01.3.2009

Opel und die Marktwirtschaft

By Jürg Wick at 06:41 [ Wick zur Strassenlage ]
Für die deutschen Medien ist die Sachlage sonnenklar, GM hat alles vermurkst, und ergo muss man Opel von GM abnabeln, dann wird alles gut, "…denn die Produkte sind über jeden Zweifel erhaben."
Selten so wie jetzt gerade, hat man uns vorgeführt, was in der Welt draussen abgeht. Es herrscht Krieg. Der deutsche Aussenminister, der Regierungschef von Rheinland-Pfalz, und der neue Wirtschaftsminister: alle dreschen unbedacht auf GM ein. Alle haben ausgeblendet, dass Detroit das Rüsselsheimer Unternehmen jahrelang und immer wieder über Wasser gehalten hat. Zweifellos hat GM Fehler gemacht, aber wenn am Genfer Salon positiv von Opel geredet wird, dann wird es wegen dem Ampera sein, mit dem Opel zu 100 % auf den Detroit-Zug aufgesprungen ist.
Früher waren es die Waffen, heute sind es verbale Kriege, das ist ein Fortschritt, zweifellos.

Bis 1974 wurden Opel sogar in Biel montiert.

Aber mehr gelernt haben wir nicht. Sarkosy treibt es besonders bunt. Will seiner Autoindustrie unter die Arme greifen, aber nur die einheimischen Autofabriken sollen davon profitieren. Er hat vollständig ignoriert, dass gerade die französischen Autobauer eifrig Produktionen in den Osten verlagert haben. In wirtschaftlich schlechten Zeiten herrscht Krieg, seit Urzeiten. Auch die neutrale Schweiz kommt unter die Räder. Jeder Dollar ist wichtig; Steuergelder, zu einem guten Teil nichts anderes als Raubrittertum, damit sich die Politiker einen schönen Tag machen können, "gehören" dem Staat, basta.
So gesehen ist es angenehm in der Schweiz zu leben, denn dies ist der weltweit einzige Staat, wo das Volk über die Steuern selber bestimmen kann. Unsere Erfahrungen haben an Abstimmungen immer wieder gezeigt, dass das Volk Steuern akzeptiert. Zur Überraschung aller anderen Staaten. Es geht halt um das Mass. Und dieses haben viele andere Länder längst überschritten. Es ist gut, wenn das Volk bestimmt, und nicht der Staat.
Denn alle vier bis acht Jahre kommen neuen Leute an die Macht, die nur eines im Grind haben: Mehr Geld für den Staat.
Jetzt komme ich zu GM und zu Deutschland. Es funktioniert einfach nicht, wenn sich Politiker in die Wirtschaft einmischen. Selbst wenn Deutschland noch so viele Gelder von ihren Bürgern eingefordert hat; die Rettung eines Autoherstellers können sie sich nicht leisten, ohne dem marktwirtschaftlichen System eine Absage zu erteilen.
1961 wurde GM als Heilsbringer gefeiert. Der Konzern war bereit, in Bochum ein neues Werk zu errichten. Das Ruhrgebiet litt unter der ersten Wirtschaftskrise nach dem zweiten Weltkrieg, Zechen mussten geschlossen werden. Ein Musterfall. Seither hat es in Europa praktisch keine neue Autofabrik mehr gegeben, die ohne riesige Subventionen errichtet worden ist, die einzige bekannte Ausnahme ist das Porschewerk in Leipzig.
BMW in Leipzig, Mercedes in Raststatt, BMW und Mercedes im amerikanischen Süden,
Toyota im französischen Valanciennes, Toyota und PSA in der Slowakei, Kia in der Slowakei, Renault in Slowenien usw., alles kräftig subventioniert, um mit neuen Arbeitsplätzen prahlen zu können. Die Politik hat den Scherbenhaufen produziert. Hätte es die Subventionen nicht gegeben, gäbe es entschieden weniger Überproduktion, vielleicht keine. Kein Politiker hat jemals hinterfragt, was er mit einer zusätzlichen Autoproduktion anrichtet, Hauptsache, in meiner Legislaturperiode kann ich einen Erfolgsausweis vorlegen. So, und nur so, muss man das Schlamassel sehen. Und jetzt ist alles global vernetzt. Die verbale Abstrafung von GM in Deutschland haben die Amerikaner so nicht verdient.
Ja, glaubt denn Kanzlerkandidat Steinmeier wirklich, was er in Rüsselsheim gesagt hat? Ohne GM kann Opel nicht überleben. Weil nämlich das deutsche Unternehmen viel zu stark - und sehr erfolgreich - in Südamerika involviert ist. Ohne Südamerika hat Opel keine Chance, und ohne Südamerika hat GM keine Überlebensperspektive, die gegenwärtige Holperstrecke zu überstehen. Weil nämlich die Opelaner es versäumten, Südamerika ihrer Kaufkraft entsprechend zu bewirtschaften. Sie liessen es zu, dass der Mutterkonzern, den argentinischen und brasilianischen Markt mit koreanischen Chevrolets unterlief. Der Managementfehler liegt in Rüsselsheim und in Zürich, wo GM of Europe angesiedelt ist. Später liessen sie dieses Spiel auch in Europa zu, statt mit einer rechtzeitigen Umstrukturierung, dafür zu sorgen, dass statt Bochum vielleicht mehrere andere Standorte gesichert werden können. Das hoch subventionierte Bochumer Werk ist verloren. Daran führt kein marktwirtschaftliches Denkmuster vorbei.
Peinlich genug, dass die Opelaner den Schweden einige Tausend Arbeitsplätze wegsteigern wollten und damit auch erfolgreich waren.
Gute alte Opel-Zeiten.

