Seit einem Vierteljahr steht Conti-Chef Karl-Thomas Neumann an der Spitze des Autozulieferers, um nach dem Einstieg der Schaefflers für Frieden zu sorgen. Jetzt geht er selbst auf Konfrontationkurs zum Großaktionär.
Eigentlich ist Karl-Thomas Neumann die Freundlichkeit in Person. "Man trifft ihn oft lächelnd an", sagen Kollegen. Doch Neumann kann auch anders: Einen Brief des mit rund 20 Prozent an Continental beteiligten Großaktionärs Schaeffler an mehrere Banken kritisierte er am Freitag scharf und in aller Öffentlichkeit als Machtanmaßung. Die Schaeffler Gruppe versuche, mehr Einfluss auf die Finanzierung von Conti zu nehmen, als ihr zustehe: "Dieser Schritt ist ein massiver Eingriff in die souveräne und unabhängige Geschäftsführung der Continental", polterte er.
Dazu gehört Mut. Denn schon in wenigen Wochen könnten dem 47-jährigen Conti-Chef die Konzernmatriarchin Maria-Elisabeth Schaeffler, deren Sohn und zwei weitere Verbündete als Kontrolleure gegenübersitzen. Schaeffler werde vier Sitze im Aufsichtsrat beanspruchen, sobald die EU die geplante Aufstockung des Conti-Anteils auf 49,99 Prozent gebilligt habe, ließ Schaeffler-Chef Jürgen Geissinger am Wochenende wissen. Und man beabsichtigte nicht, damit bis zur Hauptversammlung im April zu warten.
Neumann, Sternzeichen Widder, hatte den Machtkampf geahnt. "Löwe und Widder, beide wollen dominieren", scherzte er unlängst auf einem Branchentreffen mit Anspielung auf Geißinger - seines Zeichens Löwe. Damals schob der Conti-Chef noch Versöhnliches nach: "Aber wenn sich beide Partner akzeptieren, steht einer aufregenden Beziehung nichts im Wege." Und im Übrigen, so der nüchterne Technikfachmann, habe man ja noch die Investorenvereinbarung. Nach diesem Abkommen darf Schaeffler bei Conti vorerst nicht die Kapitalmehrheit übernehmen.
Die Zeit für Scherze ist vorbei. Schaefflers Ankündigungen zeigen, wie groß der Wille zu sofortiger Einflussnahme ist. Neumann steckt damit in einer komplexen Situation: Conti selbst hat den VDO-Kauf nicht komplett verarbeitet, muss die eigenen Schulden drücken und sich auf einen Verkauf von Firmenteilen vorbereiten. Großaktionär Schaeffler wiederum steht ebenfalls mit zweistelligen Milliardenbeträgen durch den Conti-Kauf in der Kreide und testet Neumanns Kraft. Das alles unter den Bedingungen von Auto- und Finanzkrise.
Da passt es gut, dass Neumann mit Komplexität umgehen kann. Seine Doktorarbeit schrieb der Niedersachse über die Computerarchitektur in Microcontroller-Chips. Sie bereitete ihn auf seinen ersten Job beim amerikanischen Elektronikkonzern Motorola vor, den er 1993 antrat. Von dessen Autosparte wechselte er 1999 zu VW und fünf Jahre später nach Hannover als Conti-Vorstandsmitglied.
Leichtes Spiel werden die Großaktionäre mit Neumann wohl ebenso wenig haben wie mit seinem Vorgänger Manfred Wennemer. Denn er gilt, nicht zuletzt aus seiner VW-Zeit, als sehr gut verdrahtet in der Branche. Und auch den sicher notwendigen langen Atem bringt der drahtige Niedersachse mit: Sein Hobby ist Langlauf - bis zu Marathondistanzen.
Kursinformationen
Name | Aktuell | % | abs. | ||
---|---|---|---|---|---|
CONTINENTAL AG INHAB.. | 35,10 EUR | 1,01 % | 0,35 |
Aus der FTD vom 15.12.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: reuters
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