Ticketpreise angehoben. Zugleich wurden Kapazitäten abgebaut, rund 460 Flugzeuge stillgelegt und etwa 26.000 Stellen gestrichen. Noch im dritten Quartal 2008 hätten die Treibstoffkosten um 800 Mio. $ über dem Vorjahreswert gelegen, rechnete Delta am Mittwoch vor.

Kursinformationen + Charts

10,79 USD 22,89 % [2,01]
Chart
AMR CORP. REGI.. 10,79 USD 22,89 %
DELTA AIR LINE.. 0,04 EUR -8,70 %
NORTHWEST AIRL.. 6,62 EUR 2,32 %

Zwar fällt der Kerosinpreis seit Monaten wieder, die Folgen der Finanzkrise lassen sich damit aber nicht ausgleichen: American, United und Continental mussten allein im September im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang der Passagierzahlen von mehr als neun Prozent hinnehmen.

Michael Derchin, Analyst bei FTN Midwest Research, erwartet für das dritte Quartal einen Gesamtverlust der zehn größten US-Airlines von rund 1 Mrd. $. Dieses Jahresviertel, in dem Airlines üblicherweise gut verdienen, dürfte damit Vorbote eines schwierigen Jahres sein: Bisher rechnete der US-Branchenverband ATA für 2009 mit einer Rückkehr der Airlines in die schwarzen Zahlen. Nun warnt ATA davor, dass eine Rezession weitere Stilllegungen von Flugzeugen nötig machen könnte. Gleichzeitig arbeiten die Airlines weiter an der Erneuerung ihrer Flotten, um Treibstoffkosten zu senken: Ungeachtet des gestiegenen Verlustes kündigte American Airlines am Mittwoch die Bestellung von 42 Großraumflugzeugen des Typs Boeing 787 im Wert von 8 Mrd. $ an.

Delta verspricht sich seinerseits Einsparungen von der Fusion mit Northwest. Damit werde sich "die Fähigkeit, auf die ökonomischen Probleme zu reagieren, signifikant erhöhen", sagte Delta-Chef Anderson. Nach der kartellrechtlichen Genehmigung rechnet er mit einem Vollzug noch in diesem Jahr. Erst Anfang 2007 konnte die Airline das Insolvenzverfahren verlassen, das nach den Folgen der Terroranschläge vom 11. September 2001 eröffnet worden war. Kurz darauf präsentierte Delta wieder schwarze Zahlen, fiel aber in diesem Jahr direkt in die Verlustzone zurück.

Kursinformationen

Name Aktuell
% abs.
AMR CORP. REGISTERED.. 10,79 USD 22,89 % 2,01
DELTA AIR LINES INC... 0,04 EUR -8,70 % 0,00
NORTHWEST AIRLINES C.. 6,62 EUR 2,32 % 0,15
Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

Aus der FTD vom 16.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD.de

 

 FTD-Services 

 Firmen des Tages 

 Nachrichten 

Problem nicht behoben

Die Untersuchungen laufen - Kunden müssen sich auf Einschränkungen gefasst machen. mehr

Sparpaket

345 Mio. Euro sollen beim Personal eingespart werden. Stellenabbau soll es aber nicht geben. mehr

Weitere Hiobsbotschaften

Deutschlands Unternehmen schalten bereits hektisch auf Sparmodus um. mehr

Flottenerneuerung

American Airlines braucht dringend eine neue Flotte - und Boeing den Auftrag. mehr

Zukunft der Londoner Tochter

Der Kurs des britischen Reisekonzerns TUI-Travel gibt um ein Fünftel nach. Dafür hat der eigene Mutterkonzern in Hannover gesorgt. mehr

Bananenkartell

Neben Dole und Chiquita sind auch deutsche Firma betroffen. mehr

Post-Flaute

Die Aktie bricht ein - und reißt die der Deutschen Post gleich mit. mehr

Bahnprivatisierung

Während Politiker den Bahn-Börsengang bereits abschreiben, kämpft Konzernchef Mehdorn für eine neue Chance. mehr

Treíbstoffzuschläge

Die führende deutsche Fluglinie hat ihre Treibstoffzuschläge zum ersten Mal seit knapp zwei Jahren reduziert. mehr

Notlandung

Der europäische Flugzeughersteller spricht von einem einmaligen Vorfall - der Alarm betrifft jedoch die meisten Langstreckenmodelle. mehr

Glücksspielbranche

In einem Rechtsstreit auf Europas umkämpften Glücksspielmarkt hat der EuGH-Generalanwalt die Richtung vorgegeben. mehr

Kreditklemme

Die Bankenkrise hat den Finanzinvestoren das wichtigste Instrument geraubt: Kredite für Übernahmen. mehr

Mehr News aus Handel + Dienstleister

Handel + Dienstleister als