Es geht nicht um viel: denn Heute sprechen wir bei den Arbeitsplätzen in der Autoindustrie längst nicht mehr von 10 000enden. Sondern von wenigen Tausend. Den Rest erledigt die Zulieferindustrie. Die funktioniert markenübergreifend, macht bis zu 80 % und mehr am so genannten Bruttosozialprodukt aus, welches der Autobranche zugeschrieben wird. Und so gesehen ist es nicht wirklich entscheidend, ob Opel in Deutschland als Arbeitgeber überlebt, oder nicht. Die Geschichte zeigt, dass Automarken mit einer guten Heritage so oder so in irgend einer Form weiter bestehen. Ob Opel ein wertvolles Label ist, entscheidet der Markt, und nicht die Deutsche Regierung. Milliarden helfen da wenig, bringen den Staat aber in Bedrängnis. Was, wenn als nächster Mercedes anklopft? So abwegig ist das nicht. Denn mit der deutschen Arroganz "Autokompetenz, das sind wir", wurden schon vor der eigentlichen Krise Milliarden vernichtet, die man jetzt gut brauchen könnte.



Seit 1979 schreibt der Branchen-Insider Jürg Wick in der Automobil Revue kritisch über automobile- und verkehrspolitische Themen.

22.2.2009

Was ist ein echter Grüner?

By Jürg Wick at 17:45 [ Wick zur Strassenlage ]
Ich mache auch im höheren Alter neue Erfahrungen. Zum Beispiel diese; in einem Artikel bezeichne ich einen mir seit über 30 Jahren bekannten Autofreak als "echten Grünen".
Und muss darauf hin erfahren, dass deswegen Freundschaften beinahe in die Brüche gegangen sind. Denn der als echter Grüner Bezeichnete, aktiv in der Autobranche tätige, musste deswegen in seiner Umgebung jede Menge Spott und mehr ertragen (immerhin; die "AR" wird gelesen).
Ich bin sprachlos, und muss erklären, was ich unter einem echten Grünen verstehe.
Mit Verlaub, beanspruche ich dieses Label auch für mich. Hätte mir nie vorstellen können, wegen meiner kurzen Lebenszeit eine Baugrube in eine Grünfläche baggern zu wollen. Wegen mir mussten noch nie neue Zubringerstrassen, neue Bushaltestellen oder neue Shoppingcenters gebaut werden. Ich wohne in keinem Einfamilienhaus, parke meinen 7,4 m2 grossen Nicht-SUV in einer Tiefgarage, wo 12 weitere Personenwagen stationiert sind. Aber ich neide der Nachbarin ihren V8 nicht, und sehe ein, dass ein Weiterer auf den siebenplätzigen Minivan angewiesen ist.



Ich bezeichne mich als echten Grünen, trotzdem ist dies mein Lieblingsautomobil, ohne Katalysator.

Ich gestehe, das Automobil ursprünglich als zügigen Distanzenüberbrücker verstanden zu haben, mit dem man - beispielsweise - innert fünf Stunden das Meer sehen kann. Ohne schlechtes Gewissen. Eine Falscheinschätzung. Die Gesellschaft sieht das anders. Mit dem Auto soll man - als Beispiel - zur Post fahren, und wenn dort alle Parkplätze besetzt sind, 5 Minuten mit laufendem Motor warten, bis ein P frei wird, um dann mit wenigen Schritten den Wahlzettel mit der grünen Liste einwerfen zu können. Mir hätte es, ehrlich gesagt, nichts ausgemacht, stattdessen ein- oder auch zweihundert Meter laufen zu müssen, extra zum Briefkasten gefahren wäre ich sowieso nicht. Und eine grüne Liste eingeworfen hätte ich auch nicht.
Aber ich gebe zu: Wenn ich nachts um zwei hinter Stuttgart nach Singen einbiege, und dann Pedal to the Metal fahren kann…. Stuttgart - Singen in weniger als einer Stunde, das ist echt rationell. Da können Flieger und IC einpacken, vor allem muss ich mich auch nicht mit Leuten herumschlagen, die keine Rücksicht auf andere nehmen, ich kann rauchen, und muss keinem beim Telefonieren zuhören.
Wenn auf einer der noch wenigen grossen Flächen, wie beispielsweise auf dem Birrfeld kürzlich passiert, ein neuer Bauernhof entsteht, obwohl in den umliegenden Gemeinden jede Menge Bauernhöfe am Serbeln, oder schon verlassen worden sind, dann blutet mir das Herz.
Sie können dies auch so verstehen: Von enormen Wachstumsraten halte ich rein gar nichts. Ich sähe lieber nachhaltiges Wachstum, etwa so, wie die Politiker nachhaltiges Verkehren sehen. Aber die Personenfreizügigkeit haben wir nun einmal, so wie sie ist. Das hohe Bevölkerungswachstum in der Schweiz (1,1 %, ZH 1,8 %, D 0 %) gefällt mir gar nicht, weil nämlich der Mensch der Umweltverschmutzer ist, nicht das Auto. Ja ich bin der Meinung, dass wir den kommenden Generationen auch noch ein paar qm2 unbebaute Fläche überlassen sollten, sonst müssen die sich nämlich das Wachstum abschminken.
Ich gönne jedem seinen Porsche oder Aston Martin, allein schon weil ich weiss, dass sonst auch die Luxusuhrenbranche in der Schweiz hinterfragt werden müsste.
Wenn ich auf der Seestrasse Richtung Stadt pendle, ist die fünfte Stufe drin, wenn`s geht sogar die Sechste. Am Mytenquai stelle ich die Karre ab, und bin dann zu Fuss in 20 Minuten dort, wo es angeblich die besten Bratwürste weltweit gibt. So belaste ich die Umwelt weniger, als wenn ich für meine S-Bahn den Viertelstundentakt fordern täte. Es ist ja nicht so, dass die öffentlichen Verkehrsmittel "umweltfreundlich" sind. Sie sind einzig etwas ökologischer, wenn sie überfüllt, oder zumindest voll besetzt sind. Mindestens ein Drittel der fahrplanmässigen Verkehrsmittel sind ökologischer Schwachsinn, glaube ich.
Gecheckt? Alles ist relativ. Und denjenigen, der in unserem Mehrfamilienhaus bereits am Morgen das Cheminée anheizt, würde ich am liebsten….
Eigenheimbesitzer sollten jetzt nicht gleich Lynchgedanken hegen, sondern die Problematik in einem Gesamtkontext sehen. Ich gönne jedem sein Eigenheim, seinen Cayenne, sogar sein Boot, so lange er seiner Umgebung mit Toleranz begegnet, und in seiner Firma möglicherweise mehr für seine Leute und die Umwelt tut, als er unbedingt tun müsste.

