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Es gibt neuerdings 14 anerkannte Religionsgemeinschaften in Österreich

Zeugen Jehovas sind nun keine Sekte mehr

Auf den Sonderkongressen der Zeugen Jehovas sind Massentaufen üblich. Foto: dpa

Auf den Sonderkongressen der Zeugen Jehovas sind Massentaufen üblich. Foto: dpa

Aufzählung Gruppe erkämpfte Anerkennung über den Europäischen Gerichtshof.
Aufzählung Finanzierung durch die 23.200 Mitglieder.

Wien. (ski/apa) Die Zeugen Jehovas sind ab sofort eine staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft. Das hat der Sprecher von Kultusministerin Claudia Schmied am Donnerstag mitgeteilt. Die entsprechende Verordnung ist unterzeichnet und wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Seit 1978 kämpften die Zeugen Jehovas für die Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Doch alle innerstaatlichen Rechtsmittel verhalfen der Gemeinschaft nicht zum Erfolg, weshalb sie eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einbrachte. Im Juli 2008 entschieden die Richter, dass die österreichischen Behörden die in der Menschenrechtskonvention festgeschriebene Religionsfreiheit verletzt hätten. Eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft müsse für jede Gemeinschaft nach der Prüfung objektiver Kriterien erfolgen.

Die Anerkennung bringt den Zeugen Jehovas etwa den Vorteil, mit klarem Rechtsstatus offen auftreten zu können, heißt es in deren Begründung für das Ansuchen. Weiters hat die Religionsgemeinschaft künftig das Recht, an Schulen Religionsunterricht anzubieten. Laut Ministerium werden die Zeugen Jehovas davon aber aus organisatorischen Gründen vorerst keinen Gebrauch machen.

Für die Anerkennung als Religionsgemeinschaft in Österreich gilt: Die Gruppe muss mindestens zwanzig Jahre bestehen, davon zehn als Bekenntnisgemeinschaft, sowie zumindest 16.000 Mitglieder (zwei Promille der Bevölkerung) aufweisen. Auch eine "positive Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft" ist Voraussetzung, weiters dürfen Geldmittel nur für religiöse und mildtätige Zwecke verwendet werden. All diese Faktoren würden von den Zeugen Jehovas erfüllt, hieß es seitens des Ministeriums.

"Positives Signal"

Mit derzeit etwa 23.200 Mitgliedern sind die Zeugen Jehovas die fünftgrößte Glaubensgemeinschaft in Österreich. Sie finanzieren sich laut eigenen Angaben aus freiwilligen Spenden ihrer Gläubigen; von der sich nun bietenden Möglichkeit, Mitgliedsbeiträge einzuheben, werde man keinen Gebrauch machen, sagt der Vorsitzende in Österreich, Johann Renoldner.

Die Gruppe sieht ihre Anerkennung als staatliche Religionsgemeinschaft als "positives Signal zur Wahrung der Religionsfreiheit und der Rechte von Minderheiten". Renoldner wörtlich: "Seit fast hundert Jahren engagieren sich Jehovas Zeugen in Österreich für christliche Werte auf der Grundlage des biblischen Evangeliums, was wir nun als anerkannte Religion noch besser tun können." Durch den neuen Status würden administrative Tätigkeiten in vielen Bereichen einfacher.

Die Zeugen Jehovas wurden bisher oft als Sekte bezeichnet, ihre Lehre und Praxis (siehe Kasten "Wissen") sind nicht ganz unumstritten.

Die Zeugen Jehovas

Die Zeugen Jehovas, die sich selbst als christliche, theokratische Organisation bezeichnen, haben weltweit derzeit etwa 7,1 Millionen Mitglieder. Gegründet wurden sie Ende des 19. Jahrhunderts in den USA von Charles Taze Russell als Verlagsgesellschaft der Bibelforscher. 1911 kam Russell erstmals zu einem Vortrag nach Wien. Regelmäßige Vorträge gab es ab 1921, ein Jahr später wurde die Tätigkeit auf andere österreichische Städte ausgedehnt. Den Namen "Jehovas Zeugen" benutzt die Religionsgemeinschaft erst seit 1931.

Im Jahr 1938 gab es in Österreich 550 aktive Zeugen Jehovas. Wegen der Verweigerung des Hitlergrußes und des Wehrdienstes kam es zu Verfolgungen in der NS-Zeit, etwa ein Viertel der Mitglieder wurde getötet. Ein Überlebender, der jetzt 103-jährige Leopold Eng-leitner aus Strobl am Wolfgangsee, tritt bis heute als Zeitzeuge auf.

