Dem amerikanischen Pharmakonzern Merck & Co. droht eine umfassende Produkthaftungsklage in Deutschland. Vier Landesverbände der AOK sind entschlossen, Schadensersatzleistungen wegen des umstrittenen Schmerzmittels Vioxx geltend zu machen.
Noch bemühen sich die Krankenkassen um einen Vergleich mit dem Arzneimittelkonzern. Das geht aus einem Schreiben der AOK-Verbände an Merck hervor, das der FTD vorliegt. Die Kassen haben eine Verhandlungsbasis von 40 Mio. Euro für die bis zu 3300 Versicherten angeboten, die nach AOK-Angaben durch das Medikament geschädigt worden sein könnten. Merck & Co. hatte Vioxx im September 2004 wegen eines erhöhten Schlaganfall- und Herzinfarktrisikos weltweit vom Markt genommen. Sollte der amerikanische Konzern die Forderung ablehnen, bliebe den Krankenkassen als letztes Mittel noch die Klage.
Während das Unternehmen in den USA rund 50.000 Kläger aus einem 4,85 Mrd. $ schweren Fonds entschädigt, gibt es in Europa aufgrund der unterschiedlichen Rechtslage bisher keinen Cent. Zudem komme eine Vereinbarung zur Beilegung der Streitfälle außerhalb der Vereinigten Staaten für Merck nicht in Betracht, antwortete der Konzern auf Anfrage. "Wir werden bei jedem Versicherten individuell prüfen", heißt es. Diese Einzelfallprüfung hat Merck bislang vor Niederlagen in Gerichtsprozessen bewahrt. Die einzelnen Kläger sind vor Gericht mit der Aufgabe überfordert, zu beweisen, dass Vioxx ihren Herzinfarkt oder Schlaganfall ausgelöst hat.
Die vier AOK-Verbände sind bereits 2007 an Merck herangetreten, um Schadensersatzansprüche außergerichtlich geltend zu machen. Dabei wollen sie Entschädigungen für die von ihnen aufgewendeten Behandlungsleistungen. Merck hat daraufhin Patientenunterlagen angefordert und mit der Einzelfallprüfung begonnen. Bislang ohne Ergebnis, wie die AOK-Verbände bestätigen.
Wenn es zu ihrer Klage kommen sollte, könnte das zu einer Belastungsprobe für das deutsche Arzneimittelrecht werden. Dieses wurde 2002 reformiert, um Patienten mehr Rechte einzuräumen. Doch sind seine Regeln so kompliziert, dass es noch keinem Vioxx-Geschädigten gelungen ist, einen Sieg gegen Merck davonzutragen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte vor einigen Wochen die Geschehnisse bei deutschen Vioxx-Prozessen gerügt. An die Beweislast der Patienten dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. urteilten die Karlsruher Richter. Für Experten wie den renommierten Rechtswissenschaftler Erwin Deutsch ist die aktuelle Lage ein Skandal: "So können Sie niemals gegen eine Pharmafirma einen Prozess gewinnen", sagte er der FTD. "Da können Sie gleich ins Gesetz schreiben: Das Pharmaunternehmen muss keinen Schadensersatz zahlen." Noch spielt der US-Pharmakonzern auf Zeit. Für die AOK-Verbände allerdings wird es allmählich brenzlig, denn am 31. Dezember endet eine Verjährungsfrist.
Verschiedene AOK-Verbände prüfen laut FTD-Informationen auch Schritte gegen Bayer. Der Chemie- und Pharmakonzern hatte das Herzmittel Trasylol wegen schwerer Nebenwirkungen Ende 2007 vom Markt genommen.
Kursinformationen
Name | Aktuell | % | abs. | ||
---|---|---|---|---|---|
MERCK & CO. INC. REG.. | 26,23 USD | 0,08 % | 0,02 | ||
BAYER AG INHABER-AKT.. | 41,79 EUR | 1,43 % | 0,59 |
FTD.de, 10.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP
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