STAMMTAFEL im Anhang Band IX des Lexikons des Mittelalters
EUROPÄISCHE STAMMTAFELN NEUE FOLGE BAND I.1 Tafel 12
Stammtafel der Salier:
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"Im Reich der Salier" Seite 284
"Die Salier und das Reich" Band I Seite 16
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 1300
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SALIER
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Mittelrheinisches Adelsgeschlecht, deutsches Königs- und Kaiserhaus
[1] HERKUNFT UND ANFÄNGE
Ahnherr des im rheinfränkischen Raum begüterten Adelsgeschlechts ist ein Graf Werner, der Ende des 9. Jh. im Worms-, Nahe- und Speyergau bezeugt ist. Verwandtschaftliche Beziehungen zu dem im Moselraum ansässigen WIDONEN-LAMBERTINERN weisen es als Zweig einer der führenden fränkischen Adelsfamilien des 7./8. Jh. aus., deren italienische Linie mit WIDO II. VON SPOLETO zeitweilig sogar die Kaiserwürde errang. Der keineswegs geradlinig verlaufende Aufstieg der Familie vollzog sich, wie deren Leitnamen erkennen lassen, in enger Anlehnung an die königliche Zentralgewalt. War Graf Werner mit einer KONRADINERIN, vermutlich einer Schwester KONRADS I., vermählt, so heiratete dessen Sohn Konrad der Rote (+ 955), mit dem die salische Dynastie historisch faßbar wird, Liutgard, eine Tochter OTTOS DES GROSSEN. Die Verleihung des Herzogtums Lothringen (944) eröffnete ihm den Zugang zur Reichspolitik. Infolge seiner Beteiligung am Liudolfingischen Aufstand wurde ihm zwar das Herzogtum wieder entzogen, doch vermochte er die Dukatstellung um Worms zu behaupten. Durch eine zielstrebig betriebene, sich auf Grafschaften und Kirchenvogteien stützende Territorialpolitik konnte unter Konrads Sohn Otto "von Worms" (+ 1004) die salische Stellung am Mittelrhein weiter ausgebaut werden. Zwar mußte im Zuge des Ausgleichs mit Heinrich dem Zänker das von OTTO II. verliehene Herzogtum Kärnten wieder abgegeben werden, doch wurde dieser Verzicht mit rheinischen Besitzungen entschädigt. Obgleich Otto "von Worms" als Enkel OTTOS DES GROSSEN selbst berechtigte Erbansprüche auf den Thron hatte, verzichtete er zugunsten HEINRICHS II., der daraufhin Kärnten zurückgab. Nach dem Tode seines ältesten Sohnes Heinrich "von Worms" wurde die Hauptmasse des salischen Besitzes auf dessen Bruder Konrad "von Kärnten" (+ 1011) übertragen. Heinrichs Sohn KONRAD DER ÄLTERE, der am Hofe Bischof Burchards I. von Worms erzogen wurde, war somit vom Erbe weitgehend ausgeschlossen.
[2] NAME
Die Bezeichnung SALIER für das deutsche Königsgeschlecht taucht vereinzelt im 12. Jh. auf und findet erst im späteren Mittelalter weitere Verbreitung. Vermutlich wurde sie in Erinnerung an den Hauptstamm der Franken gewählt. Diese Anknüpfung an einen Volksstamm markiert einen Wendepunkt gegenüber den personenbezogenen Geschlechterbezeichnung der Frühzeit und den seit dem hohen Mittelalter üblichen ortsbezogenen Benennungen. Im Bestreben, eine gemeinsame Abstammung von STAUFERN und SALIERN zu erweisen, sprach Otto von Freising mit Blick auf die salischen Herrscher von den 'HEINRICHEN' VON WAIBLINGEN (Gesta Friderici I. imp. II, 2). Bereits vor ihrer Königszeit lassen die SALIER ein ausgeprägtes dynastisches Bewußtsein erkennen. Der kaiserliche Kapellan und Historiograph Wipo bezeugt um die Mitte des 11. Jh. die Vorstellung von einem 'Haus' der SALIER (Gesta Chuonradi c. 2) In den SALIERN medaillions des "Liber aureus" von Prüm (Stadtbibl. Trier, Cod. 1709) und im SALIER-Stemma der Chronik (Rez. III) Ekkehards von Aura (Staatsbibliothek Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Cod. lat. 295, fol. 81) äußerte sich zu Beginn des 12. Jh. ein spezifisches SALIER-Bewußtsein. Seinen überzeugendsten Ausdruck fand dieses jedoch in der von HEINRICH III. veranlaßten Ausgestaltung des Speyerer Doms zur Königsgrablege.
