Er ist einer der mächtigsten Aufsichtsräte in Deutschland: Kurt Viermetz leitet die Kontrollgremien bei Hypo Real Estate und der Deutschen Börse. Doch nach dem Debakel um den Münchner Immobilienfinanzierer wackeln seine zwei Stühle.
Im September 2007 war für Kurt Viermetz die Welt noch in Ordnung. Beruflich zumindest. Zusammen mit Christopher Hohn, dem umtriebigen Chef des britischen Hedge-Fonds The Children's Investment Fund (TCI), zeigte sich der Aufsichtsratschef der Deutschen Börse seinerzeit einer kleinen, feinen Öffentlichkeit in den Räumen der Deutschlandzentrale von Credit Suisse auf einer Podiumsveranstaltung. Thema: "Der Auftrag - was großartige Unternehmen antreibt".
Viermetz, Deutsche-Börse-Großaktionär Hohn und weitere Teilnehmer versicherten sich gegenseitig, wie fantastisch sie als Manager seien und selbstredend auch als Menschen. Sogar von Vaterlandsliebe war die Rede auf der Veranstaltung. Viermetz, dessen Vorgänger im Börsen-Aufsichtsrat, Rolf Breuer, mit Hohn aus dem Amt gejagt wurde, versehe seinen Job mit einem moralischen Auftrag, befand Hohn - "weil er seinem Land dienen" wolle. Gerührt und etwas verlegen blickte Viermetz zu Boden.
Viele Lobhudeleien dieser Art werden sich nicht mehr über Viermetz ergießen. Der bald 70-Jährige muss sich vielmehr für einen Sturm der Kritik rüsten, der ihm den Lebensabend vermiesen könnte: Nicht nur, dass ihn Hohn jetzt, ziemlich genau ein Jahr nach seinen Schmeicheleien, auf einer außerordentlichen Hauptversammlung als Aufsichtsratchef der Börse absetzen will. Auch als oberster Aufseher des Skandalkonzerns Hypo Real Estate ist Viermetz derzeit gefordert - und wohl überfordert.
Denn er erweckt den Anschein, der Lage nicht mehr gewachsen zu sein. Wie anders kann es interpretiert werden, wenn Viermetz und der Aufsichtsrat des Immobilienfinanzierers dem amtierenden Vorstand um Georg Funke weiterhin das Vertrauen aussprechen? Wo doch Funke die Dreistigkeit besessen hat, den Konzern erst in die Existenzkrise zu lotsen und dann die milliardenschwere Notfallhilfe des Bundes als "innovativen Finanzierungsansatz" zu bezeichnen? Schon dringt das Bundesfinanzministerium auf Funkes Absetzung. Das Aufräumen im Topmanagement dürfte auch vor dem Aufsichtsratschef nicht halt machen. Am Montag kursierten schon die ersten Agenturberichte über bevorstehende Rücktritte Funkes und Viermetz'.
Ob Viermetz dann noch in gleicher Funktion bei der Deutschen Börse zu halten sein wird? Schwer vorstellbar. TCI-Chef Hohn will Viermetz lieber heute als morgen loswerden, denn der verhindert seiner Ansicht nach schließlich den Verkauf von Konzerntöchtern. Eine derartige Zerschlagung aber soll den Aktionären - und damit vor allem klammen Hedge-Fonds wie TCI und auch Atticus - rasch einige Milliarden in die Kassen spülen. Viermetz dagegen geht mit der Rückendeckung des Börse-Vorstandes auf die Suche nach neuen, stabilen Investoren, Staatsfonds aus Fernost vielleicht, um den Einfluss der Fonds im Aktionärskreis der Börse zu verringern.
FTD.de, 06.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa
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