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01.09.1939, Europa, Vertreibung:

Flucht und Vertreibung

Als Folge des vom "Dritten Reich" begonnenen Zweiten Weltkriegs wurden Millionen von Menschen vertrieben, zwangsumgesiedelt oder mussten flüchten.

1941 vertrieben die Nationalsozialisten rund 900.000 Polen aus dem seit 1939 besetzten ehemaligen westlichen Westpreußen in das so genannte Generalgouvernement. Den Platz in der als "Warthegau" bezeichneten Provinz sollten Deutsche "Umsiedler" einnehmen. Diese kamen aus Gebieten, die nach dem Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspakt und der Niederlage Polens unter sowjetische Herrschaft gelangt waren, insbesondere aus dem Baltikum. Es sollte ein rein deutsches Siedlungsgebiet entstehen. Erst nach der Befreiung Anfang 1945 konnten die Polen wieder in ihre Heimat zurückkehren.

Flucht und Vertreibung aus den Ostgebieten

Flüchtlingstreck über das Frische Haff. (Bild: dpa) Flüchtlingstreck über das Frische Haff. Als die Rote Armee im Herbst 1944 an der Reichsgrenze stand, begann die Massenflucht der Deutschen aus Ostpreußen und Schlesien, später auch aus Pommern. Lange hatten die NS-Machthaber Durchhalteparolen ausgegeben und rücksichtslos jede Flucht verboten. Die Gauleiter hofften auf eine bessere Kampfmoral und einen härteren Widerstand der Wehrmacht, wenn es um die Verteidigung deutschen Bodens und deutscher Zivilisten ging. Hunderttausende Deutsche strömten in den letzten Kriegswochen nach Westen. Die Flüchtenden gerieten oft zwischen die Fronten und in die Kampfhandlungen. Vielfach überrollte die rasch vorrückende Rote Armee die Trecks. Millionen Flüchtende starben an Kälte und Hunger oder wurden von sowjetischen Truppen misshandelt, vergewaltigt oder ermordet. Als die Landwege nach Westen versperrt waren, gelang mindestens 1,5 Millionen Zivilisten und 500.000 Wehrmachtsangehörigen die Flucht per Schiff über die Ostsee nach Westen. Tausende Flüchtlinge starben, als ihre Schiffe von der sowjetischen Marine torpediert wurden (etwa auf den Schiffen "Wilhelm Gustloff, "Steuben" oder "Goya").

Systematische Vertreibung

Nach dem Krieg begann die systematische Vertreibung der Deutschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Von April 1945 an vertrieben die neuen polnischen Behörden die ansässige deutsche Bevölkerung, noch bevor die Potsdamer Konferenz im August die "wilden Vertreibungen" als "geordnete Überführung deutscher Bevölkerungsteile" aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn sanktionierte. Dennoch kam es auch danach noch zu zahlreichen Verbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung. Unter sowjetischer Verwaltung stand nun das nördliche Ostpreußen um Königsberg. Hierher kamen Russen, Weißrussen und Ukrainer. Auch einige ehemalige sowjetische Zwangsarbeiter siedelten sich hier an.

Westverschiebung Polens auf Kosten Deutschlands

Pferdegespanne fahren durch verschneiten Wald. (bpk Berlin, koloriertes Foto: Ar) Schlesischer Flüchtlingstreck. Unter polnische Verwaltung gelangten das südliche Ostpreußen, Pommern, Neumark-Brandenburg und Schlesien. Die Vertreibung begründeten die Polen mit dem Verhalten der Deutschen während der Besatzung und mit dem Prinzip des ethnisch reinen Nationalstaates. So forderte neben den polnischen Kommunisten auch die bürgerlich-polnische Exilregierung in London, die Gebiete ohne die deutsche Bevölkerung zu erhalten. Zudem sollte Polen für die Gebietsverluste an der ukrainischen und weißrussischen Grenze auf Kosten deutschen Territoriums entschädigt werden, um die von dort zwangsumgesiedelten Polen unterbringen zu können. Bereits auf der Kriegskonferenz von Teheran im Herbst 1943 war die Westverschiebung des polnischen Staates von den Alliierten beschlossen worden. Die Westverschiebung Polens auf Kosten des besiegten Deutschlands ist Folge der Weigerung Stalins, die 1939 im Hitler-Stalin-Pakt festgelegt Verschiebung der polnischen Grenzen rückgängig zu machen und den Staat Polen in den Grenzen von 1939 wiedererstehen zu lassen.

Sudetendeutsche werden vertrieben

Auch aus der Tschechoslowakei wurden die Deutschen vertrieben, vorwiegend aus dem Sudetenland, also den nördlichen, südlichen und westlichen Randgebieten der böhmischen Länder. Im Sudetenland wurden vor allem Tschechen sowie Sinti und Roma angesiedelt. Hinzu kamen als "Repatrianten" bezeichnete Tschechen, die aus Familien stammten, die vor dem deutschen Einmarsch nach Frankreich, in die USA oder in andere Länder ausgewandert waren.

Integration und Entschädigung im Nachkriegsdeutschland

Flüchtlingsschiff in Pillau. (Bild: bpk, Fotograf unbekannt). Flüchtlingsschiff in Pillau. Über 17 Millionen Deutsche lebten vor dem Krieg in den Ostprovinzen sowie in Polen, den baltischen Staaten, Danzig, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien; gut eine Million Menschen starben an den Kriegshandlungen. Über 14 Millionen Deutsche waren zwischen 1944/45 und 1950 von Flucht und Vertreibung betroffen; etwa zwei Millionen Menschen von ihnen starben dabei. Etwa zweieinhalb Millionen Deutsche blieben in ihrer Heimat und waren zum Teil heftigen Repressionen ausgesetzt. Mehrere Hunderttausend wurden in Lagern inhaftiert oder mussten Zwangsarbeit leisten. Ohne Entschädigung wurde das private Eigentum der Ost- und Sudetendeutschen konfisziert, ebenso das öffentliche und kirchliche deutsche Eigentum. Eine der großen Nachkriegsaufgaben war die Integration und Entschädigung der Vertriebenen bzw. in der DDR als "Umsiedler" bezeichnete Personen in das geteilte Nachkriegsdeutschland.

Jürgen Brühns, NDR Online

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