Die Beziehungen zwischen Libyen und Italien sind seit den Mussolini-Jahren alles andere als einfach. Doch irgendwie haben sich die beiden Völker doch gern: Regierungschef Gaddafi hat eine Schwäche für Fiat, sein Sohn schwärmt für den Catenaccio. Jetzt stützt der Wüstenstaat die Großbank Unicredit.
Italien und Libyen, das ist seit Jahrzehnten eine Hassliebe. Der libysche Revolutionsführer Muamar al-Gaddafi lässt eigentlich keine Gelegenheit aus, ständig an die Tragödie der italienischen Besatzung Libyens unter dem Mussolini-Faschismus zu erinnern. Dann droht er, Italiens Töchterfirmen in dem Wüstenland zu enteignen - wenn sich Rom nicht endlich für den "Völkermord" entschuldige.
Doch tief im Innern muss Gaddafi dann doch eine heimliche Begeisterung für den italienischen Stiefel hegen. 1976 beispielsweise investierte er in den Turiner Autobauer Fiat, zehn Jahre später zahlte ihn der Agnelli-Patriarch Gianni dann wieder aus. Gaddafis Sohn Al-Saadi ist regelrecht vernarrt in Italien und den italienischen Fußball: Seit Jahren tingelt er von einem Fußballverein zum nächsten - AC Perugia, Udinese, Sampdoria Genua - und macht dabei Geschäfte. So prangte der libysche Ölkonzern Tamoil kurze Zeit auf der Brust der Juventus-Turin-Mannschaft. Außerdem ist der libysche Staatsfonds der zweitgrößte Anteilseigner der Alten Dame.
Jetzt flammt die Italien-Libyen-Liason wieder auf. Ein libysches Konsortium steigt bei der italienischen Großbank Unicredit ein. Die aus der libyschen Zentralbank, der Investmentbehörde des Landes und der Libyschen Auslandsbank bestehende Gruppe erwerbe einen 4,23-prozentigen Anteil an Unicredit, teilte die Zentralbank in Tripolis am Donnerstag mit.
Der Wert der Beteiligung liegt bei 1,1 Mrd. Euro. Die Bank zeige ein langfristiges Potenzial und solide industrielle Möglichkeiten. Nach Angaben von Unicredit-Vorstandschef Alessandro Profumo habe das Konsortium wohl auch Anrecht auf einen Sitz im Verwaltungsrat. "Darüber wird das Kontrollgremium und die Aktionäre zu befinden haben", sagte Profumo.
Anleger reagierten euphorisch. Die Unicredit-Aktie schnellte am Freitag um mehr als elf Prozent nach oben und lag damit an der Spitze des europäischen Stoxx 50. Sie wurde am Morgen kurzzeitig vom Handel ausgesetzt. Am Vormittag wurden in Mailand mit 60 Millionen Stück deutlich mehr Aktien umgesetzt als an normal verlaufenden Handelstagen.
Der Einstieg folgt auf dramatische Tage. Unicredit steht unter genauer Beobachtung der Marktteilnehmer. Seit Jahresbeginn verlor die Aktie knapp 57 Prozent ihres Werts. Am Donnerstag stürzte das Papier auf 2,16 Euro - der tiefste Stand seit elf Jahren. Damit schneidet Profumos Unternehmen schlechter ab als der Branchendurchschnitt: Der DJ-Eurostoxx-Banks verlor über den gleichen Zeitraum 51 Prozent.
Am Mittwoch äußerte sich Ministerpräsident Silvio Berlusconi besorgt über den Kursverfall bei italienischen Banken. Das mache sie verwundbar für feindliche Übernahmen, warnte er. Um sich gegen den Abwärtstrend zu stemmen, kündigte Profumo an, 6,6 Mrd. Euro an frischem Kapital aufzunehmen.
Von den italienischen Banken ist Unicredit bislang am stärksten von der Kreditkrise betroffen, weil das Institut mehr als die Hälfte seiner Einnahmen außerhalb des heimischen Marktes erzielt. Ende September hatte das Management seine Jahresziele angesichts der derzeitigen Turbulenzen auf den Finanzmärkten nicht mehr bestätigen wollen. Die Bank hatte vor zwei Jahren die HypoVereinsbank übernommen. Teile des Immobiliengeschäfts der Hypovereinsbank waren 2003 in der angeschlagenen Hypo Real Estate aufgegangen.
FTD.de, 12:01 Uhr
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AFP
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