Leitartikel

Zumwinkel - Alles, was Recht ist

Auch wenn die Empörung über das vermeintlich zu milde Urteil groß ist - die Bewährungsstrafe für den ehemaligen Post-Chef ist juristisch korrekt. Es gibt kein Sonderrecht für straffällige Manager.

ZUM THEMA

Die Bewährungsstrafe gegen den Steuerhinterzieher Klaus Zumwinkel zeuge von einem "unwürdigen Handel mit der Gerechtigkeit", empört sich der ehemalige Bundesrichter Wolfgang Neskovic. Der heutige Fraktionsvize der Linken dürfte mit dieser Ansicht nicht allein dastehen.

Dass der Ex-Post-Chef nicht ins Gefängnis muss, lässt sich für viele nur dadurch erklären, dass es einen Kuhhandel zwischen der Verteidigung und dem Gericht gegeben haben muss.

Richtig daran ist aber nur so viel: Vor der Hauptverhandlung muss es intensiven Kontakt zwischen den Prozessbeteiligten gegeben haben. Dieses spektakuläre Verfahren wäre wohl kaum von vornherein auf nur zwei Verhandlungstage und ohne Zeugenvernehmung angesetzt worden, wenn die Verteidigung nicht klar zu verstehen gegeben hätte, dass der Angeklagte ein volles Geständnis ablegen wird.

Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es auch eine Absprache über das tatsächliche Strafmaß gab. Genauso falsch ist die Vermutung, der prominente Steuersünder komme nur dank Mauscheleien im Hintergrund um den Gang ins Gefängnis herum. Selbst wenn es eine Absprache gegeben haben sollte - was das Gericht bestreitet -, wäre diese für sich genommen nicht ausschlaggebend für die Bewährungsstrafe.

Entscheidend ist, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung überhaupt vorliegen.

Diese Bedingungen sind ohne Zweifel gegeben, weil sich Zumwinkel auf ganzer Linie kooperativ verhalten hat: Der ehemalige Spitzenmanager hat ein lückenloses Geständnis abgelegt; er hat den entstandenen Steuerschaden umgehend beglichen; und er bereut sein Vergehen. Das alles sind Milderungsgründe, die in vielen anderen Steuerstrafverfahren dazu geführt haben, dass der Angeklagte mit einer Haftstrafe auf Bewährung und einer hohen Geldbuße davonkam.

Auch wenn manch einer das Urteil als zu milde empfindet - eine "Lex Zumwinkel" gibt es nicht.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

Aus der FTD vom 27.01.2009
© 2009 Financial Times Deutschland

 

 FTD-Services 

 Nachrichten 

Kommentar

Georg Funke macht Ernst: Der Ex-HRE-Chef streitet vor Gericht um sein Gehalt. mehr

Die Systemfrage - Gastkommentar

Wenn auf Teufel komm raus Unternehmen gerettet werden, beraubt sich die Politik auf Dauer ihrer Handlungsfähigkeit. mehr

Pressestimmen

Die EZB hat den Leitzins auf ein historisches Tief gedrückt - die Kommentatoren sehen das skeptisch. mehr

Leitartikel

Mit der Hilfe für Opel versucht die Politik, einen massiven Verstoß gegen die Regeln der Sozialen Marktwirtschaft zu rechtfertigen. mehr

Die Systemfrage - Kommentar

Marktfundamentalistisch geht es oft nur darum, Umverteilung von unten nach oben zu rechtfertigen. mehr

Leitartikel

Es bleibt irritierend vage, wie die EZB sich für den Fall einer gefährlichen Deflationsspirale rüstet. mehr

Kommentar

Die Krise stellt das bisherige Erfolgsmodell der KP in Frage - sie reagiert mit grundlegenden Sozialreformen. mehr

Pressestimmen zu Steinbach

Die Kommentatoren kritisieren, wie Berlin mit der Vertriebenen-Präsidentin umgesprungen ist. mehr

Leitartikel

Die Zeit des halbwegs harmonischen gemeinsamen Regierens ist endgültig vorbei. mehr

Leitartikel

"Alles ist möglich, anything goes" ist zum anarchistischen Leitmotiv dieser Krise avanciert. mehr

Kommentar

Der Rückzug der Funktionärin aus dem Stiftungsrat des Vertriebenen-Mahnmals ist nur vordergründig ein Erfolg für die Kanzlerin. mehr

Kommentar

Die EZB hat gezeigt, dass sie rigoros gegen zu hohe Inflation vorgeht. Nun muss sie beweisen, dass sie auch eine zu niedrige Teuerung ernst nimmt. mehr

Mehr News aus Kommentare

Kommentare als