[3] ERWERB UND BEHAUPTUNG DER KÖNIGLICHEN WÜRDE
Der kinderlose Tod HEINRICHS II. (1024) gab den entscheidenden Anstoß zum Aufstieg des SALIER zum Königtum. Erb- und geblütsrechtliche Übberlegungen dürften den Ausschlag gegeben haben, dass sich die salischen Vettern KONRAD DER ÄLTERE und Konrad der Jüngere gegenüber den anderen Thronprätendenten durchzusetzen vermochten. Nach dem Verzicht des jüngeren Konrad wurde KONRAD DER ÄLTERE (KONRAD II.)mit Unterstützung der von Erzbischof Aribo von Mainz angeführten Fürstengruppe zu Kamba im Rheingau zum neuen König gewählt. Die Regierung KONRADS II. läßt trotz des Bestrebens, die Kontinuität zur liudolfingischen Herrschaft zu wahren, eine Tendenz zur Steigerung der herrscherlichen Gewalt erkennen. Der Sicherung der salischen Dynastie diente 1028 die Erhebung des Thronfolgers HEINRICHzum Mit-König. Unter HEINRICH III.erreichte das sich auf die Einheit von regnum und sacerdotium gründende theokratische Königtum einen Höhepunkt. Gemeinsam mit dem Papsttum förderte er die Kirchenreform. Im Aufbegehren des sich in seinen Herrschaftsrechten übergangen fühlenden Adels kündigten sich gegen Ende seiner Regierungszeit jedoch erst Symptome einer tieferliegenden Krise an. HEINRICH IV. vermochte zwar die während seiner Minderjährigkeit eingetrenen Einbußen der Reichsgewalt nicht mehr wettzumachen. In Auseinandersetzung mit Fürstenopposition und Reformpapsttum versuchte er jedoch beharrlich, die Rechte der Krone zu behaupten. Nach dem Sturz seines Vaters setzte HEINRICH V. dessen Politik im sächsisch-thüringischen Raum fort, ohne zu einem Ausgleich mit dem aufstrebenden Territorialfürstentümern zu gelangen. Der Kompromiß des Wormser Konkordats (1122) sicherte dem deutschen Königtum jedoch auch künftig einen Einfluß auf die Reichskirche. Mit dem Tode HEINRICHS V. 1125 war das Haus der SALIER nach 100-jähriger Herrschaft im Mannesstamm erloschen.
[4] BEDEUTUNG
Die sich über 4 Generationen erstreckende Herrschaft der SALIER fällt in eine zeit tiefgreifender, nahezu alle Lebensbereiche erfassender wandlungen. Mit großer Zielstrebigkeit und der dem Geschlecht eigenen Härte haben die SALIER ihre Machtposition ausgebaut und gegen innere und äußere Widerstände zu behaupten versucht. Getragen von einem untrüglichen Gefühl für die Würde der königlichen Majestät waren sie bestrebt, dem Königtum eine neue Basis zu verschaffen. Bei der Indienstnahme aufstrebender sozialer Schichten wie Ministerialität und Stadtbürgertum, bei der Förderung der Landfriedensgesetzgebung wie beim Rückgriff auf das römische Recht wurden durchaus neuartige Wege beschritten. Damit wurde zugleich das Vordringen eines transperonalen Staatsgedankens begünstigt. Durch ihr beharrliches Bemühen um Wahrung der Rechte der Krone haben sieSALIER die Voraussetzungen für die Erneuerung der Königsmacht unter den STAUFERN geschaffen.
Literatur:
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H. Bresslau; JDG K. II. Bd. 2, 1884, 519f. - H. Schreibmüller,
Die Ahnen Ks. Konrads II. und Bf. Brunos von Würzburg (Herbipolis
jubilans [= Würzburger Diözesangesch. sbll. 14715, 1952/53]),
173-233 - O. Engels, Der Dom zu Speyer im Spiegel des sal. und stauf. Selbstverständnisses,
Archiv für mittelrhein. Kirchengesch. 32, 1980, 27-40 - W. Metz, Das
älteste Nekrolog des Speyerer Domstifts und die Todesdaten sal. Kgs.kinder,
ADipl 29, 1983, 193-208 - K. Schmid, Die Sorge der S. um ihre Memoria (Memoria,
hg. Ders. - J. Wollasch, 1984), 666-726 - E. Boshoff, Die S., 1978 [Lit.]
- Die S. und das Reich, 3 Bde, hg. St. Weinfurter, 1991.
Trillmich Werner: Seite 124
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"Kaiser Konrad II. und seine Zeit"
Urahnen der SALIER
gehörten zum fränkischen Reichsadel, der im Auftrage der KAROLINGER
während
des 8. Jahrhunderts von Mosel und Saar nach dem Osten bis an die Grenzen
Schwabens, Bayerns und Thüringens mit Krongut ausgestattet wurde,
um neu gewonnene Landstriche durch Kolonisation und Christianisierung dem
wachsenden Reiche fest und dauerhaft einzugliedern. Sie entstammten also
zur Herrschaft befähigten Geschlechtern, die mit ihrem Königshause,
dem sie sich ebenbürtig fühlten, Eheverbindungen einzugehen pflegten.
Aufschlußreich für die Herkunft aus dieser Führungsschicht
ist ein Blick auf die jahrhundertelang recht gleichbleibenden Besitzverhältnisse
am Mittelrhein. Allerdings müssen wir uns mit Zufallserwähnungen
begnügen, denn urkundlich werden Rechtstitel leider fast nur bei ihrer
Veräußerung an Kirchen und Klöster überliefert.
Im 10. Jahrhundert lagen die aus Reichsgut hervorgegangenen
Allodien der SALIER vornehmlich
im Worms-, Speyer-, Nahe- und Bliesgau. Kloster Hornbach bei Zweibrücken
war eins der Eigenklöster. In den Gauen am Rhein verfügten sie
über Grafschaftsrechte, als Vögte der Reichsabteien Weißenburg
und Lorsch über bedeutende Kirchenlehen. In Worms und Speyer gehörten
ihnen befestigte Herrenhöfe in der Nähe der bischöflichen
Pfalzen. Auch verfügten sie dort über Vogteirechte. Durch Rodungen
erschlossen sie Waldgebiete der Haardt, des Pfälzer Berglandes und
des Heiligen Forsts im nördlichen Elsaß. An den Hängen
westlich der rheinischen Tiefebene wurden während der Bedrohung durch
Normannen und Ungarn Befestigungen errichtet, darunter Burg Stauf bei Kirchheimbolanden.
