Balduin V. Insulanus                       Graf von Flandern (1035-1067)
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um 1012-1.9.1067
                Lille

Begraben: Lille
 

Einziger Sohn des Grafen Balduin IV. Schönhaar von Flandern aus seiner 1. Ehe mit der Otgiva von Luxemburg, Tochter von Graf Friedrich
 

Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1370
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Balduin V., Graf von Flandern
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     + 1067

Begraben: in seinem Herrschaftszentrum Lille

  oo Adela, Schwester Heinrichs I. von Frankreich

Vor seinem Herrschaftsantritt lehnte sich Balduin mit Hilfe des Herzogs der Normandie gegen seinen Vater Balduin IV. auf. Die Versöhnung fand möglicherweise während der Verkündigung des ältesten bekannten flandrischen Gottesfriedens (1030) statt. 1035 folgte Balduin seinem Vater nach, dessen Expansionspolitik gegen das Imperium er fortsetzte. Vermutlich 1045 übertrug ihm König HEINRICH III. Grenzgebiete um Ename und Valenciennes. Der Expansionsdrang Balduins, der sich mit Gottfried dem Bärtigen, Herzog von Ober-Lothringen, und Dietrich IV., Graf von Holland, gegen das Imperium verbündete, wurde von einer Gegenoffensive HEINRICHS III. (1049) nur kurzzeitig unterbrochen. Ohne kaiserliche Erlaubnis vermählte sich Balduins ältester Sohn Balduin VI. 1051 mit Richilde, Witwe des Grafen von Henneberg. Erst nach gegenseitigen Kriegszügen erfolgte 1056 die Belehnung Balduins VI. mit Hennegau. 1063 heiratete Balduins 2. Sohn Robert die Witwe des Grafen von Holland, Gertrud. Der flandrische Graf stand auf dem Gipfel seiner Macht: Durch Verfügung König Heinrichs I. von Frankreich erhielt er als Schwager des Königs nach dessen Tod (+ 1060) die Regentschaft für den minderjährigen Thronfolger Philipp.


Brandenburg Erich: Tafel 4 Seite 8
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"Die Nachkommen Karls des Großen"

IX. 51 a. BALDUIN V. INSULANUS, Graf von Flandern 1035
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* ca. 1012, + 1067 1. IX..

Gemahlin:
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1028
Adelheid, Tochter König Roberts II. von Frankreich,
Witwe Richards III. Herzog der Normandie (siehe XI. 245.)
       + 1079 8. I.

Anmerkungen: Seite 131
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IX. 51. Balduin V.

Geburtszeit: Er hat schon vor dem Tod des Vaters (1035) Regierungshandlungen ausgeübt, muß also damals über 15 Jahre alt gewesen sein; andererseits kann die Heirat seiner Mutter nicht viel früher als 1012 angesetzt werden, da sonst ihr Alter zu stark von allen übrigen Geschwistern abweichen würde (siehe IX. 22f.).
Daß Balduin schon 1028 heiratete, noch dazu eine Witwe, beweist an sich kein heiratsfähiges Alter. Adele war als kleines Kind an Richard von der Normandie verheiratet worden und könnte ebenso wie Balduin ein Kind gewesen sein, als sie zum zweiten Male verheiratet wurde. Ihr ältester Sohn muß aber um 1030 geboren sein (siehe X 59).
Sonst siehe Vanderkindere I, 298 f.



Thiele, Andreas: Tafel 26
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

BALDUIN V. "DER FROMME"
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* um 1012, + 1067

Sohn des Grafen Balduin IV. Schönbart

Balduin V. Insulanus folgte 1035 in Flandern-Reichsflandern, stand jahrelang gegen die Herzöge von Nieder-Lothringen, die Vertreter der kaiserlichen Herrschaftsansprüche. Ihm gelang bereits im Jahre 1033 die Eroberung und Schleifung der Grenzfeste Eename. Er besetzte 1045 die Mark Antwerpen und förderte 1046 entscheidend die Rebellion von Hennegau, Holland und Brabant gegen Kaiser HEINRICH III. Balduin konnte 1051 nach dem Tode des Grafen Hermann von Hennegau seinen gleichnamigen Sohn mit dessen Witwe Richilde verheiraten und damit die Voraussetzungen für eine künftige Vereinigung des Hennegau mit Flandern schaffen, der die wenige Jahre später erfolgte Ausschaltung der Kinder Richildes endgültig den Weg bahnen sollte. Im Jahre 1053 fiel er erneut ins Reich ein und verheerte Besitz der Lütticher Kirche. Sein Sohn Balduin kam ihm, von Hennegau her operierend, bei diesem Vorstoß gegen das stärkste Bollwerk des Reiches in Nieder-Lothringen zur Hilfe; die Einäscherung von Thuin und Huy markierte die Erfolge. Auf dem Kölner Hoftag im Dezember 1056 huldigte er dem jungen König HEINRICH IV. und erhielt für die Gebiete, die das sogenannte Reichsflandern ausmachten, die Bestätigung. Damit wurde die für die Selbständigkeit Flanderns günstige Doppelstellung des Grafen zwischen Frankreich und den von den deutschen Königen beherrschten Reich weiter gefestigt. 1060-1067 war er als Vormund für König Philipp I. Regent von Frankreich und nutzte diese Position rigoros für die eigenen Ziele aus. Er unterstützte 1059 den abgesetzten Herzog Gottfried II. von Nieder-Lothringen, fiel mehrmals plündernd in Lothringen ein, stand ständig gegen die expandierende Normandie und gab zeitweise den Fürsten von Wessex Asyl. Ab 1066 unterstützte er aber den Schwiegersohn bei der Gewinnung Englands und festigte die Landesherrschaft konsequent. Er brachte im Streit mit Hennegau das Bistum Cambrai in Abhängigkeit, machte sich sehr verdient um die Urbarmachung großer Sumpfgebiete und förderte in starkem Maße die Kirche und Klöster. Städte mit Handel und Gewerbe blühten weiter auf, besonders Brügge und Gent. Er besaß im Raum Nieder-Lothringen größtes Ansehen und trug entscheidend dazu bei, dass sich dieser Raum mehr und mehr vom Deutschen Reich zu lösen begann.

