Notenbanker in Not

Bernanke, der Mister Everywhere

von Mark Schrörs und Sebastian Bräuer

Der US-Notenbankchef will mit aller Macht eine Depression wie in den 1930er-Jahren verhindern. Dazu startet er eine Werbeoffensive der besonderen Art - auch, um seinen Job zu retten. Ein FTD-Blick hinter die Kulissen.

ZUM THEMA

Bernanke beim Mittagessen mit Journalisten im National Press Club in Washington. Bernanke in ausgiebiger Diskussion mit Studenten des Morehouse College in Atlanta. Bernanke in der Sendung "60 Minutes" auf CBS, inklusive Interview, Blick hinter die Kulissen der Federal Reserve (Fed) und Streifzug durch seine Heimatstadt Dillon in South Carolina. Seit Wochen ist US-Notenbankchef Ben Bernanke in der breiten Öffentlichkeit präsent wie nie - und das, obwohl Zentralbanker genau danach nicht gerade streben und Bernanke mit dem Personenkult um Vorgänger Alan Greenspan brechen wollte.

"Das ist eine außergewöhnliche Zeit. Ich denke, dass ist eine Chance für mich, direkt zu den Amerikanern zu sprechen", erklärt Bernanke Fernsehmoderator Scott Pelley in "60 Minutes", warum er sich auf den TV-Auftritt eingelassen hat - immerhin der erste eines Fed-Chefs seit 1987. Die Hauptbotschaft: "Unsere Wirtschaft wird nach der Krise die stärkste und dynamischste Wirtschaft der Welt bleiben."

Der Bär lauert überall: Betont locker geht es zu, wenn sich die Notenbankchefs der Welt einmal im Jahr in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming treffen.
 Der Bär lauert überall: Betont locker geht es zu, wenn sich die Notenbankchefs der Welt einmal im Jahr in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming treffen.

Derzeit aber stecken die USA trotz einzelner Hoffnungsschimmer in der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. 600.000 bis 700.000 Menschen haben zuletzt Monat für Monat ihren Job verloren. Bernanke und Kollegen, die heute ihre zweitägigen Beratungen beenden, tun alles zu verhindern, dass sich die Krise doch noch zur Depression wie in den 1930er-Jahren ausweitet. Bernanke bricht dabei mit Tabus und macht sich nicht nur Freunde.

Inzwischen aber geht es längst auch um sein Renommee und seine berufliche Zukunft: Seine Amtszeit endet im Januar 2010. Und mit Lawrence Summers hat ausgerechnet der oberste Wirtschaftsberater von Präsident Barack Obama Interesse an dem Job. Nach der fast 19-jährigen Regentschaft von Greenspan droht dem 55-jährigen Bernanke das frühe Aus - und die Gefahr, dass er als der Notenbankchef in Erinnerung bleibt, der den Absturz der USA nicht verhindern konnte.

Selbst Ben Bernanke legt dann den Schlips ab
 Selbst Ben Bernanke legt dann den Schlips ab

Als Bernanke im Januar 2006 an die Fed-Spitze rückt, ist klar, dass er keinen leichten Job übernimmt. Vorgänger Greenspan wird als "Magier der Märkte" verehrt, viele können sich einen anderen als ihn gar nicht vorstellen. Vor allem aber ist klar, dass die Wirtschaft keineswegs so gut dasteht, wie es auf den ersten Blick scheint. Die USA haben lange über ihre Verhältnisse gelebt.

Nur wenige Monate ist er im Amt, da platzt die gigantische Blase am US-Häusermarkt - der Ausgangspunkt all dessen, was schließlich erst die USA, später dann auch die ganze Welt in den Abgrund reißen wird. Die Fed hält 2007 dennoch zunächst still und den Leitzins für die US-Wirtschaft bei 5,25 Prozent.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

Aus der FTD vom 29.04.2009
© 2009 Financial Times Deutschland, © Illustration: Bloomberg

 
Ein Jahr lang begleitet FTD.de die Gewinner der Gründungsinitative enable2start 2008 und berichtet täglich über Erfolge, Rückschläge und Überraschungen. mehr
Finden Sie herausragende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik. mehr

 Nachrichten 

Wehmut und Heiterkeit

In Potsdam feiert das Bahn-Management den scheidenden Chef Mehdorn - und zelebriert dabei auch den eigenen Untergang. mehr

Aufruhr bei Bank of America

Die Aktionäre des angeschlagenen Instituts verjagten den Manager vom Posten des Chairman. mehr

Kopf des Tages

Vor einem Jahr stieg der Manager zum Edeka-Chef auf - und hielt eine Rede über Anstand, Macht und Moral. mehr

Streit über EU-Kandidaten

Lario Berlusconi ist nicht gut auf ihren Mann zu sprechen - sie wettert gegen die Kandidatinnen für die Europawahl. mehr

Société Générale

Nach heftiger Kritik tritt Daniel Bouton zurück und zieht damit die Konsequenzen aus den Verlusten der Société Générale. mehr

Kopf des Tages

Die Chefin der Weltgesundheitsorganisation WHO greift in der Regel radikal durch - so auch bei derzeitigen Grippeepidemie. mehr

Verdacht auf Finanzmanipulation

Er sieht sich als Opfer einer Verschwörung: Robert Schrödel befürchtet, dass eine Heuschrecke sein Unternehmen schlucken will. mehr

Kopf des Tages

Nach der Klinsmann-Entlassung kann der Trainer noch mal beweisen, was er kann - als Kurzzeitcoach der Münchner. mehr

Kopf des Tages

Die Opel-Übernahme wäre für den Milliardär und Magna-Gründer die Krönung seines Erfolgs. mehr

Porsche-Chef vor Ablösung?

Laut „Spiegel“ soll der Starmanager bald abberufen werden. Doch Porsche dementiert. Und poltert: Das ist Rufschädigung! mehr

Swiss-Sanierer

Der Swiss-Sanierer Franz wird schon jetzt als Mayrhubers Nachfolger gehandelt. mehr

Kopf des Tages

Er sanierte die Fluglinie Swiss - nun soll er Vorstand bei der Lufthansa werden. mehr

Mehr News aus Who's who

Who's who als