Leitartikel

Als nächstes Olympia

Der Verzicht von ARD und ZDF auf Liveübertragungen von der Tour de France ist spät, aber richtig. Wollen die öffentlich-rechtlichen Sender glaubwürdig sein, darf sich ihr Boykott aber nicht allein gegen den Radsport richten. Auch andere Sportarten sind hoffnungslos dopingverseucht.

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Es hat lange gedauert, bis es die öffentlich-rechtlichen Sender eingesehen haben: Ihre Dauerdrohung, die Tour de France nicht mehr zu übertragen, reicht nicht aus, um den dopingverseuchten Radsport von Grund auf zu reinigen. Für diese Erkenntnis hätte es zwar der jüngsten Dopingfälle nicht bedurft. Wichtiger als die Frage, ob ARD und ZDF mit ihrem Ausstieg aus der Tour-Liveberichterstattung nicht ein Jahr zu spät dran sind, ist jedoch, wie sie bei ähnlichen Fällen in anderen Sportarten vorgehen werden.

Machen wir uns nichts vor: Der Radsport mag eine Ausdauersportart sein, in der Doping besonders weitverbreitet ist. Doch es wäre naiv anzunehmen, dass in anderen Disziplinen nicht betrogen wird. Niemand kann glauben, dass ein Sprinter aus Jamaika bei Olympia nur deshalb mit halber Kraft zum Fabelweltrekord joggt, weil ihn die heimischen Speisekartoffeln schneller machen.

Gleiches gilt für Biathleten, Skilangläufer, Gewichtheber und Hammerwerfer. In der Affäre um den spanischen Dopingdoktor Eufemiano Fuentes gab es zudem belastbare Hinweise, dass Tennis- und auch Fußballspieler gute Kunden der chemischen Industrie sind.

Wollen die öffentlich-rechtlichen Sender glaubwürdig sein, darf sich ihr TV-Boykott nicht allein gegen den Radsport richten. In den kommenden Wochen werden Tausende Dopingproben von den Olympischen Spielen in Peking neu untersucht, da die Wissenschaft ein wirksames Testverfahren gegen neuartige Dopingmittel entwickelt hat. Sollten dabei Betrüger auffliegen - wovon man ausgehen kann -, müssen ARD und ZDF auch ihre Olympia-Übertragung beenden. Auch wenn sie der Verzicht auf diesen Quotenbringer viel mehr schmerzt als der auf die Tour de France, die wegen des Betrugs mit Ansage ohnehin nur noch wenige sehen wollen.

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Aus der FTD vom 17.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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