Kommen und Gehen

Nach dem Krieg organisierten sich die Zeugen Jehovas neu. 1998 erhielten sie den Status einer Bekenntnisgemeinschaft; ab sofort sind sie voll als Religionsgemeinschaft anerkannt. Die Zeugen Jehovas sind eine ständig, aber langsam wachsende Religion. Von den vielen neuen Mitgliedern tritt ein hoher Prozentsatz nach einiger Zeit wieder aus.

Grundlage der Lehre der Zeugen Jehovas ist der aus der Bibel abgeleitete "Plan Gottes mit der Menschheit". Dem "allmächtigen Gott und Schöpfer" Jehova oder Jahwe sind seine Zeugen zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Als "wahre Christen" müssen sie Zeugnis für ihren Gott ablegen und die Botschaft von seinem Königreich predigen. Auffallend ist deshalb ihre stark ausgeprägte Missionstätigkeit, bei der sie – meist zu zweit – von Haus zu Haus ziehen oder an belebten Plätzen stehen und ihre Zeitschriften "Der Wachtturm" und "Erwachet!" an den Mann bringen wollen.

Der Glaube greift stark in alle Lebensbereiche der Anhänger ein. Verboten ist zum Beispiel das Rauchen. Auf der offiziellen Website http://www.watchtower.org heißt es: "Es mag einem sehr schwer fallen, diese Gewohnheiten aufzugeben. Aber um Jehova zu gefallen, muss man es tun."

Gegen Bluttransfusion

Obwohl sich die Zeugen Jehovas als christliche Glaubensgemeinschaft sehen, lehnen sie ökumenischen Kontakt mit den aus ihrer Sicht "falschen" christlichen Kirchen ab. Bei diesen stößt vor allem ihr wortwörtliches Verständnis der Bibel auf Kritik. So gab es seitens der Zeugen Jehovas Versuche, aus der Bibel den Termin des Weltuntergangs zu berechnen.

Kaum Verständnis, vor allem bei Medizinern, findet auch ihr striktes Nein zu Bluttransfusionen. Sind solche bei Kindern lebensnotwendig, hat man Eltern aus dieser Religionsgemeinschaft bereits zeitweise die Erziehungsberechtigung entzogen.

Weltlichen Mächten wie dem Staat stehen Zeugen Jehovas reserviert gegenüber. Wahlen und Militärdienst lehnen sie ab.

Printausgabe vom Freitag, 08. Mai 2009


Kommentare zum Artikel:

11.05.2009 Anerkennung ZJ
Roselind
09.05.2009 Sonderbar...
.. ist, dass es in den Zulassungsbestimmungen als Religionsgemeinschaft heißt, dass sich deren Lehren nicht gegen den Staat richten dürften. Und in den Lebensregeln der Zeugen Jehovas steht dann, dass sie Wahlen, den Wehrdienst und sogar den Zivildienst ablehnen. (Und das funktioniert so ohne weiteres?) Von den anderen Absonderlichkeiten, die sich gegen das Leben an sich richten (Verweigerung von Bluttransfusionen) kann man ja nur den Kopf schütteln und zu dem, dass der Staat dem zustimmt. Aber die Zeugen sind da in guter Gesellschaft, denn bei wörtlicher Auslegung christlicher und muslimischer Glaubensinhalte müsste auch die Zulassung dieser Religionen hinterfragt werden. Franz Fiala
Franz Fiala
07.05.2009 Ich befürchte Schlimmes...
...nämlich daß ich jetzt auf irgendeine Weise von diesen Leuten steuerlich zur Kasse gebeten werden kann. So muß ich über die Steuern die katholischen und evangelischen Religionslehrer mitfinanzieren ohne Kirchenmitglied zu sein.
lif
08.05.2009 Wo bleibt die Verfassung?
Die übliche Schlamperei des Kultusamtes:
Wahlen und Militärdienst lehnen die Zeugen Jehovas ab. Damit stellen sie sich außerhalb des Rahmen des Bundes-Verfassung, ganz unabhängig vom Inhalt ihrer Religion. Wie kann eine Behörde eine solche Genehmigung erteilen? Ist die österreichische Verfassung noch in Kraft?
Mitras
10.05.2009 Ich finde es genial
das sich so viele aufregen wegen den Zeugen Jehovas, wenngleich doch größere Religionsgemeinschaften für Weltweite Tumulte und Unruhen sorgten und noch sorgen. Ich will jetzt nicht mal aufs Mittelalter zurückkommen, nein ich denke da an Konflikte in der neueren Zeit.Z.B. der Völkermord in Ruanda. Diskussionen bez. des Zölibats (1.Tim 4:1-3) oder Hochzeiten unter Homosexuellen (1.Tim 1:8-10) gehen mir zum Beispiel auch auf den Sack.
Außerdem reichen mir schon die Anklagen mancher Menschen und das nicht nur über Moslems, das die gute alte Österreichische Kultur bzw. auch Deutsche, von solchen Religionen untergraben wird, da unsere Ursprüngliche „Kultur und auch Religion“ sprich das Heidentum (ja liebe ungebildete Leute wir waren „Germanische Heiden“) fast völlig ausgerottet wurde sowie unsere Schrift(die Runen) auch fast ausgelöscht worden wären, durch die „Römisch Katholische Kirche“.
Eine Religionsgemeinschaft die von einem „Römischen Heiden“ gegründet wurde der selbst Zeit seines Lebens Heide gewesen ist und fast keine Ahnung vom Christlichen Glauben hatte ist eine SEKTE, nicht jemand der sich versucht so streng wie möglich nach der Bibel zu halten.
Wenn man wo Mitglied ist oder Club beitritt hat man auch die Statuten zu befolgen. In der Politik ist es das Parteibuch, beim Führerschein die Verkehrsregeln. Wenn ich behaupte ich bin ein Christ und halte mich nicht an die Bibel oder das was Christus sagt, dann darf ich nicht Christliche Religion schimpfen.
malister666
08.05.2009 Zeugen wurden lange genug schikaniert!
Zeugen wurden lange genug schikaniert!
Ich bin zwar kein Mitglied dieser Glaubensgemeinschaft; Trotzdem meine ich, dass die Zeugen Jehovas hier in unserer Alpenrepublik jetzt lange genug von der unseligen Dreieinigkeit (Staat, Medien & Kirche) schikaniert wurden (über 30 Jahre).

Die Zeugen sind brave Staatsbürger, die niemandem etwas zuleide tun (außer dass sie manchmal etwas nerven).
Die neu gewonnene Anerkennung sei ihnen vom Herzen gegönnt. Mögen sie ihre "Wachtürme" mal etwas ruhen lassen und eine Woche lang feiern, dass sich die Tische biegen. Der liebe Gott würde das sicher ein Auge zudrücken ;=)

Mehr über den Hintergrund der jahrzehntelangen Diskriminierung gegen die Zeugen Jehovas und andere religiöse Minderheiten finden Sie hier: http://foref.info
Theo
07.05.2009 Eine längst überfällige Entscheidung
Endlich ist das „Kasperletheater“ nach 31 Jahren vorbei. In Deutschland dauerte es nur 15 Jahren, bis der Senat von Berlin am 13. Juni 2006 die Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt hatte. Den Verwaltungsgerichten und dem Bundesverfassungsgericht in Deutschland standen Informationen aus den unterschiedlichsten Quellen zur Verfügung. Insgesamt ist Beweismaterial im Umfang von weit über 16 Leitzordnern gesichtet worden.
- Endbericht der Enquete-Kommission "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" des Deutschen Bundestags

- Rechtsprechung in familienrechtlichen Verfahren mit Bezug zu Zeugen Jehovas

- Kinderpsychologische Gutachten aus Sorgerechtsverfahren

- Anfrage bei der Berliner Sektenbeauftragten

- Anfrage bei allen Jugendämtern Berlins

- Aussteiger-Berichte

- Berichte von Betroffenen- und Elterninitiativen

All diese Punkte wurden von den Gerichten geprüft. Am Ende wurden den Zeugen Jehovas in Berlin Rechtstreue bescheinigt.

Übrigens hat die hessische Landesregierung am 27. April den Zeugen Jehovas den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zugebilligt.

Wer jetzt angesichts der Fakten der Anerkennung der Zeugen Jehovas in Österreich, Berlin und Hessen irritiert ist, sollte mal die jahrelange negative Berichterstattung der Medien und Sektenkritikern über die Zeugen Jehovas hinterfragen. http://scientology-mythos-versus-fakten.blogspot.com/search/label/Jehovas%20Zeugen%2FJehovah%E2%80%99s%20Witnesses
andi08
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