Auch die Limburg an der Haardt setzte man damals instand. Dazu kamen rechts
des Rheins Ländereien im Kraichgau, in Hessen und an der Lahn. Die
Zahl ritterlicher Vasallen, aus deren Mitte die SALIER
besonders tüchtige Männer als Vizegrafen zu Verwaltungsaufgaben
heranzogen, muß beträchtlich gewesen sein. Wie sie diese ausgedehnten
Allodien und Lehen auf sich vereinigten, ist nicht nachweisbar, doch kann
wenigstens gesagt werden, welche Familienverbindungen dazu beigetragen
haben müssen.
Seit Karl Martell spielten am Mittelrhein die robertinischen
Vorfahren der KAPETINGER, denen Lorsch
seine Gründung verdankt, eine führende Rolle, bis es ihnen während
der Kämpfe zwischen LUDWIG DEM FROMMEN und
seinen Söhnen um 836 ratsam erschien, eine neue Machtgrundlage in
W-Europa aufzubauen. Kriegskundige Männer aus der ihnen in Rheinfranken
eng verbundenen Familie der WIDONEN-LAMBERTINER
betätigten sich zur selben Zeit in der Bretonenmark und in Italien.
Dort verstarb LAMBERT, der letzte dieser
Abenteurer, im Jahre 898 als Träger der Kaiserkrone. Die in den heimatlichen
Grundherrschaften zurückgebliebenen Verwandten verloren unter Ludwig
dem Deutschen allen politischen Einfluß, behaupteten aber
durch Heiraten untereinander ihre stattlichen Vermögen fast ungeschmälert.
Als Erbe beider Sippen erscheint nach 900 Werner, der Graf im
Worms-, Speyer-,Nahegau und Nachfahre gleichnamiger Grafen
im Oberrhein- und Ladengau, deren Lebenszeit nicht eindeutig bestimmbar
ist. Sein Sohn Konrad der Rote sollte den Aufstieg des salischen
Hauses
einleiten. Die Namen Werner und Konrad sind Leitnamen der KONRADINER,
die vornehmlich Grafschaften an der Lahn, in Hessen und der Wetterau innehatten.
Trotz mancher Rückschläge hatten sich SALIER
in Kirche, Kampf, Politik und Verwaltung rühmlich hervorgetan. Sie
besaßen Selbstbewußtsein, Machtwillen und Ehrgeiz, standen
dem Throne der LIUDOLFINGER nahe, waren
ihnen, sowie den königlichen Häusern Frankreichs und Burgunds
verwandtschaftlich verbunden. Wichtige Aufgaben in Deutschland und Italien
hatten ihr stattliches Vermögen gemehrt. Überdurchschnittliche
Bildung zeichnete die geistlichen Familienmitglieder aus. Wie andere Adelssippen
verfolgten sie rücksichtslos, heißblütig, kampfesfroh den
eigenen Vorteil und scheuten niemals davor zurück, ihr Eigenrecht
zu verteidigen, notfalls sogar gegen den König. Unbeugsam, aber stets
um Gerechtigkeit bemüht, vernachlässigten sie doch zuweilen die
Kunst des versöhnlichen Ausgleichs. Der Geist frommer Kirchlichkeit
fehlte ihnen gewiß nicht.
Weinfurther Stefan:
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"Herrschaft und Reich der Salier" 1992
1. Kapitel
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HERKUNFT, HAUS UND ADELSHERRSCHAFT DER SALIER
Am 4. September 1024 wurde in Kamba - einem heute nicht
mehr existierenden, gegenüber Oppenheim gelegenen rechtsrheinischen
Ort - ein neuer König gewählt: KONRAD
II. aus dem Geschlecht, das man später SALIER
nannte.
Wer waren die SALIER?
Der Name reges salici selbst bringt hier zunächst wenig Aufschluß,
denn er ist uns erst aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts überliefert
und scheint kaum weiter zurückzureichen. Wie der Name zustandekam,
ist nicht unumstritten. Möglich wäre eine Ableitung von sal =
Herrschaft, was sich auf die bei den SALIERN
deutlich hervortretende - schon von den Zeitgenossen empfundene - Tendenz
zur "Befehlsherrschaft" bezeichnen könnte. Wahrscheinlicher aber ist
der Bezug auf den vornehmsten Volksstamm der Franken, der diesen Namen
trug. Die lex Salica, das Volksrecht des Stammes, hat das Bewußtsein
davon über die Jahrhunderte erhalten. Die salischen
Herrscher
waren (Rhein-) Franken, und da Wipo, der Biograph
KONRADS
II., dessen Herkunft mütterlicherseits auf die fränkischen
Königshäuser zurückführte, könnte es sein, dass
man den Namen SALIER deshalb auf das
Geschlecht KONRADS II.übertrug.
Streng genommen dürften wir also nur die Kaiserreihe von ihm bis zu
HEINRICH
V. als "SALIER"
bezeichnen, aber die Geschichtswissenschaft hat diesen Namen längst
auf die Vorfahren im 10. Jahrhundert ausgedehnt, und so wird auch in unserer
Darstellung verfahren.
Wipo spricht in seiner um 1044/45 entstandenen Biographie
also noch nicht von "SALIERN".
Bei ihm heißt es über diese Familie: "Es waren zwei Männer
namens Konrad" - und damit meint er die beiden Verwandten, die in Kamba
1024 in die engste Wahl gekommen waren -, "deren einen man wegen seines
höheren Alters denälteren Konrad
nannte; der andere hieß Konrad der Jüngere. Beide waren
hochedle Herren aus dem rheinfränkischen Gebiet, und sie waren die
Söhne von zwei Brüdern. Ihre Väter hießen Heinrich
und Konrad. Diese beiden Väter wiederum waren Söhne des
Herzogs
Otto von Franken,
der noch zwei weitere Söhne hatte:
Bruno
und
Wilhelm.
