Telekom-Spitzelaffäre

Neue Vorwürfe gegen Ricke und Zumwinkel

In der Telekom-Affäre um die Beschnüffelung von Journalisten belastet offenbar ein ehemaliger Mitarbeiter den ehemaligen Aufsichtsratschef Zumwinkel und den früheren Konzernchef Ricke. Einer Zeitung zufolge gaben beide persönlich den Auftrag, undichte Stellen im Konzern aufzuspüren.

ZUM THEMA

Der ehemalige Deutsche-Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und der frühere Konzernchef Kai-Uwe Ricke sollen einem Zeitungsbericht zufolge den Auftrag gegeben haben, undichte Stellen in der Telekom aufzuspüren. Zumwinkel und Ricke hätten damit persönlich einen Mitarbeiter der Abteilung Konzernsicherheit beauftragt, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Samstagausgabe unter Berufung auf interne Untersuchungsberichte des Konzerns zur sogenannten Spitzelaffäre.

Der Sprecher Rickes sieht in dem Bericht keine neuen Erkenntnisse. Ricke habe dem Aufsichtsrat und dem Vorstandsvorsitzenden erklärt, dass er seinerzeit in Kenntnis des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden dem Leiter der Konzernsicherheit den Auftrag erteilt habe, Vorschläge zu erarbeiten, wie die damaligen "permanenten Indiskretionen" beendet werden könnten. Ein detaillierter Auftrag sei nicht ergangen, sagte der Sprecher. Zumwinkel war zunächst nicht zu erreichen. Er und Ricke hatten Vorwürfe, die Spitzelaufträge stammten von ihnen, stets zurückgewiesen. Die zuständige Bonner Staatsanwaltschaft war ebenfalls nicht zu erreichen.

Ex-Konzernchef Ricke (l.) und der ehemalige Aufsichtsratschef Zumwinkel werden erneut belastet
 Ex-Konzernchef Ricke (l.) und der ehemalige Aufsichtsratschef Zumwinkel werden erneut belastet

Die Telekom selbst hatte Mitte Mai Anzeige erstattet, um das Ausmaß des Missbrauchs von Verbindungsdaten in den Jahren 2005 und 2006 und den oder die Auftraggeber herauszufinden. Ziel der Aktion soll es gewesen sein, die Weitergabe von Interna an die Öffentlichkeit zu verhindern. Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Kern gegen acht Beschuldigte, darunter gegen Ricke und Zumwinkel. Von der Bespitzelung betroffen sind nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft mindestens 60 Menschen. Zu ihnen zählen Aufsichtsräte, Betriebsräte und deren Mitarbeiter, Ex-Personalvorstand Heinz Klinkhammer, Journalisten sowie verschiedene Menschen, die zum damaligen Zeitpunkt nichts unmittelbar mit der Telekom zu tun hatten, darunter auch Verdi-Chef Frank Bsirske.

Klaus T. sollte Lecks aufspüren

Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, der frühere Mitarbeiter der Konzernsicherheit Klaus T., der seit Mitte Dezember in Untersuchungshaft sitzt, habe ausgesagt, er sollte herausfinden, wer im Unternehmen vertrauliche Informationen an Medien weitergegeben hat. Die Anweisung der Konzernspitze sei mit der strikten Anweisung verbunden gewesen, absolutes Stillschweigen über die Ermittlungen, auch gegenüber seinen Vorgesetzten zu bewahren. Aus den internen Untersuchungsberichten gehe jedoch nicht hervor, ob Ricke und Zumwinkel mit dem Mitarbeiter einzelne Ermittlungsmaßnahmen besprochen hätten oder detaillierte Anweisungen ergangen seien. Offen bleibe auch, ob es womöglich ein stillschweigendes Einverständnis für bestimmte Ermittlungsmethoden gegeben habe.

FTD-Informationen vom Dezember zufolge handelt es sich bei Telekom-Mitarbeiter um den Ex-Chef der konzerninternen Sonderabteilung KS 3, Klaus Trzeschan. Er gilt der Staatsanwaltschaft als Organisator der Bespitzelungsmaßnahmen gegen Journalisten, Betriebsräte, führende Gewerkschafter wie DGB-Chef Michael Sommer sowie Manager der Telekom.

Die Telekom wollte mit Blick auf die laufenden Ermittlungen die Behauptungen nicht kommentieren. "Es gibt seitens der Deutschen Telekom keine neuen internen Unterlagen oder Untersuchungsergebnisse", sagte ein Sprecher. "Alle bisher gewonnenen Erkenntnisse sind der Staatsanwaltschaft übergeben worden." Im Mai hatte der Konzern eine Kanzlei mit einer unabhängigen Prüfung der missbräuchlichen Nutzung von Telefonverbindungsdaten beauftragt. Die Kanzlei habe Vorstand und Aufsichtsrat zur Wochenmitte ihren Abschlussbericht vorgelegt, sagte der Sprecher. "Die Gremien stimmen überein, dass eine Veröffentlichung derzeit nicht vorgesehen ist."

Kursinformationen

Name Aktuell
% abs.
DEUTSCHE TELEKOM AG .. 9,60 EUR 1,96 % 0,19
Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

FTD.de, 07.02.2009
© 2009 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

 FTD-Services 

 Nachrichten 

Hintergrund

Die Urform des elektronischen Papiers wurde in den 70er Jahren am Forschungsinstitut Xerox Parc erarbeitet. mehr

Bilderserie

Jetzt kommende die ersten E-Books auch in Deutschland in den Handel. FTD.de stellt sie vor. mehr

Suchmaschinen-Tuning

Eine neue Suchmaschine versetzt die Blogosphäre in Aufregung, die Google das Fürchten lehren soll. mehr

Mobilfunktarife

Ein Parlamentsausschuss hat der geplanten Preissenkung zugestimmt. mehr

Wegen Wirtschaftskrise

Bestenfalls erreicht der US-Chiphersteller im ersten Quartal die Gewinnschwelle. mehr

Anschlussprobleme für Internetanbieter

Die Übernahmegespräche mit dem Bezahlsender BSkyB wurden abgebrochen. mehr

Interview

Der Smartphone-Hersteller HTC setzt sich trotz weltweiter Konjunkturschwäche ambitionierte Ziele. mehr

Telekom-Sorgenkind

In diesem Jahr will Spartenchef Reinhard Clemens die Gewinnmarge verzehnfachen. mehr

Rückläufige Besucherzahlen

Weniger Besucher, dafür ein besseres Umfeld für Geschäftskunden: Die Computermesse endet mit einer positiven Bilanz. mehr

Ein Fünftel weniger Besucher

Die Zahl der Aussteller sank ebenfalls drastisch - und auch künftig dauert die Cebit nur noch fünf Tage. mehr

Vernetzte Welt

Warum Patientendaten eine unsichere Zukunft haben. mehr

Aktuelle Smartphone-Trends

"Mobiles Internet" ist gefragt. Die passenden Geräte dafür sind auf der Cebit zu sehen. mehr

Mehr News aus IT+Telekommunikation

IT+Telekommunikation als