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Tschetschenen-Mord: Liste nur Propaganda?

Tschetschenen-Mord: Gibt es Todesliste? Zum Hauptartikel

Die New York Times zitiert einen Ex-Agenten, der eine Todesliste mit 300 Namen gesehen haben will. Fünfzig davon leben in Österreich.

apa Walter Nevoral vom Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung mit Fotos von Fluchtauto und Verdächtigem. DruckenSendenLeserbrief
Jener Tschetschene, der am Dienstag auf offener Straße in Wien regelrecht hingerichtet wurde, dürfte ein politisches Opfer gewesen sein. Der 27-jährige Umar Israilov war, wie berichtet, in Wien Floridsdorf von Unbekannten verfolgt und durch Kopfschüsse tödlich verletzt worden. Nach und nach verdichten sich Hinweise auf eine politisch motivierte Tat, die in den Dunstkreis des russischen Geheimdienstes führen. Es soll eine Todesliste des tschetschenischen Präsidenten geben, und Israilov soll darauf gestanden haben.

Das Opfer, erst ein Leibwächter des russlandtreuen tschetschenischen Präsidenten Ramzan A. Kadyrov, habe die Fronten gewechselt und sei so zum "Verräter" geworden. Die New York Times zitiert einen ehemaligen tschetschenischen Agenten, der von seiner Regierung für die "Repatriierung von Tschetschenen im Exil" nach Wien geschickt worden sein soll, um Israilov zurück zu holen. Dazu seien ihm auch zwei Assistenten zur Seite gestellt worden. Artur Kurmakayev, 41, sprach laut Zeitung von einer Liste mit 5000 Namen seiner Landsleute, die dem Kadyrov-Regime unangenehm aufgefallen waren. Dreihundert der Namen waren angestrichen, so Kurmakayev, was bedeute, dass diese getötet werden sollten. Fünfzig dieser Todeskandidaten hielten sich als politische Flüchtlinge in Österreich auf, einer davon soll Umar Israilov gewesen sein. Nun wähnt sich auch Kurmakayev in Lebensgefahr, während die österreichischen Behörden noch nicht bestätigt haben, dass das Mordmotiv bei Israilov ein politisches war.

Verfassungsschutz hört nicht zum ersten Mal von Todesliste

fhf Tschetscheniens Präsident und Putin-Freund Ramzan Kadyrov.Beim Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung hat ein Mann im vergangenen Jahr von einer Liste mit Personen berichtet, gegen die Gewalttaten geplant seien. "Ein russischer Staatsbürger hat in einer Einvernahme im Frühsommer 2008 ausgesagt, dass es in Tschetschenien eine Liste gibt, auf der ungefähr 300 Personen angeführt sind", bestätige Innenministeriumssprecher Rudolf Gollia. "Es konnte nie geklärt werden, ob es diese Liste tatsächlich gibt. Wir können es natürlich nicht ausschließen."

Der Mann aus Russland habe angegeben, dass sich etwa 50 Menschen auf dieser Liste in Österreich befänden. Gegen diese seien Maßnahmen wie Entführungen und Ermordungen geplant, so Gollia über den Inhalt seiner Aussage. "Den österreichischen Behörden ist weder bekannt, ob es diese Liste tatsächlich gibt, noch ist diese je vorgelegt worden." Auch Namen, die darauf vermerkt sein sollen, seien nicht bekannt. "Daher konnten nie irgendwelche Maßnahmen zum Schutz von Personen eingeleitet werden", betonte der Sprecher.


Vor Verfolgung und Folter geflohen

Israilov hatte 2006 eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Kadyrov, einem engen Vertrauten Wladimir Putins, eingereicht. Sie bezog sich auf systematische Verfolgung und Entführungen. Darunter fielen auch angeordnete Vergewaltigungen und die Behandlung Gefangener mit Elektroschocks. Umar Israilov floh nach Russland, woraufhin dessen Vater entführt und illegal zehn Monate festgehalten wurde.
Israilov war zum Todeszeitpunkt in Österreich als Asylwerber anerkannt. Doch er fühlte sich schon seit längerer Zeit verfolgt. Sein Asylbeauftrtagter hatte deswegen auch schon die Behörden informiert, unternommen wurde damals nichts. Die Bedrohungslage sei "zu vage" gewesen. Nun wurden für die Witwe des Ermordeten und deren Kinder laut dem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Schutzmaßnahmen getroffen.

Artikel vom 16.01.2009 14:58 | APA | csm

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