Bruno wurde Papst und hieß dann Gregor
V. Wilhelm hat als Bischof [1029-1046] die Straßburger
Kirche nachhaltig gefördert. Nun waren aber die beiden Konrade
nicht nur von Vaters Seite her von so hohem Adel, wie erwähnt; nicht
weniger erlaucht waren sie auch von der Seite der Mütter her. Konrads
des Jüngeren Mutter Mathilde stammte nämlich von einer
Tochter König Konrads von Burgund
ab. Die Mutter Konrads des Älteren
hieß
Adelheid und entstammte einem sehr vornehmen Geschlecht
Ober-Lothringens. Sie war die Schwester der Grafen Gerhard und Adalbert,
die ständig mit Königen und Herzögen den Kampf aufnahmen
und schließlich selbst in der Zeit ihres Verwandten,
König
KONRADS [II.], nur schwer Ruhe gaben. Ihre Ahnen sollen dem
alten Haus der Könige von Troja entstammen, die unter dem heiligen
Bekenner Remigius ihren Nacken unter das Joch des Glaubens beugten."
Auf berühmte Herkunft aus Königshäusern
wird also verwiesen, und über seine Mutter Adelheid, so besagt
diese Stelle, könne sich KONRAD II.
auf das Geschlecht der
MEROWINGER,
des fränkischen Königshauses, das man von Troja herleitete, zurückführen.
Der MEROWINGER-König Chlodwig
war es, der 496 von Bischof Remigius von Reims (ca 462-533) die Taufe empfangen
hatte. Auffällig an dieser im Umkreis des salischen
Hofes entstandenen genealogischen Einordnung ist der Verzicht darauf, die
Verwandtschaft mit den "OTTONEN", dem
vorangegangenen Königsgeschlecht, zu erwähnen, obwohl doch die
Urgroßmutter des ersten salischen Königs,
Liudgard,
eine Tochter OTTOS DES GROSSEN (936-973)war.
Auffällig ist auch, dass die väterliche Herkunft überhaupt
nur bis zu Herzog Otto "von Franken" zurückverfolgt wird, nicht
aber noch bis zu dessen berühmten Vater, Herzog Konrad dem Roten,
den Schwiegersohn OTTOS DES GROSSEN,
der im ottonischenFamilienverbund aufgestiegen
war. Dass man über die bis zu ihm reichenden genealogischen Zusammenhänge
zweifellos zur Zeit Wipos Bescheid wußte, belegt schon die Tatsache,
dass Konrad der Rote wie seine Nachkommen in der Hausgrablege im
Wormser Dom bestattet war und sein Andenken also gepflegt wurde. Diese
Beobachtungen deuten an, dass im Bewußtsein des früh-salische
Königshauses eine eher distanzierte Haltung zum ottonischen
Königtum bestanden hat und dass die Machtstellung väterlicherseits
eher in ihrer adlig-herzoglichen Begründung gesehen wurde. Auf diese
Überlegungen werden wir im Zusammenhang mit der Wahl KONRADS
II.nochmals zurückkommen.
Mit dieser bei Wipo nur kurz zurückreichenden genealogischen
Herleitung der väterlichen Linie hat sich die Forschung natürlich
nicht zufriedengegeben. Verschiedene Studien (Hermann Schreibmüller,
Heinrich Büttner, Wolfgang Metz) haben ergeben, dass die salischen
Vorfahren mit aller Wahrscheinlichkeit in der Adelssippe der WIDONEN
zu suchen sind. Diese WIDONEN, abgeleitet
von dem in dieser Sippe auftretenden Leitnamen Wido, sind schon im 7. Jahrhundert
als wichtige Helfer der KAROLINGER
bezeugt. Sie hatten hohe Verwaltungsämter inne und besetzten zeitweise
den Bischofsstuhl von Trier. In Mettlach an der Saar gründeten
sie früh ein Hauskloster; ein zweites Hauskloster, Hornbach im
Bliesgau, entstand kurz vor der Mitte des 8. Jahrhunderts (742 oder
kurz vorher) und wurde dem großen irofränkischen Missionar Pirmin,
dem Gründer berühmter Klöster wie auf der Reichenau oder
in Murbach, übertragen. Der Herrschaftsschwerpunkt der WIDONEN
lag ungefähr im Gebiet zwischen Metz, Trier, Idar-Oberstein
und Pirmasens ("Ort des Pirmin"). Mit der Gründung Hornbachs und
dem im Wormsgau liegenden königlichen Schenkungen an dieses Kloster
war überdies ein erster Zugriff von Westen her über den Waldgürtel
in das alte Siedelland in der Rheinebene vollzogen. Um 760 kam noch das
kleine Kloster St. Philipp zu Zell, westlich von Worms an der Pfrimm, hinzu,
das dem Kloster Hornbach und damit den WIDONEN
als Eigenklosterherren untergeordnet war.
Die WIDONEN-Sippe
teilte sich seit dem Ende des 8. Jahrhunderts in verschiedene "Zweige",
die sich im bretonischen Raum, im Gebiet der unteren Loire und vor allem
im Herzogtum von Spoleto beachtliche Machtstellungen schufen. Herzog
Wido von Spoleto entwickelte besonders hochfliegende Pläne,
strebte 888 nach der Königswürde von Burgund und erreichte schließlich
im Jahre 891 sogar die Kaiserkrone. Nach ihrem Leitnamen Lambrecht nennt
man diese Linie LAMBERTINER.
