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Göttlicher Fingerabdruck auf kosmischem Hintergrund

Erfolgreicher Start: Zwei europäische Weltraumteleskope sollen die Geschichte des Kosmos und die Entstehung von Sternen und Planeten erforschen

Start der Ariane 5 mit Planck und Herschel an Bord
Start der Ariane 5 mit Planck und Herschel an Bord
© Esa
Von Rainer Kayser


Das Echo des Urknalls hallt immer noch durch den Kosmos: Eine gleichmäßige Hintergrundstrahlung erfüllt den Weltraum, freigesetzt in der heißen Geburtsphase des Universums. Am 14. Mai ist das europäische Weltraum-Observatorium Planck gestartet, um genauer als je zuvor winzige Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung zu vermessen. Als "Fingerabdruck Gottes" bezeichnen Kosmologen mitunter fast ehrfürchtig das Muster dieser Temperaturschwankungen, spiegelt es doch die Schöpfungsgeschichte des Kosmos wieder - und vielleicht sogar seine Zukunft. 

Etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall war der Kosmos auf 3000 Grad abgekühlt und wurde schlagartig für elektromagnetische Strahlung durchsichtig. Die Expansion des Weltalls hat im Verlauf von Jahrmilliarden die Wellenlängen der damals freigesetzten Strahlung gestreckt und sie abgekühlt. Heute liegt die Temperatur der Hintergrundstrahlung nur noch 2,7 Grad über dem absoluten Nullpunkt.    
"Zum Zeitpunkt ihrer Aussendung war die Hintergrundstrahlung sehr eng mit der Materie verbunden, deshalb kann sie uns etwas über die damalige Verteilung der Materie erzählen", erläutert Jan Tauber, der wissenschaftliche Leiter der Planck-Mission bei der europäischen Raumfahrtorganisation Esa. Schon damals war die Materie nicht völlig gleichförmig verteilt, es gab kleine Dichteschwankungen, kosmische Saatkörner gewissermaßen, aus denen später die im heutigen Universum sichtbaren Strukturen wie Galaxien und Galaxienhaufen entstanden. Die Schwankungen der Materiedichte führten auch zu Variationen der Temperatur, und diese sind in der Hintergrundstrahlung noch heute sichtbar. Mehr noch: Die genaue Verteilung der Temperaturschwankungen erlaubt es den Forschern, Rückschlüsse auf den genauen Ablauf des Urknalls zu ziehen.   

Die bislang besten Daten über die Hintergrundstrahlung lieferte die 2001 gestartete amerikanische "Wilkinson Microwave Anisotropie Probe", kurz WMAP. Planck soll WMAP nun noch einmal deutlich übertreffen: "Die Detektoren der europäischen Sonde sind zehnmal empfindlicher als die von WMAP", sagt Tauber, "außerdem besitzt Planck eine zweifach bessere Winkelauflösung und erfasst einen wesentlich größeren Wellenlängenbereich."

Inflation und Gravitationswellen

"Mit WMAP konnten wir zwar eine ganze Reihe von kosmologischen Größen bestimmen", so Tauber weiter, "doch die Genauigkeit reichte noch nicht aus, um wichtige kosmologische Fragen zu beantworten. Zum Beispiel, ob es beim Urknall eine inflationäre Phase gab - und, wenn ja, von welcher Art die Inflation war." Als Inflation bezeichnen die Kosmologen eine nur Sekundenbruchteile währende Epoche unmittelbar nach dem Urknall, während der sich das Universum unvorstellbar rasant aufgebläht hat. Die Inflation hat Gravitationswellen - Schwingungen von Raum und Zeit - erzeugt, die ihrerseits ein bestimmtes Muster in der Hintergrundstrahlung hinterlassen haben sollten. Für WMAP war dieses Muster zu schwach, die Detektoren von Planck jedoch sollten empfindlich genug sein, um es nachzuweisen.

"Insgesamt sollte Planck uns die zehnfache Menge an Informationen über das Universum liefern wie WMAP", sagt Tauber. Bislang haben alle Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung die theoretischen Vorhersagen bestätigt und sich problemlos in das Standardmodell der Kosmologie eingefügt. "Für mich wäre es deshalb am aufregendsten, wenn Planck etwas ganz Neues entdecken würde", so Tauber, "etwas, das uns dazu auffordern würde, unsere nahezu etablierten Vorstellungen vom Universum noch einmal zu überdenken."   

Doppel-Pack im All

Als die große Ariane-5-Rakete am 14. Mai vom Weltraumbahnhof Kourou im südamerikanischen Französisch-Guayana ins All startete, war Planck nicht allein an Bord. In der Nutzlast-Kapsel befand sich außerdem das Infrarot-Teleskop Herschel, mit einem Spiegeldurchmesser von 3,5 Metern das bislang größte Weltraumteleskop.
"Beobachtungen im Infrarot-Bereich liefern uns einen Einblick in die Entstehung von Sternen und Galaxien", erläutert Göran Pilbratt, Esa-Projektwissenschaftler für die Herschel-Mission. "Denn solche Entstehungsprozesse laufen zumeist in kühlen, staubigen Regionen ab." Kühle Gase senden vor allem langwellige Infrarot-Strahlung aus - und im Gegensatz zu normalem Licht kann Infrarot-Strahlung Staubwolken nahezu ungehindert durchdringen.

Die Erdatmosphäre ist allerdings im Infrarot-Bereich nahezu undurchlässig: Wasserdampf absorbiert die Strahlung fast vollständig. Schlimmer noch, Wasserdampf sendet selbst wiederum Infrarot-Strahlung aus und verschleiert so den Blick ins All. Deshalb müssen die Astronomen Herschel im Weltall stationieren. Und wie Planck muss auch Herschel nahezu auf den absoluten Nullpunkt abgekühlt werden, damit die Eigenstrahlung des Teleskops die Beobachtungen nicht stört. Als Kühlmittel hat Herschel flüssiges Helium an Bord, das für mindestens drei Jahre reichen soll.



 

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