Eigenkapitalregeln

Im Würgegriff von Basel II

von Ulrike Heike Müller (Berlin)

Ökonomen warnen vor einer höheren Krisenanfälligkeit der Wirtschaft durch das Basel-II-Abkommen. Weil Geldinstitute sensibler gegenüber Kreditrisiken geworden sind, kann das zu stärkeren Schwankungen ihres Eigenkapitals führen, das Finanzsystem und in der Folge die Wirtschaft destabilisieren.

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Das betonte der Sachverständigenrat (SVR) in seinem aktuellen Gutachten. Prominente Ökonomen wie der Finanzspezialist Charles Goodhart plädieren deshalb für Änderungen.

Seit der Einführung neuer Eigenkapitalregeln für Banken - bekannt unter dem Kürzel Basel II - müssen Geldinstitute für Kredite an ihre Kunden Eigenmittel entsprechend dem jeweiligen Risiko halten. Je höher dieses ist, desto mehr Eigenkapital halten sie also vor. Diese Regel ersetzte das alte System von Basel I. Zur Bewertung des Risikos können Banken Kreditratingagenturen beauftragen oder ihre internen Modelle nutzen.

Das Problem: In wirtschaftlichen Schwächephasen werden Ratings häufig herabgesetzt, in Boomphasen steigen sie. "Der prozyklische Effekt einer Regulierung, die sich auf schwankende Risikomaße stützt, ist damit im System von Basel II angelegt", heißt es im SVR-Gutachten.

Die Abrechnung einer Kreditkarte
 Die Abrechnung einer Kreditkarte

Das heißt: In Krisenzeiten vergeben Banken weniger Kredite allein aufgrund dieser bankenrechtlichen Regelungen und können so den Abschwung verschärfen. Im Extremfall kann dies gar das Hineinlaufen in eine regelrechte Kreditklemme beschleunigen.

Um das zu verhindern, liegen Lösungsvorschläge auf dem Tisch. Ein Ansatz ist, die Unterlegung von Krediten mit Eigenkapital im Auf- und Abschwung schwanken zu lassen; in Wachstumsphasen also mit mehr, bei schrumpfender Wirtschaftsleistung mit weniger. "Das ist ein interessantes Konstrukt.

Aber in der Praxis wären die Umsetzungsprobleme so groß, dass der Vorschlag kaum realisierbar ist", sagte Frank Reize, Volkswirt der KfW-Bankengruppe. Wer zum Beispiel soll festlegen, in welcher konjunkturellen Phase sich die Wirtschaft gerade befindet?

Hingegen plädiert Goodhart in einer aktuellen Studie dafür, die Eigenkapitalregulierung an das Bilanzwachstum zu knüpfen: Werden die Bilanzen der Banken durch Kreditvergabe aufgebläht, müssten sie mehr Eigenmittel vorhalten. Das würde die Wirtschaft stabilisieren.

Eine andere Methode wird in Spanien bereits seit dem Jahr 2000 praktiziert. Die dortige Aufsicht verlangt, dass Banken ihre Rückstellungen anhand der durchschnittlichen Kreditausfälle über den Konjunkturzyklus hinweg automatisch berechnen. Kritiker monieren, dies wirke sich auf die Steuerzahlungen der Banken aus. Sie sehen darin ein verstecktes Steuersparmodell.

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Aus der FTD vom 17.12.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

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