Ein Teil der widonischen
Sippe ist im Ursprungsgebiet geblieben und hat im Laufe des 9. Jahrhunderts
vom Bliesgau aus mit dem Hauskloster Hornbach (Mettlach ging an den Bischof
von Trier verloren) die Herrschaft an der Saar und im Worms- und Speyergau
ausgebreitet. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts treffen wir einen Grafen
Werner im Speyergau an, von dem an die Linie der salischen
Vorfahren endlich ohne Unterbrechung weiter verfolgt werden kann. Die Verbindung
dieses Werner zu den WIDONEN
läßt sich genealogisch freilich nicht zwingend belegen, aber
die Besitz- und Amtsnachfolge und dasselbe Hauskloster Hornbach sprechen
für einen verwandtschaftlichen Zusammenhang.
Dieser Graf Werner konnte eine Frau aus dem königlichen
Haus der KONRADINER heiraten, wahrscheinlich
die Schwester König KONRADS I. (911-918).
Durch diese Heirat gelangte der Leitname Konrad in seine Familie. Aber
noch mehr: Als die KONRADINER in den
Kämpfen gegen OTTO DEN GROSSEN
unterlagen, verloren sie auch ihre Vormachtstellung am Mittelrhein. Diese
ging, zweifellos mit Zustimmung des Königs, nun zum großen Teil
auf die Familie des Grafen Werner über, nämlich auf dessen
Sohn Konrad, der neben seinen sonstigen Vorzügen offenbar auch
ein verwandtschaftliches Anrecht geltend machen konnte.
941 erscheint dieser Konrad, der den Beinamen
"der
Rote" erhielt, im Besitz der Grafschaften seines Vaters im Nahegau,
Wormsgau und Speyergau und außerdem im Niddagau nördlich von
Frankfurt. Seine Bindung zum ottonischen
Königshaus
wurde 947 durch die Heirat mit einer Tochter
OTTOS
DES GROSSEN, Liudgard, gefestigt,
nachdem ihn schon vorher, 944 (oder 945), die Herzogswürde von Lothringen
übertragen worden war. Diese Vorgänge machen recht deutlich,
wie eng die Interessengemeinschaft von König und Konrad dem Roten
geknüpft war: Die Machtstellung des SALIERS
am
Mittelrhein wurde intensiv gefördert, der dafür die Aufgabe zu
übernehmen hatte, das politisch unzuverlässige Lothringen, das
sich vom Elsaß bis an die Rheinmündung erstreckende Gebiet ungefähr
zwischen Maas und Rhein, an das Reich zu binden und für den König
zu kontrollieren.
Für OTTO DEN GROSSEN
war es ein herber Schlag, als sich der SALIER
953 einer für den König höchst gefährlichen Aufstandsbewegung
anschloß. OTTO beklagte sich
nach dem Bericht des Geschichtsschreibers Widukind (III, 32) bitter über
diesen Undank: "Der, den ich am meisten geliebt habe, den ich aus einer
recht mittelmäßigen Position zur höchsten Würde, zu
einer überragenden Macht- und Amtsstellung befördert habe, er
hat meinen einzigen Sohn [damit meinte er seinem ebenfalls aufständischen
Sohn Liudolf] gegen mich auf seiner
Seite." Die Erhebung wurde niedergeschlagen und Konrad der Rote verlor
953/54 das Herzogtum Lothringen. Er unterwarf sich aber dem König
und zog mit ihm 955 auf dem Lechfeld bei Augsburg gegen die Ungarn in den
Kampf. Wieder berichtete uns Widukind darüber (III, 47): "Dem Herzog
Konrad, der tapfer kämpfte, wurde durch die Hitze des Gefechts
und durch die Sonnenglut, die an diesem Tag heftig brannte, gewaltig heiß,
und als er die Bänder des Panzers löste und Luft schöpfte,
fiel er, von einem Pfeil durch die Kehle getroffen. Sein Leichnam wurde
auf Befehl des Königs ehrenvoll aufgehoben und nach Worms gebracht.
Dort wurde dieser Mann, groß und ruhmvoll durch jegliche Tugend der
Seele wie des Körpers, unter Tränen und Klagen aller Franken
bestattet."
Man erkennt an diesem Bericht, dass Konrad der Rote
nach dem damaligen Urteil eine eindrucksvolle Persönlichkeit war,
dass er jedenfalls alle Vorzüge des tapferen Kriegers aufwies und
dass ihm der König nach der Unterwerfung erneut besondere Gunst entgegenbrachte.
Auf königliche Anordnung hin erhielt er schließlich nach seinem
Schlachtentod ein ungewöhnlich ruhmvolles Begräbnis in Worms,
wie wir wissen im dortigen Dom, in dessen Krypta er noch heute ruht. Diese
Begräbnisstätte ist überaus bemerkenswert, denn die Bestattung
in einem Bischofsdom billigte man zu dieser Zeit bestenfalls Bischöfen
und Königen zu, geweihten Personen also. Den sterblichen Überresten
gewöhnlicher Laien, auch mächtiger Fürsten, war dieser heiligste
Ort des Gottesdienstes in der Regel verschlossen. Das salische
Adelshaus wurde mit einer derart ehrenvollen und herausragenden Auszeichnung
in seinem Selbstverständnis ohne Zweifel weit emporgehoben und hat
an ihm festgehalten.
Damit verstärkte sich auch der Charakter von Worms
als Mittelpunkt der salischen Fürstenherrschaft.
Dort befand sich an der Stelle des späteren St. Pauls-Stifts die salische
Grafenburg - wohl identisch mit der alten karolingischen
Königspfalz
(Peter Classen) -, und dort hatten Wernerund Konrad der Rote
einen umfangreichen Besitz- und Machtkomplex aus Eigengütern und
vor allem Reichsgütern zusammengetragen. Worms war das salische
Machtzentrum geworden.
