Die Kolumne von Wäis Kiani.


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Kolumne: Wäis Kiani in bester Gesellschaft

Get a Getty!

Es geht endlich mal wieder um Sienna Miller. Seit sie diese Affäre mit diesem Getty-Enkel hat, gilt sie international als das skrupelloseste Weibsstück aller Zeiten, gegen das selbst schlimmste Homewrecker wie Dasha Zhukova, wegen der Roman Abramowitsch seine Frau in Windeseile verlassen hat, wie niedliche Plüschtiere wirken.

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Ich finde, es gibt nichts Verachtungswürdigeres als eine Frau, die sich für einen gebundenen Mann interessiert. Weil es doch völlig entwürdigend ist, sich geheim halten zu lassen, sei es auch nur für kurze Zeit. Und Typen, die erst eine andere brauchen, um sich aus ihrer Ehehölle zu befreien, kann man doch nur auslachen. Abgesehen davon und wie an dieser Stelle schon öfter erwähnt, halte ich auch sonst nichts von der talentbefreiten Sienna.

Jedenfalls, nachdem die Amalfi-Knutsch-Bilder von den beiden um die Welt gingen, gab Balthazar erst seine Trennung von Frau und vier Kindern bekannt, um kurz danach weinend zurück ins Nest zu rennen.

To make a long story short: Gestern Abend googelte ich aus Langeweile den Sienna-Getty. Seine Mutter Gisela Getty ist eine von den verrückten deutschen Hippiezwillingen. Sein Vater ist der Anfang der 70er-Jahre in Rom entführte Paul Getty III. Die Zahl hinter dem Namen empfiehlt sich, weil in dieser Familie alle Männer den gleichen Vornamen tragen. Jean Paul Getty I., der 1892 geborene amerikanische Öltycoon, war ein alter Geizhals, Sir Paul Getty II. war erst drogensüchtig und wurde später von der Queen geadelt. Und sein Sohn, Paul III., ist eben der Vater von Siennas Balthazar.

Ich kann mich noch gut an die Geschichte mit Paul Getty III. erinnern. Es war 1973, wir lebten in Teheran. Ich war noch auf der Grundschule, aber hatte irgendwo einen "Stern" gefunden. Darin berichtete der arme Paul Getty III. detailgenau, wie ihm seine Entführer das Ohr abschnitten und wie er sich, während das Blut spritzte, Sorgen darüber machte, dass er nie wieder eine Sonnenbrille würde tragen können. Und wie dann die Blutkruste an seinem Kopf schmerzte und nicht heilen wollte. Ich werde nie vergessen, wie die Story mich, neunjährig, erst schockierte und dann mit einer ehrfürchtigen Hochachtung erfüllte. Ein amerikanischer Großvater, der reichste Mann der Welt, wegen dem man der Mafia sein Ohr lassen musste. So wollte ich auch sein. Heute weiß man, dass Paul III. nie über das Verbrechen hinweggekommen ist und seine ohnehin schon üble Heroinsucht durch das Trauma noch übler wurde. Seit er 26 ist, sitzt er blind, stumm und gelähmt im Rollstuhl. Was für ein Schicksal, mir läuft es kalt den Rücken hinunter bei der Vorstellung, schwerreich und blind im Rollstuhl zu vegetieren nur wegen etwas Heroin.

Das Überirdischste an der Familie ist aber der Opa von Siennas Opfer der Begierde: Sir Paul Getty II., der Vater vom ohrlosen, blinden Paul III. Er war Ende der 60er-Jahre mit einer damals von mir verehrten Stilikone verheiratet - Talitha Getty, einer holländischen Schauspielerin indonesischer Abstammung. Damals dachte ich, das Größte sei, möglichst jung und gut angezogen an einer Überdosis zu sterben. Heute denke ich: Lass die Finger von Zucker, Kaffee und Alkohol, damit du möglichst lange am Leben bleibst und irgendwann ein smarter Greis bist. So ändern sich die Zeiten.

Jedenfalls war Talitha nicht nur unfassbar hübsch und gut angezogen, sondern natürlich auch heroinsüchtig. Aber sie spritzte es sich im Gegensatz zu ihrem Mann, der es schnupfte. Ich finde, spritzen geht zu weit. Auf den Fotos aus der Zeit trägt sie Haremshosen, enge Lederstiefel und transparente Blusen mit nichts als ihren perfekten Brüsten darunter. Meine Mutter, fünf Jahre jünger als Talitha, hat nie solche Sachen getragen. Noch nicht mal heute läuft jemand mit sichtbaren Brüsten herum! Überhaupt wirken alle Bilder, auf denen Talitha und Paul II. zu sehen sind, als stammten sie aus einer alten Ausgabe der "Vogue", und Yves Saint Laurent hätte persönlich das Styling übernommen. Die beiden lebten in einem Haus in Marrakesch und feierten Partys, auf denen Leute wie Paul McCartney und John Lennon halb bewusstlos herumlagen. Talitha starb mit 31 Jahren an einer Überdosis in Rom, ihr vierjähriger Sohn Tara Gabriel Galaxy Gramophone Getty (was für ein Name!) wurde zu ihren Eltern verfrachtet, und ihr Mann Paul verbarrikadierte sich in seiner Londoner Villa. Außer seinen Dealern hatte lange niemand Kontakt zu ihm.

Ich träumte die ganze letzte Nacht von Talithas Garderobe, Häusern in Marrakesch, Rom und London und Drogenexzessen mit Paul McCartney. Als ich heute morgen aufwachte, konnte ich Sienna plötzlich verstehen. Ich wäre Balthazar auch nachgereist. Auf jeden Fall.

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FTD.de, 27.09.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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