Herdentiere hinterfragen nicht.
Der von mir als echter Grüner bezeichnete Autofreak sieht es ähnlich, er ist kein Herdentier. Er lässt sich die Freude am Auto nicht nehmen, lebt vergleichsweise nicht parasitär, aber doch so, dass es ihm noch einigermassen Freude macht. Weniger sollte man von einem Schweizer Arbeitnehmer nicht verlangen, sonst passiert eine Revolution, schliesslich sind wir von keinen Bodenschätzen gestützt, sondern müssen unsere Lebensqualität mit stressiger Kopf- oder Handarbeit täglich neu erarbeiten.
Und wir sollten selbst bessere als unsere Durchschnittsleben nicht penetrant hinterfragen, weil sonst gäbe es nicht bloss bei Ferrari und Porsche, sondern auch bei Hajek und einigen anderen Schweizer Unternehmen schnell mehr als ein paar Arbeitsplätze weniger.



Seit 1979 schreibt der Branchen-Insider Jürg Wick in der Automobil Revue kritisch über automobile- und verkehrspolitische Themen.

16.2.2009

Unnötiger Verkehrsstau

By Jürg Wick at 06:04 [ Wick zur Strassenlage ]
Lange war es bloss ein Verdacht, jetzt hab ich es anschaulich gesehen. Zürich, Bellvueplatz:
Tatütatü, eine Polizeilimousine fährt wie irre auf der falschen Fahrbahn Richtung Quaibrücke, eine richtig kriminelle Geisterfahrt, denn um die Ecke kann man nichts sehen.

Zwei Minuten später bin ich zu Fuss am Bürkliplatz. Zuvorderst an der Ampel, oje, ein Auto und eine Vespa haben sich geküsst, mindestens zwei Gläser liegen zerbröselt am Boden, ein Behelmter und ein Automobilist sind wohlauf, und diskutieren. Ein Pannendreieck haben sie
auch aufgepflanzt. Und ein Polizei-T5 parkiert schützend hinter der Havarie. Die aufgeregte Polizeilimousine macht sich wieder von dannen. Ein Polizist unterhält sich mit den Unfallbeteiligten, macht Notizen, der zweite «sichert» die Unfallstelle routiniert und nachhaltig, offenbar möchte man länger bleiben und das viel befahrene General-Guisan-Quai während der Rushhour einspurig führen. Ob die beteiligten Fahrzeuge noch mit eigener Kraft hätten auf das grosse Trottoir fahren können, vermag ich nicht zu sagen, vermutlich ja, sicher aber hätte man das Auto und den Roller mit Leichtigkeit aus dem Verkehr schieben können. Aber nein, die Arbeit wird zelebriert. Der Verkehrsfluss hat keinen Stellenwert, Hauptsache das Tram ist nicht tangiert.
Schade eigentlich, denn das einzige was am Bürkliplatz penetrant Krach macht, ist die fürchterlich quitschende Zürcher Strassenbahn.
Der Verdacht, die Polizeien hätten nicht den Auftrag, Unfallstellen so rasch wie möglich wieder für den Verkehr zu öffnen, hat sich bestätigt.



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05.2.2009

«10 vor 10»

By Jürg Wick at 06:04 [ Wick zur Strassenlage ]
Das einstmals viel versprechende Sendegefäss «10 vor 10» des Schweizer Fernsehens degeneriert zusehends zur beliebigen Medialshow mit reisserischen Themen, die selten zu Ende gedacht sind. Es fehlen im Leutschenbach Leute, die den Durchblick haben, statt sich vom Kontext "das haben wir recherchiert" beeindrucken zu lassen.

Das Thema Auto wird in «10 vor 10» eher unprofessionell behandelt.