Mit dem Tod Konrads des Roten war der glänzende
Aufstieg des salischen Hauses keineswegs
unterbrochen. König OTTO I. hat
seine Zuwendung und Förderung sogleich auf Konrads kleinen
Sohn, also seinen Enkel, gerichtet. Dieser trug, wie sein königlicher
Großvater, den Namen Otto. Obzwar noch unmündig, erscheint
er 956 bereits als Graf im Nahegau, und in der Folgezeit vereinigte er
mit dem Wormsgau, dem Speyergau, dem Niddagau und weiteren Grafschaften
zwischen Neckar und Rhein (Elsenzgau, Kraichgau, Enzgau, Pfinzgau, vielleicht
Uffgau) einen fast geschlossenen Großgrafschaftskomplex um den Mittel-
und Oberrhein in seiner Hand. Diese außerordentliche Machtstellung
versuchte sein Onkel, König OTTO II. (973-983),
offenbar zu schwächen, indem er ihm 978 mit der Herzogswürde
von Kärnten in weitentfernte Gebiete abzog. Ein Jahr später setzte
er durch, dass der SALIER
seine Bann-
und Zolleinkünfte innerhalb der Stadt Worms und bestimmte Gerichtsrechte
an den Bischof von Worms abtreten mußte ( D O II. 199). Diese Einbußen
nahm der SALIER
aber erst hin, als
er von der Vormundschaftsregierung OTTOS III.
985 den für einen weiteren Herrschaftsausbau nach Westen höchst
bedeutsamen Wasgauforst und den wichtigen Königshof Lautern (Kaiserslautern)
als Ersatz übertragen bekam. Der gleichzeitige Verzicht auf die Herzogswürde
scheint überdies vom Hof mit der Übertragung von Besitz und Rechten
des mächtigen Reichsklosters Weißenburg im Elsaß an den
Salier vergütet worden zu sein.
Besonders aufschlußreich für die Herrschaftsbildung
Ottos
"von Worms“, wie dieser SALIER
zur Unterscheidung von anderen Personen desselben Namens genannt werden
soll, sind eine Stifts- und eine Klostergründung, die auf ihn zurückgehen.
Auf seinen Befehl hin (iussu) hat der Abt Adalbert von Hornbach 975/76
das inzwischen verfallenen Kloster des heiligen Philipp zu Zell, westlich
von Worms, von dem bereits die Rede war, zu erneuern begonnen. Nun sollte
hier ein Stift mit Klerikern entstehen, womit eine stärkere seelsorgerische
Erfassung der Umgebung neben der erneuten Konzentration der Güter
und der Intensivierung der Bewirtschaftung verbunden war. Die Vogtei befand
sich ohne Zweifel bei den SALIERN oder
einem Beauftragten, so dass sich an diesem Beispiel das Bild einer Herrschaftsverdichtung
im Wormser Umfeld abzeichnet.
Noch wichtiger dürfte aber die mit ziemlicher Sicherheit
987 (und nicht 977) erfolgte Gründung des Klosters St. Lambrecht am
Speyerbach, oberhalb von Neustadt (an der Weinstraße) gewesen sein.
Eine recht interessante "Gründungsurkunde", offenbar nach Gründungsaufzeichnungen
nachträglich (11. Jahrhundert?) angefertigt, betont, dass "Kaiser"
OTTO III. der Gründung zugestimmt habe. Dies deutet darauf
hin, dass man seine Zustimmung auch benötigte, und dies wiederum war
dann der Fall, wenn Reichsgut bei der Gründung mitbetroffen war. In
der Urkunde wird ein umfangreicher Besitzkomplex des Klosters exakt umschrieben,
der offenbar - zumindest zum Teil - aus Reichsgut gebildet wurde. Auch
verschiedene weitere Rechte, die noch genannt werden, dürften zum
Teil auf Reichsrechte zurückgegangen sein. Die Vogtei, also die Gesamtheit
der Herrschaftsrechte über das neue Kloster, so die Urkunde weiter,
sollte immer das älteste Mitglied des Hauses in agnatischer Folge
innehaben. Weder ein König (!) noch sonst ein Fürst oder eine
weltliche Gewalt dürften künftig irgendwelche Gebietsrechte beanspruchen
(Stauber, Beilage 1).
Diese Formulierungen deuten darauf hin, dass SALIER-
und Reichsgut durch die Übertragung an das Kloster nunmehr gebündelt
wurde, dass es herrschaftsmäßig in der Vogtei vereinheitlicht
wurde und dass die damit entstehende, prinzipiell nicht teilbare Vogteiherrschaft
an das SALIER-Haus gebunden werden
sollte. Mit dem "Senioratsprinzip", der Bevorzugung des Ältesten,
war eine weitere Herrschaftskonzentration und - stabilisierung angestrebt.
Das Frömmigkeitsmotiv, die "Investition" für das Seelenheil,
darf bei diesen Vorgängen natürlich keineswegs übersehen
werden; für das Denken des mittelalterlichen Menschen stand es an
erster Stelle. Aber die rechtlichen und herrschaftsorientierten Vorteile
wurden ganz offensichtlich gezielt damit verknüpft und umgesetzt.
