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Ein warmes Essen mehr

Turbine Potsdam erreicht das DFB-Pokalfinale der Frauen

Michael Kölmel

POTSDAM. Nach einem Freudentanz war Ariane Hingst nicht zu Mute, obwohl sie gerade mit Turbine Potsdam ins Pokalfinale eingezogen war. Doch der Erfolg alleine zählte für die Fußball-Weltmeisterin noch nie - dafür hat sie zu hohe Ansprüche. Und so musste sie am Sonntagnachmittag ihrem Ärger über die lange Zeit dürftige Darbietung beim 3:1-Halbfinalsieg gegen den FC Bayern erst einmal Luft machen. "Was wir in der ersten Halbzeit gezeigt haben, das war richtig grotte", schimpfte Hingst. "Wir waren zu lasch und viel zu schlecht."

Tatsächlich konnte man den Eindruck bekommen, die Teams hätten vor dem Spiel die Trikots getauscht. Nicht der Pokal- und Uefa-Cup-Sieger in seinen blauen Jerseys dominierte im heimischen Stadion, sondern der rot gekleidete Bundesliga-Achte aus München. Variabler, laufstärker und bissiger agierten die Bayern. Gleich mehrmals übertölpelten sie Potsdams Abseitsfalle, und Turbine hatte mehrfach enormes Glück. Zunächst schoss Julia Simic aus elf Metern übers leere Tor (17.), dann blieb ein strafstoßwürdiger Rempler ungeahndet, und das 0:1 durch Bianca Eder (40.) spiegelte das Spielgeschehen harmlos wider.

Doch der Münchner Jubel wandelte sich schnell in Entsetzen, als Potsdams erste gelungene Szene direkt zum 1:1 führte: Bereit zum Einschuss wurde Conny Pohlers von Münchens Torhüterin gefällt, und Petra Wimbersky verwandelte den Strafstoß (45.). Immerhin danach verdienten sich die Turbinen den Erfolg. Wacher und konzentrierter, flinker und ideenreicher drehten sie die Vorzeichen. Im Minutentakt hatte Bernd Schröders Team nun Chancen, allein Pohlers vergab vier hochkarätige, ehe Anja Mittag den Sturmlauf mit einem Heber zum 2:1 (68.) belohnte - aus abseitsverdächtiger Position. Den Endstand besorgte dann Pohlers in der Schlussminute.

"Auf Grund der Leistungssteigerung geht der Sieg in Ordnung", sagte Schröder. "Zum dritten Mal im Finale, das kann man nicht hoch genug würdigen. Und finanziell ist das auch enorm wichtig. Jetzt können wir uns ein warmes Essen mehr leisten." Oder auch ein bisschen mehr. Knapp 100 000 Euro, rund 20 Prozent des Jahresetats, ist der Finaleinzug wert. Dort gibt es eine Neuauflage von 2004 und 2005 gegen den 1. FFC Frankfurt. Die Hessen gewannen in Duisburg 2:1. Allerdings sah Birgit Prinz kurz vor Spielende Rot und ist möglicherweise fürs Finale gesperrt. Es gab am Sonntag unterschiedliche Auffassungen, ob der Platzverweis sich nun auf den Pokal auswirkt - oder ob die Torjägerin ihre Strafe in der Liga absitzen darf.