Nach dem neuerlichen Amoklauf ist eine kontroverse Debatte ausgebrochen, wie sich solche Vorfälle in Zukunft verhindern lassen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) fordert Besonnenheit.
Eine Verschärfung des Waffenrechts etwa komme für ihn deshalb nicht infrage: Er könne nicht erkennen, wie das die Tat hätte verhindern können. Zuvor hatte SPD-Politiker Hermann Scheer gefordert, Privatleuten den Besitz von Waffen generell zu verbieten. In seinem Wahlkreis hatte sich die Tat ereignet. Der Vater des Amokläufers, ein Mitglied im Schützenverein, hatte Waffen und Munition zu Hause gelagert.
Das Waffenrecht war nach den Amokläufen in Erfurt 2002 und Emsdetten 2006 mehrfach verschärft worden. So ist der Waffenbesitz seitdem erst ab 21 Jahren erlaubt, Mitglieder von Schützenvereinen müssen durch psychologische Gutachten ihre Eignung nachweisen - für Ältere reicht aber eine Bescheinigung des Vereins. Zu Hause müssen die Gewehre und Pistolen sicher abgesperrt gelagert werden, getrennt von der Munition.
Nach Einschätzung der Ermittler soll der Vater die Vorschriften nur "nachlässig" beachtet haben. Laut der Polizeigewerkschaft GdP müssten deshalb vielmehr die Kontrollen verschärft werden als die Gesetze selbst. Auch sollte erwogen werden, den Zugang zu Schulgebäuden durch Chipkarten oder andere elektronische Sperren zu beschränken, schlug GdP-Vorsitzender Konrad Freiberg vor. Die Lehrergewerkschaften lehnten den Vorschlag ab und verlangten den verstärkten Einsatz von Schulpsychologen - allerdings gab es einen solchen an der Albertville-Schule in Winnenden.
Nach Ansicht des SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz zeigen solche Vorschläge nur die Hilfslosigkeit, wie man derartige Gewalttaten verhindern kann. Schulen abzuriegeln sei ebenso wenig sinnvoll wie ein Verbot von Waffenbesitz für Privatleute. Er forderte seine Kollegen zur Zurückhaltung hinsichtlich politischer Forderungen auf. Ähnlich äußerten sich der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering wie auch Innenminister Schäuble: "Ich warne davor zu glauben, es gibt da die schnellen Antworten."
Allerdings hat Schäuble, der sich zuletzt für eine Entschärfung des Waffenrechts starkgemacht hatte, am Donnerstag mehr Kontrolle der Medien verlangt. Man müsse sich fragen, "wie wir stärker den Zugang zu Gewaltdarstellungen in allen möglichen Medien beschränken". Sein bayerischer Kollege Joachim Herrmann (CSU) machte am Donnerstag Computerspiele mitverantwortlich für die Tat. Durch Ego-Shooter, bei denen die Spieler aus der Ichperspektive ihre Gegner mit Waffen virtuell beschießen, werde "die Hemmschwelle der Jugendlichen herabgesetzt", sagte er im Deutschlandfunk. Die bisherige Regelung, dass sie erst an Volljährige verkauft werden dürfen, reiche nicht aus. Nach ersten Erkenntnissen hat der 17-jährige Täter das Spiel "Counter-Strike" besessen. Ob diese weitverbreiteten Computerspiele tatsächlich Gewalttaten fördern, ist unter Forschern umstritten. Manche schreiben ihnen sogar die Wirkung zu, Aggressionen abzubauen.
Aus der FTD vom 13.03.2009
© 2009 Financial Times Deutschland
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