Sohn des N.N.
eigentlich Johannes Gratianus Pierleoni
Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 1668
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Gregor VI., (Johannes Gratianus) Papst vom 1.5.1045-20.12.1046
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+ ca. November 1047
Köln
Der persönlich untadelige Erzpriester von S. Giovanni
a Porta Latina übernahm von dem infolge stadtrömischen Unruhen
in seiner Stellung angefochtenen TUSKULANER-Papst Benedikt IX. die
päpstliche Würde gegen eine ansehnliche finanzielle Abfindung.
Von den römische Reformkreisen freudig begrüßt, fand er
über Rom und Italien hinaus auch in Deutschland und Frankreich Anerkennung.
Infolge der simonistischen Begleitumstände seiner Erhebung wurde Gregor
VI. jedoch auf der unter Vorsitz HEINRICHS
III. tagenden Synode zu Sutri (20. Dezember 1046) - möglicherweise
in Form einer Selbstverurteilung - abgesetzt und anschließend in
die Verbannung nach Deutschland geschickt, wohin ihm sein Kaplan Hildebrand
(Gregor VII.) folgte.
Er war Pate Benedikts IX. und entstammte dem -
den Grafen von Tusculum verwandten - reichen jüdischen Haus der PIERLEONI.
Es erscheint hier der eigenartig zwiespältige Fall, dass ein persönlich
unsträflicher, hochangesehener, allen Reformbestrebungen nahestehender
Priester durch einen schamlosen simonistischen Handel die Papstwürde
erlangte, um, wie glaubhaft ist, einem an die äußerste Grenze
gelangten moralischen Tiefstand ein Ende zu bereiten, indem er Benedikt
IX.
die Papstwürde abkaufte. Darin liegt die menschliche wie geistliche
Tragödie Gregors VI. Ohne die
simonistischen Einzelheiten zu kennen, priesen die führenden Kreise
der Reform den Papst als neue Hoffnung. Rom, Italien, Deutschland und Frankreich
anerkannten ihn, und der Kirchenlehrer Petrus Damiani, sowie die Cluniazenser
begrüßten ihn voller Begeisterung - auch sie ohne Kenntnis der
simonistischen Vorgänge.
Doch Ruhe herrschte noch immer nicht. Sowohl Benedikt
IX. wie Sylvester III. besaßen Anhang und konnten je nach
Konstellationen jederzeit wieder erscheinen. So erging ein Ruf an HEINRICH
III., der möglicherweise von dem allgemein verehrten Eremiten
Gunther geschrieben worden ist. Auch Odilo von Cluny könnte den König
gerufen haben. Der Papst reiste zum König nach Piacenza, wo dieser
die näheren Umstände der Papsterhebung erfuhr und zwei Synoden
nach Sutri und Rom berief. Auf beiden Synoden wurden die drei Päpste
oder Gegenpäpste abgesetzt, wobei eine freiwillige Abdankung Gregors
VI. aus dem Geiste der Reform sehr
wahrscheinlich ist. Er wurde nach Köln in die Verbannung geschickt
- in Bekleidung des jungen Mönches Hildebrand, des kommenden
Retters des Papsttums. Benedikt IX. war nicht greifbar, Silvester
durfte
erstaunlicherweise wieder Bischof werden.
Literatur:
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Adam von Bremen: Hamburgische Kirchengeschichte.
in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters
Band XI Seite 310,334 - Goez Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien.
Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag
Sigmaringen 1995 Seite 146 - Golinello, Paolo: Mathilde und der
Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf 1998 Seite 87,90,161,210
- Hermann von Reichenau: Chronicon. in: Ausgewählte Quellen
zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 678-682 - SCHWABEN
UND ITALIEN IM HOCHMITTELALTER. Vorträge und Forschungen Band LII
Jan Thorbecke Verlag Stuttgart 2001 Seite 134 -