Dieser Vorgang, den man als "Patrimonialisierung" von Besitz und Rechten
bezeichnet, ist typisch für den Aufbau der "modernen" Adelsherrschaft
im 11. und dann besonders im 12. Jahrhundert. Die
SALIER aber haben, wie sich damit abzeichnet, diese Art der
Herrschaftsbildung und - politik schon viel früher, gegen Ende des
10. Jahrhunderts, angewandt. Dieser Gesichtspunkt ist für die Beurteilung
des salischen Hausverständnisses
wichtig, denn er macht uns darauf aufmerksam, dass mit Otto "von Worms"
ein stärkerer Zug zu einer "eigenständigen", vom König oder
seinem Auftrag unabhängigen Herrschaftsstellung im SALIER-Haus
einsetzte. Dieses Bewußtsein von der aus eigener Wurzel und aus eigenem
Recht erwachsenen Bedeutung muß im "SALIER-Haus"
eine zunehmende Rolle gespielt haben, denn genau bis an diesen Punkt hat
Wipo, wie geschildert, die Genealogie der SALIER
in der männlichen Linie zurückgeführt.
Die neue Macht- und Herrschaftsposition des Otto "von
Worms" wurde schon in seiner Zeit berücksichtigt und führte
dazu, dass er den Titel "Herzog" (dux) vom Königshof auch für
die Zeit zugebilligt bekam, in der er gar kein Herzogtum besaß. Wie
die Forschung längst herausgestellt hat (Hans Werle), beruhte dieses
"Titularherzogtum", das früheste in der deutschen Geschichte, auf
der immer mächtiger werdenden Adels- und Großgrafenherrschaft
mit dem Herrschaftsmittelpunkt Worms. Die Bezeichnung Wormatiensis dux
Francorum umschreibt diesen Sachverhalt recht gut, denn es gab zu dieser
Zeit kein Herzogtum der Franken mehr, so dass wir also übersetzen
müßten: "fränkischer Herzog von Worms". Worms war gewissermaßen
Geschlechtsbezeichnung geworden. Dux gibt den Rang der Familie im Reichsgefüge
an. Francorum könnte zwar als Reminiszens an das ehemalige Herzogtum
Franken zu verstehen sein, hat aber sicherlich eher die Stammeszugehörigkeit
der SALIER gemeint, denn ihr "Herzogtum"
bezog sich um die Jahrtausendwende allein auf den - in neuartiger Weise
zusammengefügten - salischen Herrschaftsbereich.
Es war ein Herzogsrang gleichsam "aus eigener Kraft" entstanden, den auch
das Königtum schließlich anerkennen mußte. Auch im Inneren
seiner Herrschaft setzte Otto "von Worms" diese Stellung um, denn
ganz offensichtlich hat er - wie der Herzog von Bayern zu dieser Zeit -
in seinen mittelrheinischen Grafschaften Grafen, unter anderem EMICHONEN,
die späteren Grafen von Leiningen, eingesetzt. Diese sollte man nicht,
wie in der Geschichtsforschung mitunter zu finden ist, als "Untergrafen"
bezeichnen, denn sie waren durchaus einem "Herzog" zugeordnet und standen
in lehnrechtlichem Verhältnis zu ihm.
Diese besondere Ausprägung der salischen
Adels- und "Herzogs"-Herrschaft und des salischen Herrschaftsbewußtseins
muß man auch für die weitere Entwicklung dieses Hauses und ebenso
für die spätere salisch-königliche
Herrschaftsführung im Auge behalten. Es wird kaum ohne Bedeutung für
das Selbstverständnis KONRADS DES ÄLTEREN,
des ersten salischen
Königs also,
gewesen sein, dass sein Vater, Heinrich, der älteste Sohn des
Otto "von Worms" war. Heinrich "von Worms" hätte die
Führung des Hauses zu übernehmen gehabt, und seine Ehe mit
Adelheid,
deren Ahnen nach Wipo dem merowingischen
Königshaus entstammten, entsprach dieser Rolle. Aber Heinrich
starb vor seinem Vater, wahrscheinlich 990/91, jedenfalls vor dem Jahr
1000, so dass das "Seniorat" an seinen jüngeren Bruder Konrad überging.
Im salischen Haus zu Worms hat das
zu Beginn des 11. Jahrhunderts offenbar zu erheblichen Spannungen geführt,
weil der junge, heranwachsende Sohn Heinrichs, ebenfalls mit dem
Namen Konrad - also der spätere
KONRAD II. -, gegen diese Zurückstufung
seiner Linie aufbegehrte. Für den Wormser Bischof Burchard (1000-1025)
ergab sich daraus jedenfalls die Gelegenheit, den kleinen, etwa 11- bis
12-jährigen Konrad unter seinen
Schutz zu ziehen und die Einheit des salischen
Hauses
etwas aufzubrechen.
In dieser Situation griff der neue König
HEINRICH II. (1002-1024) ein, der vom ersten Tag seines Königtums
an das Programm einer ungewöhnlich intensiven und auch das gesamte
Reich erfassende Herrschaftsführung umzusetzen begann. Politisch wie
auch "ideologisch" strebte er kraftvoll nach Monopolisierung der Königsgewalt
und nach möglichst vollständiger Durchdringung des Reiches mit
dem königlichen Hoheitsanspruch. Die christliche Herrscheridee, die
ihn als vicarius und als typus Christ erscheinen ließ, hat er mit
besonderem Nachdruck und aus vollster Überzeugung heraus als Legitimationsgrundlage
für seine Handlungsweise eingesetzt. Er beanspruchte die ungeteilte
und ungeschmälerte Königsgewalt im ganzen Reich (sine aliqua
divisione, D H II. 34). Das gedanklich schon unter OTTO
DEM GROSSEN entwickelte - und in der Mainzer Krönungsliturgie
von ca. 960 auch schon voll ausformulierte - Programm des göttlichen
Auftrags und des göttlichen Willens für die königliche Amtsführung
suchte er erstmals konsequent im gesamten Reich und gegenüber allen
geistlichen und weltlichen Machtträgern durchzusetzen. Dies bedeutete
in der Geschichte des "deutschen" Königtums erstmals einen stärkeren
Zug zu einer auf die Königsgewalt zulaufenden Hierarchisierung in
der Reichsverfassung. Dabei hat eine "Verfassung" zu dieser Zeit natürlich
noch nicht im modernen Sinne existiert und war auch nicht schriftlich festgelegt,
sondern ist als "Regelsystem" im Zusammenwirken - oder Gegeneinanderwirken
- verschiedener Kräfte im Machtgefüge des Reiches zu verstehen.