Vom Schweizer Fernsehen ist man selten Erwähnenswertes gewohnt. Weil wir unsere Gebühren aber zwangsweise überweisen müssen, so wir denn in die Glotze sehen wollen, muss man etwas mehr Tiefengehalt fordern dürfen. Es kann ja nicht sein, dass der einzige Anspruch einer Nachrichtensendung darin besteht, schwangere Moderatorinnen herzeigen zu können.
Wenden im Tunnel
Stichwort Wenden im Tunnel, von «10 vor 10» gross aufgemacht, aber eben nicht zu Ende diskutiert. Der Autofahrer wird letztlich alleine gelassen. Was soll er jetzt tun, bei einem Brand im Tunnel, wenden oder nicht? Der TCS sagt wenden, das Astra sagt auf keinen Fall. Kein Wort darüber, dass die Schweizer Autofahrer Millionen dafür ausgegeben haben, um die allermeisten Tunnels so zu sanieren, dass bei Brandgefahr innert kürzester Distanz ein Sicherheitsportal angelaufen werden kann.
Kein Wort darüber in der Stellungsnahme des ASTRA, welches uns diese Unsummen abgefordert hat.
Bei Brandalarm in einem längeren Tunnel kann es nur eine Lösung geben; Auto fluchtartig verlassen, und ein Sicherheitsportal aufsuchen, sofern sich bereits eine Autokolonne gebildet hat. Es ist in einer längeren Kolonne undenkbar, dass alle Involvierten panikfrei reagieren, und es zu keinen Friktionen nach dem Wenden kommt. Einer Flammenfront im Tunnel kann man in einem längeren Tunnel mit dem Auto nicht entkommen, wenn auch nur einer der Umkehrer in Panik gerät.
Führerausweisentzüge
Stichwort Führerausweisentzüge in «10 vor 10». Schön, dass es mal ausgesprochen worden ist; eine grosse Zahl der Führerausweisentzüge in der Schweiz ist wegen Unaufmerksamkeit passiert. Weniger schön der Umstand, dass in 90 % der Fälle von Unaufmerksamkeit (Telefonieren, Gefechte mit den Beifahrern, Essen, Trinken, was auch immer) ein Unfall zum Führerausweisentzug geführt hat. Im Falle der so genannten Raserei ist es nämlich genau umgekehrt. Mehr als 95 % aller Führerausweisentzüge wurden vollzogen, ohne dass ein Unfall passiert ist. Eine so prominente Sendung wie «10 vor 10» hätte der Sachlage auf den Grund gehen müssen, statt die weltweit rekordverdächtige Zahl der Führerscheinentzüge einfach im Raum stehen zu lassen. Eine - vermutlich kleine - Gemeinde von Autofahrern wäre gierig danach, wenn sich die Polizeien wieder auf die wesentlichen Überwachungsaufgaben konzentrieren würden, statt die gefahrenen Geschwindigkeiten Morgens um Fünf an einem Pass zu kontrollieren.
Verkaufseinbruch
Stichwort Krise, Stichwort Verkaufszahlen. Klar dass 10 vor 10 geil auf dieses Thema aufgesprungen ist, und schon bevor die effektiven Resultate publiziert worden sind genüsslich über die dramatisch eingebrochenen Verkaufszahlen neuer Personenwagen berichtete. Hätte man das Thema richtig recherchiert, wäre man darauf gekommen, dass die Januar-Resultate keinerlei Aussagekraft haben: Die allermeisten Hersteller hatten ihre Produktion vor Weihnachten eingestellt, und die Mitarbeiter weit in den Januar hinein in Zwangsferien geschickt. Die Schweizer Händler bekamen deshalb ihre bestellte Ware nicht.
Dies soll nicht Anlass dazu geben, wir wären von der so genannten Krise nicht betroffen, aber die Ausschlachtung des Themas Krise in 10 vor 10 ist eben Beweis dafür, dass man von SF Idee Suisse keine Unterstützung erwarten kann, die wirtschaftliche Lage mit Pragmatismus zu umschiffen. Fast schlimmer noch; wenn es wieder aufwärts geht, wird 10 vor 10 zu den Ersten gehören, via boomende Wirtschaft die Konsumenten zum übermässigem Konsum anzuregen.
Weil die überwiegende Mehrheit (ausg. Herr Blocher) TV-süchtig ist, kommt den Nachrichtensendungen der staatlich beaufsichtigten Kanäle eine besondere Verantwortung zu.
SF DRS Idee Suisse nimmt diese nicht wahr.




Seit 1979 schreibt der Branchen-Insider Jürg Wick in der Automobil Revue kritisch über automobile- und verkehrspolitische Themen.

27.1.2009

Eine Umwegsgeschichte

By Jürg Wick at 06:02 [ Wick zur Strassenlage ]
Das blindwütige, voreilige und tendenziöse Vorprellen der Sonntags Zeitung und des Blick in Sachen UBS-Bonuszahlungen ist ein bedenkliches Zeichen für das Medienwesen in unserem Land. Jeder schreibt dem andern nach, und keiner hinterfragt. Man wittert Skandale dort, wo keine sind. Und übersieht wesentliche Fakten. Dass nämlich die skandalösen Boni gar keine sind, sondern variable Lohnbestandteile, welche erst im Folgejahr neu ausgearbeitet werden können. Verträge müssen immer noch eingehalten werden. Ich möchte mal einen Journalisten sehen, wenn man ihm am Ende des Jahres einfach einen Drittel des geschuldeten Lohnes versagt.
Aber letztlich haben wir den Journalismus welchen wir verdienen, seit Gratisblätter so erfolgreich sind, und nur noch eine Minderheit bereit ist, für die Arbeit auch den realen Gegenwert zu bezahlen.

Wir Europäer sind ja so viel vernünftiger als die Amerikaner.

Was dies mit dem Auto zu tun hat? Jeder schreibt dem anderen hintennach. So auch anlässlich der Motorshow in Detroit, wo jedermann genüsslich über die rückständigen Amerikaner hergefallen ist. "Willens der Baisse durch innovative praxisgerechte Technologie zu entrinnen sind dafür deutsche Autobauer…" lese ich in einem Hochglanzmagazin.

