Chaos de luxe

Umpuschelter Treuebonus

Polly Adler Polly Adler DruckenSendenLeserbrief
"Bitteschön, mein Treuebonus!", flüstere ich der Kassiererin und starre so beschämt zu Boden, als ob mich mein früheres, glamouröses Ich demnächst mit einer Federboa verdreschen könnte. Und tatsächlich: Ich bekomme alle Rindfleischprodukte 25 Prozent billiger. Ein Gefühl des Triumphs durchwummert mein unglamouröses Ich. Vernunft, ökonomisch leben, erwachsen sein! Die Frage, wie ich all diese Rinderhälften in mein Tiefkühlfach quetschen werde, mit der möchte ich mir diesen warmen Moment wirklich nicht versauen. Was könnte ich mir noch Gutes tun? Im Supermarkt für den ganz kleinen Mann gäbe es so urfrischfarbige WC-Umpuschelungen im Angebot . Na ja . . . Es gab Zeiten, da habe ich mich auf Capri allein eine Woche in einen 5-Stern-Schuppen eingebucht. Weil ich dringend, ohne kreischendes Kind und greinenden Mann, nachdenken musste. Und zwar mit Ausblick. Möglicherweise hat diese Nonchalance den Grundstein für mein akutes Finanzdesaster gelegt. Schnell nach Hause. Das Paket mit den Designerfummeln aus dem Online-Versand soll demnächst eintrudeln. Tatsächlich – da sind meine neuen Freunde: der Fürstenberg-Wickler, das Miu-Miu-Röckchen. Ich probiere sie an, tänzle damit durch die Wohnung und packe sie ein, um sie gebührenfrei zurückzuschicken. Die unerfüllten Lieben sind doch immer die schönsten, sagte einer dieser schwulen Bonmot-Fabrikanten . . . Wilde, Capote, keine Ahnung. Viel fehlt nicht und ich werde Weihnachten 2009 das Geschenkpapier zwecks Wiederverwertung glätten. Mein Chefredakteur hat der gesamten Redaktion ob inflationärer Verwendung die Phrase "Krise als Chance" verboten. Aber wenn mich der Hafer sticht, wer weiß . . . Und jetzt entschuldigen Sie mich: Ich muss los – ein paar Crash-Opfer und ich haben ein Wettkochen (das beste Menü um 12 Euro) angesetzt.