Geschäfte mit der Deutschen Bank

Österreichs Bahn verzockt 400 Mio. Euro

von Christian Höller (Wien)

In der Alpenrepublik haben sich nicht nur die Banken verspekuliert - sondern auch zahlreiche normale Unternehmen. Betroffen sind auffallend viele Staatsbetriebe. Jüngstes Beispiel: die Österreichischen Bundesbahnen, die unter Geschäften mit der Deutschen Bank leiden.

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Die Österreichischen Bundesbahnen kündigten am Wochenende an, in der Bilanz für 2008 wegen riskanter Spekulationsgeschäfte voraussichtlich eine Rückstellung in der Höhe von 438 Mio. Euro zu bilden. Laut Finanzvorstand Josef Halbmayr erwirtschaftet das Unternehmen operativ einen Gewinn. Wegen der Finanzgeschäfte sei man jedoch gezwungen, einen Verlust auszuweisen.

Riskante Kreditgeschäfte

Weitere Details müssten erst mit dem Wirtschaftsprüfer besprochen werden. Die Bahn ist mit über 40.000 Mitarbeitern und Erlösen von über 6 Mrd. Euro einer der führenden Konzerne Österreichs. Sie befindet sich vollständig in Staatsbesitz.

In den vergangenen Monaten war durchgesickert, dass die ÖBB im Jahr 2005 mit der Deutschen Bank sogenannte Credit Default Swaps abgeschlossen hatten. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um ein Absicherungsgeschäft für hochriskante, teils ausfallgefährdete Kredite an 205 internationalen Firmen und Finanzinstitute, die von der Deutschen Bank begeben wurden. Die ÖBB übernehmen für die Kredite die Haftung und bekommen dafür von der Bank eine Prämie von insgesamt 30 Mio. Euro.

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Die Kredite laufen bis 2013 beziehungsweise 2015. Da schon einige Kreditnehmer - dabei handelt es sich um die isländischen Banken Kaupthing, Landsbanki und Glitnir - ausgefallen sind, hat sich der Bahnvorstand nun entschlossen, den Wert des gesamten Betrags zu berichtigen.

"Wir sind gut beraten, einen neuen Realismus einkehren zu lassen", sagte der Finanzvorstand. "Eine gänzliche Vorsorge würde die Planbarkeit für die folgenden Jahre entscheidend erhöhen", so Halbmayr. Die Wiener Regierung begrüßte den Entschluss der Bahn, reinen Tisch zu machen. Dies sei eine wichtige Voraussetzung, um das Unternehmen für die Privatisierung vorzubereiten, hieß es in Regierungskreisen.

Jahrelanger Rechtsstreit erwartet

In der österreichischen Öffentlichkeit wird derzeit intensiv die Frage diskutiert, wie die ÖBB überhaupt ein solches Finanzgeschäft abschließen konnten. "Das Ganze ist ein Skandal. Für die Verluste muss der Steuerzahler aufkommen", kritisierte Gabriele Moser, Verkehrssprecherin der Grünen. Die ÖBB versuchen, mit einer Klage gegen die Deutsche Bank eine Rückabwicklung des Geschäfts zu erreichen. Der Wiener Konzern behauptet, nicht über die Risiken aufgeklärt worden zu sein.

Eine Sprecherin der Deutschen Bank weist dies zurück: "Das Geschäft mit der österreichischen Bahn ist rechtmäßig zustandegekommen." Der Rechtsstreit dürfte Jahre dauern. Laut einem vom Bahnaufsichtsrat in Auftrag gegebenen Gutachten ist das finanzielle Debakel auf die "persönliche Inkompetenz und Überschätzung eines ÖBB-Mitarbeiters" sowie "irreführende und unvollständige Informationen durch die Deutsche Bank" zurückzuführen.

Auch andere österreichische Betriebe kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten. So teilte die Fluggesellschaft Austrian Airlines, die von Lufthansa übernommen werden soll, Anfang Dezember mit, 2008 wegen Finanztransaktionen 60 Mio. Euro abzuschreiben. Ebenfalls unter Druck ist der öffentlich-rechtliche TV-Sender ORF. Das Unternehmen kompensierte über Jahre operative Verluste durch Investments an der Börse. In diesem Jahr gelang dies nicht. Der ORF kündigte für 2008 ein Minus von 100 Mio. Euro an.

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Aus der FTD vom 15.12.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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