Keine Staatsgarantien, kein Vertrauen: Da die Hilfspakete der europäischen Regierungen noch nicht beschlossen sind, misstrauen sich die Banken nach wie vor untereinander. Die Zentralbanken springen mit 250 Mrd. $ ein. Dennoch bleiben die Interbankensätze auf Krisenniveau.
Die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank of England (BoE) und die Schweizer Notenbank (SNB) pumpten mit ihren erstmals durchgeführten unbegrenzten Dollar-Auktionen für sieben Tage insgesamt mehr als 250 Mrd. $ in die jeweiligen Bankensysteme.
Alle drei Notenbanken verlangten erstmals einen Festzins, den sie durchweg auf, 2,277 Prozent festlegten. Die EZB stellte dem Euro-Geldmarkt rund 171 Mrd. $ zur Verfügung. Die Nachfrage aller 86 bietenden Banken wurde befriedigt. Hinzu kamen noch einmal 100 Mrd. $ für einen Tag, weil das Geld aus dem Sieben-Tages-Tender erst am Donnerstag gut geschrieben wird. Die BoE vergab 76,3 Mrd. $ und die SNB teilte 7,1 Mrd. $ für sieben Tage zu.
Die Bank von Japan kündigte an, ebenfalls unlimitierte Dollar-Beträge in ihren Geldmarkt zu schleusen. Allerdings stellte sie erstmals seit 20 Tagen keine Sonderliquidität für einen Tag bereit. Sie zog sogar umgerechnet 27,6 Mrd. $ an Yen-Liquidität aus dem Markt ab.
Die massiven Geldspritzen zeigen langsam, aber sicher Wirkung: Die Zinsen für unbesicherte Übernachtkredite (Tagesgeld) sanken in der Eurozone weiter. Mit Sätzen von 3,25 bis 3,75 Prozent lagen sie erstmals seit langem wieder unter dem Leitzins von 3,75 Prozent. Auch Dollar-Tagesgeld verbilligte sich weiter und wurde in London in einer Spanne von 1,0 bis 2,5 Prozent genannt nach 1,5 bis 3 Prozent am Vortag.
Dennoch bleibt die Zurückhaltung der Banken, sich gegenseitig Geld zu leihen, trotz der Rettungspakete der Regierungen weiterhin sehr groß. Sie parken deshalb weiterhin Rekordsummen lieber über Nacht bei der Notenbank, um sicher zu gehen. Von Dienstag auf Mittwoch war es die Rekordsumme von 196,1 Mrd. Euro. "Liquidität ist mehr als reichlich vorhanden, aber die Umverteilung funktiert weiter nicht", sagten Geldhändler. Grund sei unter anderem, dass es weiter an Details über die Hilfsmaßnahmen und Garantien fehle. "Es gibt keine schnellen Lösungen, das Vertrauen ist weg, und es wird einige Zeit dauern, bis es zurückkehrt", sagte auch Thorsten Polleit, Volkswirt bei Barclays Capital.
Die Zinsen für etwas längerfristige Dollar-Ausleihungen am Interbankenmarkt in London und Euro-Ausleihungen in Frankfurt sinken zwar weiter, sie liegen aber klar über den Leitzinsen von 1,5 und 3,75 Prozent. Auch wird zu diesen Sätzen kaum Geschäft getätigt. Der Drei-Monats-Euribor fiel gestern am vierten Tag in Folge auf 5,168 Prozent von 5,235 Prozent am Vortag. Einwochengeld kostete 4,10 nach 4,20 Prozent. Der Zins für dreimonatige Dollar-Kredite unter Banken sank auf 4,550 von 4,635 Prozent.
FTD.de, 15.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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