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Dossier Das Leiden der Zulieferer

von Kristina Spiller (Glauchau)

Die Autohersteller sind in der Krise. Was übersehen wird: Dahinter steht ein Heer von Zulieferern, die mitgezogen werden und um ihre Existenz kämpfen müssen. Einer davon ist der Spezialist für Antriebstechnik Weigl - ein Besuch an der Front.

Schweigend starrt Franz Josef Weigl in die riesige Halle. Dicht an dicht stehen die mannshohen Maschinen vor ihm, ein blaugrauer Metallkasten am nächsten. Schmale Neonlampen tauchen die fußballfeldgroße Fläche in fahles Dämmergrau. Bei jedem Besuch seines Werks geht Weigl, Chef des gleichnamigen bayerischen Autozulieferers, hierher. Es ist sein ganzer Stolz. Sein Prunkstück. Startklar, signalisieren kleine blinkende Lämpchen. "Eigentlich könnten wir hier längst loslegen", sagt Weigl.

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Doch die handgroßen Kontrollzylinder an den Kolossen leuchten rot - das Stoppsignal. Glänzende Fräsen warten ungenutzt, den Transportbändern ist Schmieröl fremd, hell glänzt der Boden. "Da ist schon Wehmut", sagt Weigl und presst die Lippen zusammen. Sein breites Kreuz, die glänzenden, zurückgekämmten, halblangen Haare wollen nicht zu dem traurigen Blick passen.

Dröhnen sollen die neuen Metallmonster. Seit April schon. Stabförmige Antriebswellen für Automatikgetriebe von General Motors sollen sie ausspucken. Für Autos in den USA und Mexiko. Drei Millionen Wellen jedes Jahr. 30 Mio. Euro mehr Umsatz, rechnet Weigl vor. Ein Fünftel des Jahreserlöses. Innerhalb von zwei Jahren hat er die Kapazitäten verdoppelt, 20 Mio. Euro für die neue Halle, für neue Maschinen ausgegeben. Alles ist startklar. Nur General Motors nicht.

Franz Josef Weigl: "Eigentlich könnten wir hier längst loslegen"
 Franz Josef Weigl: "Eigentlich könnten wir hier längst loslegen"

General Motors fährt seine Produktion zurück, in den USA bricht der Absatz ein. Längst hat die Krise auch Europa erreicht. Hier wie dort stehen Produktionsbänder still. Keine Autos heißt: keine Antriebswellen. Weigl rechnet nur noch mit dem halben Auftrag. So oder so fehlt der Gewinn: Der schwache Dollar spült weniger Geld in die Kasse, gestiegene Preise verteuern die Produktion, rund 40 Prozent mehr muss Weigl allein für Energie zahlen. "Wir weigern uns strikt, all diese Kosten zu tragen", sagt er. Er kann es nicht. Weigl braucht einen Kostenausgleich von den Amerikanern. Doch die sperren sich.

Das Taumeln der großen Autobauer hat die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Ein Hersteller nach dem anderen korrigiert seine Prognosen. Selbst eine Insolvenz von Riesen wie GM wird nicht mehr ausgeschlossen. Was oft übersehen wird: Dahinter steht ein Heer von Zulieferern, gut 1000 allein in Deutschland, die mit in den Abwärtsstrudel gezogen werden. "Auf den Zulieferern lastet zurzeit ein nie da gewesener Druck", sagt Marcus Berret, Partner des Beratungshauses Roland Berger. "Viele von ihnen werden die aktuelle Krise nicht überleben. Sie blicken in einen Abgrund."

Innerhalb von drei Jahren haben sich die Preise für Stahl, Aluminium und Kupfer verdoppelt, für Magnesium und andere Materialien zum Autobau gar verdreifacht. Hohe Spritpreise und die Konjunkturflaute lassen die Automärkte in den USA und Westeuropa um zweistellige Prozentwerte einbrechen. Hinzu kommt die Politik: Sie will neue Technologien, Hybrid, Elektro, weniger CO2. Herausforderungen, wie sie die Branche seit Jahrzehnten nicht erlebt hat. Zu allem Übel drückt die Finanzkrise den Fahrzeugabsatz noch tiefer - und erschwert den Firmen den teuren Sprung in neue Geschäftsfelder.

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Aus der FTD vom 15.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD/Uwe Meinhold

 

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