  oo 1028
       ADELHEID VON FRANKREICH
                + 1079

Tochter des Königs Robert II. der Fromme, Witwe des Herzogs Richard III. von der Normandie (+ 1027)



Ehlers Joachim: Seite 53,66,70
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"Die Kapetinger"

Graf Balduin V. von Flandern, Schwager des französischen Königs, trat dieser Allianz bei. Als Teile des normannischen Adels im Winter 1046/47 gegen ihren Herzog aufstanden, akzeptierte Heinrich I. den Bündnisfall und hatte große Verdienste beim Niederkämpfen der Opposition in der Schlacht bei Val-es-Dunes (Dep. Calvados) im Januar 1047.
Heinrich I. hatte seinen Schwager Balduin, Graf von Flandern, für die Regentschaft vorgesehen, einen der mächtigsten Fürsten auf dem Boden des ehemaligen westfränkischen Reiches. Balduin erkannte den französischen König als seinen Oberlehnsherrn an, verhielt sich aber ebenso unabhängig wie die Herren der übrigen Prinzipate des Reiches und suchte diese Stellung durch Bündnisse zu sichern. Das Wichtigste hatte er zu Herzog Wilhelm von der Normandie geknüpft, der Balduins Tochter Mathilde zur Frau genommen hatte. Nun gab die Regentschaft dem Grafen von Flandern die Möglichkeit, sich gegenüber anderen Fürsten repräsentativ und effektiv zu stärken, indem er für den König handelte, also königliche Rechte wahrnahm. Dazu gehörten Eidesleistungen, die er von den Großen forderte und erhielt, vor allem aber eine Art Umritt in Begleitung des jungen Königs durch zentrale Orte der Krondomäne (Dreux, Paris, Senlis, Etampes, Orleans); hierbei scheint es auch um die Niederschlagung lokaler Opposition gegangen zu sein.
Balduin V. hatte seinen Einfluß auf die Belange des Königtums zunächst mit der Königin-Mutter Anna zu teilen, die offenbar als consors regni auftrat und akzeptiert wurde (Prou, Seite 40, Nr. 13), bis sie, wohl schon 1061, eine zweite Ehe mit dem Grafen Rudolf von Valois schloß und daraufhin vom Hof verdrängt wurde.
Als Schwiegervater Herzog Wilhelms konnte (und wollte?) Graf Balduin V. von Flandern das Unternehmen nicht verhindern, wenngleich seine Pflichten gegenüber dem damals 14-jährigen Philipp I. wenigstens den Versuch gefordert hätten.
 
 
 
 

 1028
  oo 2. Adela von Frankreich, Tochter des Königs Robert II.
          1014-8.1.1089

     1. oo Richard III. Herzog der Normandie
                    -6.8.1027
 
 
 
 

Kinder:

  Balduin VI.
  ca 1030-17.7.1070

  Robert I. der Friese
  ca 1035-3.10.1093

  Mathilde
  ca 1032-2.11.1083

 1053
  oo Wilhelm I. König von England
       1027-8./9.9.1087
 
 
 
 

Literatur:
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Adam von Bremen: Hamburgische Kirchengeschichte. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 196,366 - Black-Veldtrup Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995 Seite 14,189 - Boshof Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 103,143,146,166 - Boshoff, Egon: Lothringen, Frankreich und das Reich in der Regierungszeit Heinrichs III. in: Rheinische Vierteljahresblätter 42 (1978), Seite 63-127 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 4 Seite 8 - Douglas David C.: Wilhelm der Eroberer. Diederichs Verlag München 1994, Seite 55,83-85,184,193,217,398,399 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I, Seite 163,266,420,423,442,532/ Band II Seite 386 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 53,57,66,70,109 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 87, 102,104,106,113,116,118 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 74,76 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 43 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 325,328 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 22,23,140 - Hermann von Reichenau: Chronicon. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 684,690,706 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II., Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 Band I Seite 509,528 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 18 - Jäschke Kurt-Ulrich: Die Anglonormannen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln Mainz 1981 Seite 44,71,72,73,88,89, 90 - Lampert von Hersfeld: Annales/Annalen Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 2000 Seite 50,136-140 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 16-21 - Meyer von Knonau, Gerold: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1890 Band I Seite 2,6,17, 235-236,237,373-374,572-573/ Band II Seite 25,36,38,59 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 85/Band II Seite 22,30 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001Seite 832 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 134 - Schmiele, Emil: Robert der Friese, Dissertation Sondershausen 1872 - Steindorff, Ernst: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich III., Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1963 Band I Seite 86,145,226,227,228, 442/Band II Seite 5,6,7,15,19,32,33,44,66-69,83,84,91,107,151,223,272,276,280,304,317,341 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 26 - Weinfurter Stefan: Herrschaft und Reich der Salier. Grundlinien einer Umbruchszeit. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992, Seite 91 -