Die Brandenbürger

Fred Stoof auf einem seiner gepanzerten Wagen. Foto: BLZ / Markus Wächter
Fred Stoof auf einem seiner gepanzerten Wagen.

Kugelsicher durch Afghanistan

Fred Stoof panzert Autos - für Hilfsorganisationen und für Reiche

Katrin Bischoff

BORKHEIDE. Dem Fahrzeuggerippe ist nicht mehr anzusehen, dass es ein Mercedes S-Klasse ist. In der Werkhalle in Borkheide (Potsdam-Mittelmark) wurde das 140 000 Euro teure neue Auto auseinander genommen. Ein Geschäftsmann aus Russland hat es so gewollt. Das Auto wird für ihn gepanzert: 40 Millimeter dicke Scheiben werden eingesetzt und die Türen mit einem Spezialstahl verstärkt. Eine versenkbare Bar und ein Kühlschrank komplettieren den Umbau. Wenn die dann kugelsichere Luxuskarosse fertig ist, wird sie eine Tonne mehr wiegen. In dem Wagen stecken dann 1 000 Arbeitsstunden. Kosten: 400 000 Euro.

"Wir haben in den vergangenen Jahren mehr solcher Aufträge bekommen", sagt Fred Stoof. Er meint den Umbau von Luxuswagen. Aus Russland, Saudi-Arabien aber auch aus Afrika kommen Bestellungen. Stoof ist 47 Jahre alt und Geschäftsführer der Stoof International GmbH. Sein Unternehmen baut gepanzerte Fahrzeuge. Aber nicht nur für die Reichen dieser Welt. Etwa 400 Geländewagen, die in Borkheide kugelsicher gemacht wurden, fahren derzeit für Hilfsorganisationen in Krisengebieten wie Afghanistan oder Irak. Die Scheiben und Karosserien der Fahrzeuge halten Schüsse aus einer Kalaschnikow aus. Die Reifen sind mit Kunststoffringen gefüllt, so dass es dem Fahrer möglich ist, auch mit einem Platten weiterzufahren.

Stoof ist gelernter Karosseriebauer. Vom Vater übernahm er 1989 das Traditionsunternehmen in fünfter Generation. Damals ein Zwei-Mann-Betrieb, der sich um Unfallschäden kümmerte. Als Stoof 1990 einen Geldtransporter reparieren sollte, brauchte er Material und fragte bei einer westdeutschen Firma nach. "Die haben mir gesagt: ,Lasst es, das schafft ihr Ossis nie.'", erzählt er. "Das hat mich geärgert und meinen Ehrgeiz geweckt."

Zwei Jahre später war er erstmals mit einem Geldtransporter auf der Sicherheitsmesse in Essen. Der Ausstellungsstand war nur 15 Quadratmeter klein. Heute benötigt der Betrieb 250 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Stoof, der einst Gewichtheben trainierte, gehört längst zu den Schwergewichten der Branche. Sein Unternehmen hat inzwischen 105 Mitarbeiter, davon elf Azubis. Jährlich verlassen mehr als 100 Geldtransporter, 60 Geländewagen und 15 Luxuswagen die Firma. "Die Auftragsbücher sind voll", sagt er.

Doch es gab auch harte Zeiten für den Vorzeigeunternehmer. Zeiten, in denen der Vater einer 15-jährigen Tochter und eines 24-jährigen Sohnes um seine Existenz und die seiner Mitarbeiter bangen musste. Kurz nachdem ihn Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck als Persönlichkeit der mittelständischen Erfolgsgeschichte bezeichnet hatte, wurde Stoof im September 2005 vom Potsdamer Landgericht wegen Verstoßes gegen das Außenhandelswirtschaftsgesetz zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt. Dazu kam eine Geldbuße von etwa 1,8 Millionen Euro.

Ihm war vorgeworfen worden, illegal Geländewagen in Krisengebiete geliefert zu haben. Er hatte im Auftrag des britischen Entwicklungsministeriums 15 umgebaute Fahrzeuge ohne Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle an Hilfsorganisationen nach Afghanistan und in den Irak geschickt. Das Urteil, gegen das zahlreiche Politiker protestierten, hätte das Ende der Firma bedeutet. Absurd war auch, dass kurz nach dem Schuldspruch die Genehmigungspraxis so geändert wurde, dass Stoof niemals ein Fall für den Staatsanwalt geworden wäre.

Stoof ging in Revision. Der Bundesgerichtshof (BGH) sprach ihn 2007 nicht nur frei - die Richter kritisierten das Urteil aus Potsdam heftig. Doch bis heute sind dem zu Unrecht verurteilten Unternehmer die Auslagen für das Verfahren vom Land nicht erstattet worden - obwohl Brandenburg nach dem BGH-Urteil die Kosten des Verfahrens übernehmen musste.

Fred Stoof sagt, es gehe ihm und seiner Familie gut. Doch der Unternehmer sagt auch, so angenehm sein Leben sei, er hätte gerne mehr Zeit. "Zeit für die Familie, Zeit für mich. Etwas Sport würde mir gut tun", sagt Stoof, der den Potsdamer Kanuverein unterstützt. Selten kommt er dazu, mit seinem Motorboot hinaus zu fahren. "Viele denken, der hat es gut, der reist ständig, der sieht die Welt", sagt er. "Aber ich habe nie Zeit, mir die Länder anzuschauen, in denen ich unterwegs bin." Mehr als die Hotels bekomme er bei den Geschäftsreisen meist nicht zu sehen.

Berliner Zeitung, 08.09.2008