Geschichte der Light Trucks
Was ist in Amerika passiert? Weltweit bauen die Hersteller das, was das Volk verlangt, alles andere wäre selbstmörderisch. Als - hauptsächlich Frauen - in den 80er Jahren extrem auf Bronco und Blazer abfuhren, haben dies die Amerikaner, und in zweiter Linie die Koreaner geschnallt. Erst recht, nachdem die so genannte CAFE-Norm die Kategorie der Light Trucks übersah. Dies war politisch (Reagen) ein krasser Fehler, unabhängig davon, ob auf Druck der Autolobby passiert, oder nicht. Wobei, dies muss man in Klammern auch noch erwähnen, viele Nordamerikaner im mittleren Westen, in Alaska oder im Norden Kanadas eben nicht so reich sind, sich mehrere Autos leisten zu können. Ohne die simplen aber unzerstörbaren Pickups können sie nicht existieren. Pickups, Minivans und SUV`s gehören in die Kategorie der - von der Gasoline Guzzler- Tax ausgenommenen - Light Trucks, und die SUV`s haben sich in die amerikanische Lebensart eingeschlichen, den grossen Station Wagon verdrängt. Neidvoll haben die Deutschen und Japaner zugesehen, und schliesslich in Staaten weitab von Michigan, angelockt und hoch subventioniert (hunderte von Mio. Dollar Staatsgelder), moderne Fabrikhallen aufgestellt, um die Erfolgsmodelle der Amis nachbauen zu können. Befreit von der Last exquisiter Pensionskassen-Verträge können Mercedes, BMW, Toyota und Nissan im Süden ihre famosen SUV`s günstiger fabrizieren, als die grossen Drei in Detroit.

Hybrid-Hype
Die bravouröse Leistung in dieser Zeit war der Toyota Prius und der Honda Civic-Hybrid, allerdings schnell gefolgt vom SUV Ford Escape, den es schon viele Jahre als Hybrid gibt. Auch der Österreicher in Kalifornien fährt einen Prius, davor war allerdings Hummer seine bevorzugte Marke. So schizo sind nicht nur amerikansische Politiker.
Wer kauft eine Automarke die der Nachbar fährt, wenn die Auswahl grösser wird? Jede fünfte Karre drüben hatte in den 90er Jahren die Ford-Pflaume oder das Chevy-Logo im Grill. Eben.
Vor allem wenn BMW, Hyundai, Kia, Mercedes, Mitsubishi, Nissan oder Toyota inzwischen auch als Einheimische gelten. Das hat weniger mit Versagen, als mit der Marktwirtschaft zu tun.
Logo haben die grossen Drei auch Fehler gemacht. Aber unerfreuliche Erfahrungen mit deutschen Ford (Fiesta, Capri, Sierra, Scorpio), deutschen Opel (Kadett, Manta, Ascona) hat sie eben vorsichtig gemacht, auch Volkswagen ist in Westmoreland vor 20 Jahren grandios gescheitert.
Banausen
Es mag ja sein, dass die Amerikaner Banausen sind. Nur so ist zu erklären, dass in Europa fast täglich eine neue McDonald`s-Filiale eröffnet wird, und uns alkoholfrei an erster Stelle immer noch Coca Cola einfällt.


Auch von den Behörden kann man immer etwas lernen.

Die Amerikaner haben nach dem Krieg wesentlich dafür gesorgt, dass es mit der deutschen Autoindustrie aufwärts ging; Ford und GM-Opel machten vor, wonach dem Europäer gelüstet, Kombis, Sechszylinder, Capri, Manta. Klaro, dass die Konkurrenz darauf aufmerksam geworden ist.

Nicht unterschätzen
Man sollte die Amerikaner nicht von oben herab belächeln, weil sie wegen der Marktöffnung und dem Treibstoffhype in die Bedroullie geraten sind. Im vergangenen Dezember kaufte kein Ami ein Auto, und wenn doch, war es ein grosser Pickup. Der kleinste Ford wird drüben während vier Wochen nicht produziert, für den grossen F-150 Pickup fährt die Company Überschichten. So gestört ist unsere Welt.
Jedenfalls standen in Detroit einige interessante amerikanische Neuheiten mit Hybrid, fast keiner hat es gemerkt, sondern sich lieber auf Concept Cars aus Europa fokussiert. Mal sehen, wie es weiter geht. Man sollte die Amerikaner nicht unterschätzen, bloss weil George W. acht Jahre Pennsilvania Ave. unangetastet ausgesessen hat.



Seit 1979 schreibt der Branchen-Insider Jürg Wick in der Automobil Revue kritisch über automobile- und verkehrspolitische Themen.

16.1.2009

Perfektes Timing

By Jürg Wick at 07:22 [ Wick zur Strassenlage ]
Der Preis an der Zapfsäule sinkt nach einem Allzeithoch von zwei Franken und mehr im Juli auf Fr. 1.30 Ende Jahr, verrückte Welt. Mit perfektem Timing wird das Schweizer Volk daraufhin so eingestimmt, dass mit einem bis zu 22 Rappen höheren Literpreis an der Tankstelle zu rechnen ist, um die erforderlichen Strassenbauprojekte zu realisieren, welche nötig sind, um den Verkehrskollaps auf der Strasse zu verhindern. Beispielsweise um die A1 zwischen Birrfeld und Schönbühl auf drei Spuren auszubauen.
Und fast zeitgleich kündigt das Astra an, zwischen Morges und Genf in einem "Pilotprojekt" den Pannenstreifen bei hohem Verkehrsaufkommen via Signalanlage als Fahrspur frei zu geben, bei gleichzeitig auf 80 km/h limitierter Höchstgeschwindigkeit selbstverständlich.


Das Feinstaub-Tempo 80-Regime wurde wieder verpackt, jetzt kommt das Pannenstreifenregime.

