Kreditklemme

EZB hat Verständnis für knauserige Banken

von Mark Schrörs (Frankfurt)

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat die Banken erneut eindringlich aufgefordert, die Leitzinssenkungen im Euro-Raum an Firmen und Verbraucher weiterzugeben - zugleich aber Verständnis gezeigt, dass sie bei der Kreditvergabe restriktiver werden.

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"Wir sollten Banken ermutigen, ihren Auftrag zu erfüllen, aber wir müssen akzeptieren, dass sie gute von schlechten Risiken unterscheiden", sagte er am späten Montagabend in Frankfurt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins seit Anfang Oktober so aggressiv wie nie um 175 Basispunkte auf aktuell 2,5 Prozent gesenkt, um die Wirtschaft zu stützen. Das kommt aber kaum bei Firmen oder Verbrauchern an, weil die angeschlagenen Geschäftsbanken erst mal ihre Bilanz aufbessern.

Der jüngsten Zinsstatistik zufolge für den Euro-Raum stiegen etwa im Oktober die Überziehungszinsen für private Haushalte von 10,80 auf 10,83 Prozent - trotz der EZB-Zinssenkung Anfang Oktober von 4,25 auf 3,75 Prozent . Die Zinsen für den Hauserwerb (zehn Jahre Laufzeit, anfängliche Zinsfixierung) lagen unverändert auf 5,28 Prozent. Die Darlehenskosten für Firmen in Höhe von mehr als 1 Mio. Euro bei variabel verzinsten Krediten fielen leicht von 5,62 auf 5,59 Prozent.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet
 EZB-Präsident Jean-Claude Trichet

"Jetzt müssen wir das in der Realwirtschaft umsetzen", sagte Trichet mit Blick auf die EZB-Schritte. Sein Verweis auf unterschiedliche Kreditrisiken zeigt aber, dass die EZB bei dem Drängen der Banken, Kredite auszugeben, Grenzen sieht. In der Tat gehört es im Abschwung dazu, dass Banken bei Krediten vorsichtiger und diese teurer werden.

Um den Kredithandel unter Banken in Gang zu bringen und so die Geldmarktsätze zu senken, erwägt die EZB, den Einlagenzins, der bei 2,0 Prozent liegt, zu senken. "Das ist eine Idee, die geprüft wird", so Trichet. Damit würde es für Banken unattraktiver, Überschussliquidität über Nacht bei der EZB zu parken, statt sie zu verleihen. In der Nacht zu Dienstag waren es 178 Mrd. Euro.

Die Spreads zwischen Geldmarktsätzen am Interbankenmarkt und Leitzins haben sich zugleich leicht eingeengt. Sie liegen aber noch deutlich über den Niveaus wie vor der Krise. Das macht es Banken teurer, sich zu refinanzieren.

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Aus der FTD vom 17.12.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: ddp

 

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