Expansionskurs

Vontobel lauert deutschen Banken auf

von Meike Schreiber (Frankfurt)

Die Schweizer Privatbank Vontobel nutzt die Finanzkrise zur Expansion auf dem deutschen Markt. "Wenn sich die Gelegenheit bietet, wollen wir zukaufen", sagte Vorstandschef Herbert Julius Scheidt vor Journalisten.

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"In so einer Bankenkrise kann man davon ausgehen, dass auch festsitzende Einheiten wieder auf den Markt kommen", sagte Scheidt weiter. Deutschland solle zum zweiten Heimatmarkt werden: Zunächst habe man dazu eine Vollbanklizenz beantragt und werde in Hamburg eine vierte Niederlassung eröffnen, so der gebürtige Deutsche. Reiche deutsche Kunden berät die Gruppe jedoch schon seit 2002 aus München heraus.

Für verkaufswillige Häuser sind dies erfreuliche Nachrichten. Trotz Finanzkrise dürfte es nach wie vor hohe Nachfrage geben, sollte ein Private-Banking-Haus verkauft werden. Offiziell sind zwar keine Banken auf dem Markt. Experten schließen aber einen Verkauf der Frankfurter Delbrück Bethmann Maffei oder der Weberbank, die zur WestLB gehört, nicht aus. Auch die erst wenige Jahre währende Zugehörigkeit der BHF-Bank zu Sal. Oppenheim gilt nicht als in Stein gemeißelt, auch wenn die Luxemburger Privatbank einen Verkauf ihrer traditionsreichen Frankfurter Bank stets vehement ausschließt.

Vontobel-Chef Julius Scheidt hofft auf die Vollbanklizenz für Deutschland
 Vontobel-Chef Julius Scheidt hofft auf die Vollbanklizenz für Deutschland

Vontobel-Chef Scheidt ist mit seinem Vorstoß im umkämpften deutschen Markt aber nicht an vorderster Front: In den vergangenen Jahren hatten Großbanken wie UBS und Credit Suisse viel Geld in den Ausbau des Geschäftes mit vermögenden Privatkunden gesteckt. Auch klassische Privatbanken wie Julius Bär, Sarasin oder Pictet expandierten im deutschen Markt. Angelockt werden sie durch die großen Vermögen, die derzeit an die Nachkriegsgenerationen vererbt werden. Außerdem sind zuletzt viele Unternehmer durch den Firmenverkauf reich geworden und suchen die Beratung einer guten Privatbank. Nicht zuletzt bringen Vermögende ihr Geld immer weniger zu den Banken im Ausland.

Überwiegend versuchten die Banken ihr Glück mit Wachstum aus eigener Kraft und eröffneten Filialen; auch warben sie Kundenberater von der Konkurrenz ab. Da die Kulturen oft unterschiedlich sind, gelten Übernahmen als riskant.

Scheidt betonte, man habe Erfahrung mit Übernahmen. Mit Blick auf die Größe sei ein Kauf bis hin zu einer BHF-Bank denkbar. Es sei auch nicht auszuschließen, dass Vontobel einen Kauf teilweise mit Fremdkapital zahle; rein theoretisch sei auch eine Kapitalerhöhung möglich. 2005 hatte Oppenheim die BHF, die heute 40 Mrd. Euro verwaltet, für 600 Mio. Euro gekauft. Analysten halten so ein Ziel jedoch für zu groß. "Vontobel hat eine gesunde Kapitalbasis; die könnten eine Bank mit etwa 10 Mrd. Euro verwalteten Geldern stemmen", sagte Christian Stark von Cheuvreux in Zürich.

Angesichts dieser Kapitalbasis sieht sich die börsennotierte, aber familienkontrollierte Vontobel als Krisengewinnler. Die Kernkapitalquote beträgt überdurchschnittliche 20 Prozent, das Eigenkapital 1,4 Mrd. Franken. Diese Stabilität habe der Bank im ersten Halbjahr sogar noch mehr neue Mittel beschert als im Vorjahr.

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Aus der FTD vom 10.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

 

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