Mit Verlaub; dies ist alles bedenklicher Schwachsinn. Man will uns einreden, wie gut man es mit uns meint, aber leider hat alles seinen Preis.
Der Strassenverkehr deckt seine Kosten seit Mitte der 90er Jahre vollumfänglich, und lässt es sich gefallen, dass jährlich Millionen für die Schiene abgezweigt werden. Trotzdem hat die Strasse 4,5 Mia. Franken angespart, welche man zusätzlich längst in die notwendigen Infrastrukturmassnahmen hätte investieren können. 4,5 Mia. würden praktisch für alles reichen, was wir vom Astra schon lange fordern, um einigermassen anständig vorwärts zu kommen, inklusive zweiter Gotthardröhre - schliesslich kommen laufend neue Überschüsse dazu. 4,5 Mia. sind angespart worden, obwohl Bund und Kantone die Strassengelder via unkoordinierter Saniererei mit der grossen Schaufel zum Fenster raus werfen.
Stattdessen hat Bern die Gelder missbraucht, und uns so abgestumpft, dass wir mittlerweile dankbar für alles sind, wenn es nur endlich vorwärts geht mit den dringend notwendigen Kapazitätsanpassungen.
Das Kalkül, wir würden neue Belastungen so akzeptieren, und (vorläufig) interimistisch mit Tempo 80 leben, könnte deshalb funktionieren. Clever gemacht und gut getimt.
Autolobby aufwachen!


Seit 1979 schreibt der Branchen-Insider Jürg Wick in der Automobil Revue kritisch über automobile- und verkehrspolitische Themen.


04.1.2009

(Blick)-Rückblick 2008

By Jürg Wick at 07:39 [ Wick zur Strassenlage ]
In der ersten Jahreshälfte 2008, als es uns noch so gut ging, Zapfsäulenpreise von 2 Franken für bleifrei 95 ohne Murren zu verdauen, "beherrschten" die schweizerische Politik so aufsehenerregende Themen wie Verbote von bestimmten Hunderassen, Rauchverbote und die Raser (ja schon damals). Der "Blick" gab sie vor. Das Blatt leidet geradezu dramatisch an Auflagenschwund, bestimmt aber über die Mediengeilsten auf dem Berner Parkett (siehe Anhang) immer noch, was auf die Agenda kommt, oder eben nicht, und selbst "Tages Anzeiger" oder die "NZZ" schreiben ihm hinten nach, erwähnen jeden Raser, den irgend eine Kapo zu irgendeiner Nachtzeit an irgend einem Ort gestellt, und den Fahrausweis abgenommen hat.



Mediengeil und immer noch da: Bundesrat Couchepin

Im Sommer übernahmen dann die so genannten Offroader die Oberhand in den Medien, was ausserhalb des Landes auf ein beachtliches Echo stiess. Wirklich Wesentliches lässt sich ja sonst aus der Schweiz nicht berichten, so kann man wenigstens einmal darüber lachen.
In der zweiten Jahreshälfte blieben neben der bevorstehenden "Krise" einzig noch die Raser. Themen, welche die längerfristige Lebensqualität eines Landes bestimmen, und welche von Randgruppen tapfer aufgegleist wurden - z.B. die Zersiedlung, der Bevölkerungs- und damit einhergehend der Verkehrsdruck -, oder die miserablen sozialen Netze der Eidgenossen versus den eingewanderten Menschen, wurden ignoriert. Die Krise dafür so wund geschrieben, dass es dem Letzten Leser zum Hals heraushängt. Immerhin wurde dank der Rezession Leuenberges Lieblingsthema, die Via Secura, fast ersäuft.
Persönliche Erfahrung
Als Raucher konnte ich persönlich erfahren, dass das Meiste, worüber wir uns ärgern, und wo die Gesellschaft Verbesserungen anstrebt, sich von selber löst, Gesetze und Verbote, politischer Aktionismus, wäre gar nicht nötig - den Medien sei Dank. Schreibt man den Rasern, SUV-Fahrern und Rauchern ins Gewissen, erledigen sich mit zeitlichem Verzug die profanen Probleme von selbst. Wenn die Politik sich einmischt kommt es dagegen zu Übertreibungen und Einschränkungen, die mehr als fragwürdig sind.
Als ich vor ein paar Jahren bei Minusgraden schlotternde Raucher in Montreal vor den Bürotürmen sah, glaubte ich meinen Augen nicht, fing aber an darüber nachzudenken. Und inzwischen komme ich, und kommen viele andere an vielen Orten auch während längerer Zeit ohne Rauchzeug aus, selbst in Restaurants, wo das Rauchen noch gestattet ist. Dass ich jetzt am Paradeplatz am Hintereingang der UBS Leute in Trauben am Rauchen sehe, finde ich nicht human, nicht bloss weil man Tieren inzwischen "menschlicher" begegnen muss. Mit Verlaub ist es meiner Meinung nach halt anstrebenswert an Toleranz zu appellieren und so immer noch wesentlich, wo man einen Raser bei seinem Tun erwischt. Schliesslich wirft man auch im Strafrecht nicht Alle in den gleichen Topf.
Politischer Aktionismus, Verbote, und höhere Strafen sind angesichts der echten Probleme, der falsche Weg in einer zivilisierten Gesellschaft.
Weil es gang und gäbe ist, irgendwelche Titel zu verleihen, nachfolgend meine Aufstellung der "mediengeilsten Landespolitiker 2008". Bevor Sie Ihre - durchaus willkommenen - Kommentare schreiben, bedenken Sie bitte dies: die Liste erwähnt nicht jene Politiker, welche am meisten zu einem Thema befragt worden sind, sondern jene, die sich am meisten in den Vordergrund gedrängt haben, um abgelichtet oder befragt zu werden! So tut es mir leid, die SP-Fraktionsvorsitzende, und den CVP-Fraktionsvorsitzenden nicht namentlich aufzählen zu können. Aber zögern Sie nicht, mich zu belehren.

