Zukunft der Energie

Biogas statt Gazprom

von Klaus Sieg

Seit Gas aus dem Fermenter veredelt und in das Erdgasnetz eingespeist wird, freut sich die Branche über neue Absatzchancen. Aber die Ressourcen für Gas aus der organischen Vergärung sind begrenzt.

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Die Nutzung von Biogas war bislang auf den Ort seiner Herstellung beschränkt. Seit Neustem aber können selbst Haushalte Biogas zum Kochen und Heizen nutzen. Möglich ist das durch die Einspeisung von Biogas in das Netz. Die funktioniert wie beim Ökostrom virtuell. Beim Verbraucher kommt nicht unbedingt Biogas aus der Leitung. Sein Versorger ist aber verpflichtet, die verkaufte Menge Biogas in das Netz einzuspeisen.

Dafür muss Biogas auf Erdgasqualität aufbereitet werden. Das geschieht im Wesentlichen durch Entschwefelung und die Abtrennung von Kohlendioxid. Zusätzlich ist eine Druckanpassung nötig.

Einer der Vorreiter bei der Versorgung von Privatkunden mit Biogas ist der Hamburger Ökostromanbieter Lichtblick, der seit Oktober 2007 ein Gemisch aus aufbereitetem Biogas und Erdgas anbietet. Allerdings beträgt der Biogasanteil gerade einmal fünf Prozent. Für einen höheren Anteil ist Biogas nach Auffassung von Firmensprecher Gero Lücking zu teuer. "Eine hohe Beimischquote nützt nichts, wenn sich kaum einer das Produkt leisten kann", sagt er.

Großes Potenzial

Neuerdings bieten Versorger aber auch Produkte für Privatkunden mit höheren Beimischquoten. Das Unternehmen EnBW Energie Baden-Württemberg etwa bietet einen Anteil von zwanzig Prozent. Wie viele Kunden das Angebot wirklich nutzen werden, steht noch in den Sternen.

Das Potenzial ist groß. Die Hälfte aller vorhandenen Gebäude wird nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) über Erdgas mit Wärme versorgt. Beim Neubau von Wohnungen setzen zwei Drittel der Bauherren auf eine Gasheizung.

Erdgas ist unter den fossilen Energieträgern der klima- und umweltfreundlichste. Doch verursacht auch eine Erdgas-Brennwerttherme noch über 250 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde (kWh) Wärme.

Eine Branche vor dem Boom?

Laut einer Studie des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt, Energie reduziert Biogas in einer Brennwerttherme den Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber fossilem Erdgas um fast die Hälfte.

"Mit aufbereitetem Biogas können die Kunden auf einfache Art und Weise den Anteil erneuerbarer Energien an ihrer Wärmeversorgung erhöhen", sagt Jan Ulland vom BDEW. Branchenziel ist deshalb ab 2030 die Einspeisung von hundert Milliarden kWh pro Jahr. Das entspräche dann zehn Prozent des insgesamt in Deutschland verbrauchten Erdgases.

Steht der Biogasbranche also ein gewaltiger Boom bevor? Zumindest kündigen viele Unternehmen die Inbetriebnahme oder den Bau von Aufbereitungsanlagen an. Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein ließ es sich nicht nehmen, im bayrischen Schwandorf einen Fermenter mit Aufbereitungsanlage einzuweihen, den die Schmack Biogas gemeinsam mit Eon gebaut hat.

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FTD.de, 18.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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