Es kann nicht überraschen, dass sich dieser - im
12. Jahrhundert heiliggesprochene - Herrscher mit einem derartigen Herrschaftsanspruch
sofort gegen die Ansätze der eigenständigen Machtbegründung,
wie sei in besonderer Weise und ungewöhnlich früh im salischen
Adelshaus
hervortreten, vehemet zur Wehr setzte. Dem Adelshaus der SALIER
sollte vor allem der Herrschaftsmittelpunkt, gewissermaßen das "Kraftzentrum"
unabhängiger Herrschaft - gemeint ist Worms -, genommen werden. Dass
sich der König auf den dortigen Bischof Burchard als Verbündeten
stützen konnte, ist selbstverständlich, aber dass er Otto
"von Worms" tatsächlich dazu bewegen konnte, im Oktober 1002 auf
die salische Besitzungen und auf die
SALIER-Burg
in Worms zu verzichten, ist doch überraschend. Über die Gründe
kann man nur spekulieren; es wäre denkbar, dass der zwei Jahre darauf
gestorbene Otto einfach nicht mehr genügend Widerstandskraft
aufbrachte. Aber es ist auf jeden Fall zu berücksichtigen, dass der
SALIER
als Ersatz vom König den bedeutenden Königshof Bruchsal mit seinen
außerordentlich umfangreichen Besitzungen und den Königsforst
Lußhardt bekam. Vom materiellen Wert her gesehen, war dies sicher
ein Vielfaches von dem, was man in Worms abgab, so dass der weitgehende
Verlust des alten Herrschaftsmittelpunktes als erträglich erscheinen
mochte. Vielleicht wurde Otto "von Worms"
sogar in Bruchsal bestattet,
was den Versuch einer neuen Mittelpunktsbildung andeuten würde.
Trotz dieses Erfolges HEINRICHS
II. blieben die SALIER dessen
ganze Herrschaftszeit hindurch im Grunde Gegner seiner Herrschaftskonzeption.
Sie fügten sich nicht und richteten ihre Politik nach den Interessen
ihres Hauses aus. Ständige Auseinandersetzungen und größtes
Mißtrauen von seiten des Königs waren die Folge. Diese Zeit,
in der Konrad der Ältere nach
dem frühen Tod seines Onkels, Herzog Konrads von Kärnten
(1011), die Sorge für dessen kleinen Sohn, Konrad den Jüngeren,
und für das salische Gesamthaus
übernahm, hat sich im salischen
Verständnis
als Zeit der Demütigung, gleichsam als Prüfung durch Gott niedergeschlagen.
So jedenfalls wird sie in den von Wipo verfaßten "Taten Kaiser Konrads
II." interpretiert. Diese Beobachtung ist nicht unwichtig, denn sie bestätigt
erneut, dass das hohe Selbstbewußtsein und das bemerkenswerte Haus-
und Herrschaftsverständnis, wie wir es für
KONRAD DEN ÄLTEREN bis zum Zeitpunkt seiner Königswahl
nunmehr umschrieben und von den Voraussetzungen her skizziert haben, nicht
im geringsten auf eine Verbindung mit dem Königtum seines Vorgängers
ausgerichtet war. Das erklärt auch, weshalb in der salischen
Königsdynastie
dann die aus dem ottonischen
Königshaus
übernommenen Namen, Otto und Brun, wieder völlig getilgt wurden.
Der neue Leitname Heinrich wurde dagegen schon als salischer
Name empfunden und vom Vater des ersten salischen
Königs,
Heinrich "von Worms", abgeleitet.
Von erheblicher Bedeutung für das Selbstverständnis
KONRADS
DES ÄLTEREN dürfte demgegenüber seine Heirat
mit
Gisela
im Jahre 1016 gewesen sein.
Sie war die Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben, der 1002 als ernsthafter
Gegner HEINRICHS II. aufgetreten war.
Man muß sogar davon ausgehen, dass Hermann bei einer "regulären
Wahl" möglicherweise die besseren Chancen gehabt hätte, aber
dem unbeugsamen Durchsetzungswillen HEINRICHS
II. war er nicht gewachsen. Dennoch durfte er sich für
eine gewisse Zeit, zumindest bis zu seiner Unterwerfung, als König
betrachten, so dass in seinem Haus das Bewußtsein königlichen
Ranges entwickelt werden konnte. Giselas
Mutter aber war Gerberga, die Tochter
König Konrads von Burgund (937-993),
dessen Ahnen, wie Wipo nicht zu Unrecht vermerkte, "aus dem Geschlecht
KARLS
DES GROSSEN hervorgegangen sind".
KONRAD
DER ÄLTERE war also gewissermaßen mit einer Königstochter
verheiratet, die ihm nicht nur wichtige konradinische Besitzungen in Schwaben
einbrachte, sondern auch die Bedeutung des eigenen Ranges erhöhen
konnte. Welcher Einfluß von Gisela
in diesem Sinne auf KONRAD DEN ÄLTEREN
ausgegangen
ist, ist kaum näher zu bestimmen, aber wenn man die wichtige Rolle
Giselas
in der Königszeit
KONRADS bedenkt,
wird man ihn nicht zu gering veranschlagen dürfen.