Die Mediengeilsten 2008

BR
Couchepin, Pascal
Leuenberger, Moritz

SR
David, Eugen
Frick, Bruno
Gutzwiller, Felix
Somaruga, Simonetta

NR
Aeschbacher, Rudi
Bruderer, Pascale
Giezendanner, Ulrich
Gross, Andreas
Haller, Ursula
Hämmerle, Andreas
Jositsch, Daniel
Leutenegger-Oberholzer, Susanne
Mörgli, Christoph
Teuscher, Franziska


22.12.2008

Gebt ihnen nicht den kleinen Finger!

By Jürg Wick at 06:04 [ Wick zur Strassenlage ]
"Gibt man der Politik den kleinen Finger, nimmt sie die ganze Hand", so könnte man das Szenario umschreiben, das derzeit bei der Planung von Verkehrsinvestitionen abläuft.
21 Milliarden Franken will der Bundesrat bis 2040 in die Bahn-Infrastruktur buttern, für den Ausbau der Nationalstrassen sieht er gleichzeitig 5,5 Mia. vor.
Dies erstens unter dem Aspekt, dass der private Strassenverkehr rund vier Fünftel, und der Eisenbahn- und der öffentliche Strassenverkehr lediglich einen Fünftel der schweizerischen Verkehrsleistung erbringt.

Der längst fällige A1-Ausbau auf sechs Spuren ist in weite Ferne gerückt.

Ergo wird zweitens der Strassenverkehr zu einem Grossteil für die Finanzierung der Bahnprojekte herangezogen werden (Mineralölsteuern, LSVA). Rechtlich ist dieses Muster nicht legitim, denn bis Heute hat das Volk Strassengelder für die Schiene nur zu Gunsten der Neat ausgesprochen. Aber so ist es eben in der Politik; gibt man ihr den kleinen Finger…
Dies ist auch der Grund, weshalb ich der Meinung bin, die Autofahrer dürften der Politik an keinem Ort mehr monetäre Geständnisse machen. Wir haben, tolerante, und spendable Menschen die wir Autofahrer nun einmal sind, schon viel zu viel Entgegenkommen gezeigt, und in keinem Bereich auch nur einen Milligramm zurückerhalten. Im Gegenteil; die Linken werden mit ihren Forderungen immer dreister, lehnen sich in den hoch subventionierten Bahnwaggons zurück und lachen sich tot.
So sehe ich auch das Ansinnen von Sesselkleber Pascal Couchepin, zur Sanierung der IV interimistisch die Mehrwertsteuer anzuheben. Eigentlich vernünftig, aber das interimistisch kann man glatt vergessen, deshalb nein.
Und so sehe ich das eben auch in der leidigen Raserdebatte. Ja, man kann verstehen, dass es Leute gibt, welche bei schlimmen Ereignissen wegen zu schnellen Fahrens auf Vorsatz plädieren. Aber wenn man den «Blick»-Kampagnen zustimmt, wird man in ein paar Jahren damit rechnen müssen, wegen jeder gröberen Geschwindigkeitsübertretung auch ohne Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer, hinter Gitter gesperrt zu werden. Dies ist keine ideologische Behauptung, sondern eine Erfahrung.
Zurück zum Investitionsvorhaben des Bundesrates für die Strassen. Zweite Röhre am Gotthard nein, klaro. Aber nicht mal zum Ausbau der A1 auf sechs Spuren zwischen dem Birrfeld und Schönbühl hat er sich herabgelassen. Das ist ein ganz dicker Hund. Demnächst werden nämlich die Baumaschinen auffahren, um den Abschnitt Birrfeld - Lenzburg zu sanieren. Am Ende der Sanierung wird das hoch belastete Teilstück weiterhin nur vier Spuren bieten. Dies sollte sich die so genannte Autolobby nicht gefallen lassen, zumal das Geld für den längst fälligen A1-Ausbau auf sechs Spuren von den Autofahrern längst angespart worden ist.

Seit 1979 schreibt der Branchen-Insider Jürg Wick in der Automobil Revue kritisch über automobile- und verkehrspolitische Themen.

08.12.2008

LW-Überholverbote

By Jürg Wick at 08:21 [ Wick zur Strassenlage ]
Ich freue mich; man darf den TCS als Sprachrohr des Strassenverkehrs wieder ernst nehmen. Er wehrt sich nicht nur gegen abstruse Tempolimiten, sondern setzt sich jetzt auch für LW-Überholverbote ein. Die Könige der Landstrasse sind selber schuld, dass es soweit gekommen ist.
Mit Verlaub; bereits im Jahre 1998 hatte ich von der "AR" das OK bekommen, Lastwagenüberholverbote auf Autobahnen zu fordern. Mit wenigstens bescheidenem Erfolg über einige Jahre.

Verschiedene A1-Kantone sind nach und nach der Forderung gefolgt, und haben partielle Überholverbote eingerichtet, allerdings kaum nachhaltig, sondern eher tangamässig. Ich hatte diesbezüglich interessanten Diskussionen mit dem Fuhrhalter Egger in St. Gallen. Eine Kampagne gegen Elefantenrennen, von der ASTAT gut gemeint, brachte ebenfalls nicht den gewünschten Retourn. Die Trucker sind ein eigenes Volk, Verkehrssinn, wie man ihn zuerst von den Kilometerfressern erwarten dürfte/müsste, entwickeln sie nicht. Zugegeben: Von ihrem täglichen Stress erfahren wir wenig. Ja, die Trucker sind "arme Cheiben" haben den Zeitdruck und das Damoklesschwert der vorgeschriebenen Ruhezeiten. Weil der reiche Kanton Zürich angeblich zu wenig Geld hat, sind auf der Route Hamburg-Mailand die meisten Ruheplätze geschlossen worden, eine Kriminalität; nicht zuletzt die Zürcher Unter-Zulieferer sind es, die am meisten von der Globalisierung profitieren. Die Trucker müssen sich beeilen, um vor dem Nachtfahrverbot einen der wenigen Autobahnrastplätze zu erreichen. Monatelang dient der E60-Rastplatz bei Möhlin einzig dem Abstellen von Baumaschinen, für ermüdete Autofahrer und Trucker ist er geschlossen. Vom Sekundenschlaf hat das Astra immer noch nichts gehört. Ein Teufelskreis, "just in Time" lässt grüssen. Ein Scheissdreck, der über alles gesehen niemanden hilft. Aber die Preissensiblen haben es so gewollt.
Ich dachte ursprünglich, die perversen LW`s auf der linken Spur wären vorwiegend "Ausländer", so ist es aber nicht. Hier die Namen der schlimmsten Sünder. Es sind die Unsrigen, "Galliker", "Planzer", "Migros", "Coop" mit Namen. Es sind die, welche am wenigsten von den Fahrverboten betroffen sind, es sind Mitglieder des ASTRA. Sie haben nichts gelernt, verfügen aber über die tollsten Zugmaschinen.
Ich hoffe deshalb, dass die TCS-Initiative gegen die Elefantenrennen etwas bewirkt.
Es beschränkt sich auf die Hauptverkehrsreisezeiten und auf allergische Autobahnabschnitte. Ganz im Sinne einer ausgewogenen Politik. Die SP-Politiker interessiert es nicht. Von dort kommen regelmässig Signale, dass es der Partei am liebsten wäre, wenn sich der motorisierte Verkehr von selbst erstickt. Bis kürzlich schien sich diese Strategie auch noch auszuzahlen. Jetzt hat man selbst in der ersten Klasse bloss noch einen Stehplatz garantiert. Den privaten gegen den öffentlichen Verkehr ausspielen zu wollen funktioniert halt nicht.
Damit wir uns recht verstehen: bei den LW-Überholverboten geht es nicht um den Zeitgewinn der einen oder anderen Partei. Es geht um die Verkehrssicherheit. Truckerrennnen stressen, und gefährden die sicherheitsrelevanten Abstände. Das lohnt sich wegen fünf Minuten Zeitgewinn zwischen Basel und Chiasso nicht.
Ich bin kein Freund von Verboten und Repressionen, gerne rede ich mit Ihnen darüber in einem nächsten Blog. Stichwort Raser.


Seit 1979 schreibt der Branchen-Insider Jürg Wick in der Automobil Revue kritisch über automobile- und verkehrspolitische Themen.


23.11.2008

Die wahren Parasiten (sorry)

By Jürg Wick at 04:41 [ Wick zur Strassenlage ]
Das Thema Raser muss einem vernünftigen Autofahrer auf die Nerven gehen. Und gewisse Kreise nutzen dies genüsslich aus, gehen freudvoll auf den Bundeshausplatz um zu demonstrieren, fordern härtere Strafen. Normale Autofahrer haben keine Chance, sich Gehör zu verschaffen. In einer koordinierten Aktion haben sich die Autohasser des Themas bemächtigt, und sorgen dafür, dass jeder ein schlechtes Gewissen hat, wenn sein Geschwindigkeitsmesser auch nur einen Kilometer mehr anzeigt, als die Polizei erlaubt.
Das macht das Verkehren inzwischen so nervend; keiner ist mehr bei der Sache, jeder hängt seinen Gedanken nach, und hofft, ohne von der Polizei behelligt zu werden, an den Esstisch zu gelangen. An das Gesamtsystem Verkehr wird kein Gedanke mehr verschwendet, was ganz im Sinne der Autohasser ist; nichts ist ihnen wichtiger als den Autofahrern das Autofahren zu verleiden, mit der naiven Vorstellung, sie würden sich so eines Tages widerstandslos in die öffentlichen Verkehrsmittel pferchen lassen. Mit Raserei hat es gar nichts zu tun, Idioten hat es immer gegeben, und sie sterben auch nie aus. Man komme uns nicht mit schärferen Gesetzen, was reiner Aktionismus ist: Glaubt irgendjemand ernsthaft daran, dass sich ein Krimineller Gedanken über das Strafmass macht? Wenn es nicht um Millionen geht, möchte keiner auch nur einen Tag ins Gefängnis.
Dies ist kein ideologisches Statement, sondern eine Erfahrung, die sich geschichtlich nachvollziehen lässt.

Und es funktioniert halt doch nicht: Die Motorisierung hat sich seit den 70er Jahren mehr als verdoppelt - nicht die Zahl der PW`s allein ist gestiegen, sondern die Zahl der Autos pro Einwohner hat sich verdoppelt!
Die ärgsten Parasiten
Gründe dafür gibt es mehrere. Einer davon ist der, dass es für viele Menschen der Lebenstraum schlechthin ist, ein Eigenheim zu haben, was zu der beklagenswerten Zersiedelung geführt hat. Ohne zwei eigene Autos ist das Häuschen in der Prärie nicht zu halten. Einfamilienhausbesitzer sind die grössten Parasiten im Land, sie vernichten zu viel Landfläche, benötigen eine immense Infrastruktur (Strassen), und ihre Behausungen sind bezüglich Energieeffizienz die schlimmsten.
Dies auch an die Adresse der Initianten der peinlichen Off-Roader-Initiative.
Ich gönne jedem sein Eigenheim, plädiere aber mit Verlaub dafür, dass die Autohasser das Problem endlich beim Namen nennen sollten, statt ständig exklusiv auf den Autofahrern herumzuhaken. Dass sie es nicht tun, lässt vermuten, dass viele von ihnen selber zu den grössten Parasiten im Land gehören.


Seit 1979 schreibt der Branchen-Insider Jürg Wick in der Automobil Revue kritisch über automo


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