LEXIKON - Bergkristall

 

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BERGKRISTALL

KRISTALLE MIT GESCHICHTE

KULTURGUT BERGKRISTALL

DER "KIESELSÄURE-KRISTALL"

DIE STRUKTUR DES BERGKRISTALLS

DIE QUARZE

KRISTSTALLSUCHER IN KLUFTEN UND SPALTEN

 

DER BERGKRISTALL

 

Aristoteles, der große griechische Philosoph, ist einer der ersten, die sich in wissenschaftlicher Art und Weise Gedanken um die Entstehung der Mineralien machte. In einem Werk über die Steine kommt er auf den „krystallos" zu sprechen und zieht gewagte Schlüsse, in denen er annimmt, dass sich Kristalle nur hoch oben auf den Bergen finden, wo ewig winterliche Kälte herrscht. Gaius Plinius Secundus, genannt der Ältere, widmete seine letzten fünf Bücher den Mineralien und Gesteinen. Ergriffen berichtet er von wunderlichen Steinen, welche in den Mägen bestimm­ter Tiere durch den Einfluss des Mondes gebildet würden; Plinius ist fasziniert vom Glauben, dass viele Mineralien geheimnisvolle und fabelhafte Kräfte besäßen: Sie konnten Feuer entzünden, die Stürme beruhigen, die Intel­ligenz steigern und begleiteten als nicht beeinflussbare und unheimliche Kräfte die Menschen während ihres Lebens. Viel ist darüber gerätselt worden, welches Wissen die alten Römer wirklich über den Bergkristall hatten. Waren Sie den Kenntnissen ihrer Zeit voraus?

In welchen Gegenden befanden sich damals schon Kristallsu­cher, die sich mit Seilen an den Wänden herunterließen? Die Spur führt in die Hohen Tauern, wo es mit hoher Wahr­scheinlichkeit schon vor 2000 Jahren kristallsuchende Men­schen an Seilen gab. Plinius hatte Kunden von denen: Die Kristalle erzielen hohe Preise, denn sie sind selten, das Auffinden gefährlich und mühsam, und die Berge sind voll von makaberen Gestalten, Menschen mit Augen im Bauch, riesenhaften Gesichtern, Dämonen und Geistern.
berkristall mit wassereinschlussDer Magdalensberg in der Nähe von St. Veit an der Glan, in der damaligen römischen Provinz Noricum wurde zu einem bedeutenden Umschlagplatz für Handelsgut. Kristalle wurden hierher gebracht, gefunden in den Bergen der Umgebung. Mit unbeschreiblich einfachen Mitteln war der Mensch bereit, unsägliche Qualen auf sich zu nehmen, um über weite Strecken die Kristalle dorthin zu tragen, wo Bewunderung und viel Geld wartete.
Daran hat sich bis heute nicht viel geändert,  wohlmöglich wartet nicht mehr so viel Geld wie früher.
Überall in den Alpen haben sich Kristallsucher auf die Spuren besonders erlesener Schätze begeben und haben überraschende Entdeckungen gemacht. Nicht alle Gebiete sind gleich reich an Klüften und vor allem die Anzahl und das Auftreten der Mineralien ändert sich von Gebiet zu Gebiet. Aber wieso finden sich so viele verschiedene Mine­ralien in den Alpen, dass sie zu einem nicht mehr wegzudenkenden kulturwissenschaftlichen Aspekt geworden sind?
Allmählich im Laufe der letzten 40 Millionen Jahre wurden im Gebiet der heutigen Alpen einige Gesteinsschichten, gepresst wie in einem Schraubstock, und von südlichen und nördlichen Platten in die Zange genommen, in die Tiefe gedrückt und wandeln sich unter Hitze und Druck in andere Gesteine um. Eine Kette glücklicher Umstände trägt dazu bei, dass der Planet Erde nicht seinen Wasservorrat an den Weltraum verliert. Wasser gibt es auf der Erde in verschwenderischer Fülle. Bei der Feuergeburt der Erde wurden ihr eine Fülle von Eigenarten eingebaut: Schwere Mineralien, wie die Metalle Nickel, Eisen, Blei sortierten sich und sanken dem Prinzip der Schwerkraft folgend in die Tiefe, Silikate blieben obenauf und wurden beim langsamen Erkalten der Erdkruste umgeformt. Flüchtige Gase wie Stickstoff, Kohlenstoff, Edelgase drängten in die Atmosphäre, je mehr Mineralien auskristallisierten, desto mehr wurde Wasserdampf freigesetzt. Das in den Gesteinen gefangene Wasser fand in den Kristallgittern weniger Platz als vorher in der Glutschmelze. Es war eine Milliarde Jahre dauernder Prozess, der allmählich das Bild der Erde formte. Was passiert, wenn verschiedene Gesteinsschichten, für Jahrmillionen unter bis zu 30 Kilometer dicken Gesteinsdecken mit Drücken von 4.000 bis 6.000 bar und Temperaturen bis zu 600 Grad ausgesetzt werden? Solange sie sich im Erdinneren bewegen, sind sie flüssig, je mehr sie aber zur Erdoberfläche gelangen, desto mehr wandeln sie sich. Erst bewegen sie sich noch zäh wie Plastilin. Durch die Verwitterung von oben und die Abtragung vom Druck entlastet, erkaltet das Gestein. Genau  dieser Vorgang  spielte sich bei der Hebung und der damit verbundenen Entstehung der Alpen ab.
Die verschiedensten Gesteinsschichten wurden im Laufe der Jahrmillionen im Innern verfaltet, verschoben und zusammengepresst. Diese Phänomene können wir heute hautnah beim Bewundern eines Bergkristalls oder einer Kristallkluft erleben.

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berkristall werben in kluften gesuchtKRISTALLE MIT GESCHICHTE

Bergkristalle sind Individuen, wobei aufgrund der stets sich wechselnden Bildungsbedin­gungen jeder Kristall seine eige­ne Wachstumsgeschichte hat. Bei den schnell wachsenden „Bambauerquarzen" konnte z.B. der Druck von Zeit zu Zeit in den Klüften entweichen und zur raschen Ausfällung der in den Lösungen enthaltenen Minerali­en führen. In Kristallform lager­ten sie sich an den Kluftwänden ab. Dann trat wieder ein Druck­ausgleich mit dem Nebengestein ein und neue Lösungen began­nen in der Kluft zu zirkulieren. Diese konnte die bestehenden Kristalle anlösen, zersetzen, oder sich auf den bestehenden aufsetzen. Es entstanden so in einem Mikromillieu eine Unzahl verschiedener Formen. Im äußeren Erscheinungsbild können die Quarze „spitzrhomboedrisch" sein, was hinweist, dass bei der Entstehung der Bergkristalle Temperaturen von über 500 Grad geherrscht haben. Oder sie sind „prismatisch", was auf eine Bildung unter 500 Grad hinweist. So offenbart sich in den kleinsten Bereichen schon eine eigenartig verschlüsselte Welt. Ein Großteil aller Zerr­klüfte muss in den Alpen in einer kurzen Zeitspanne entstan­den sein.
In der Wunderwelt im Innern der Erde, überlagert von kilo­meterdicken Gesteinsschichten, konnten Kristalle von den Wän­den herabbrechen und am Boden wieder durch neue Lösungen an­gereichert, verzeilen. Aggressiv konnten die unter Druck und Hitze stehenden Lösungen das Nebengestein auslaugen, und wie ein großer Katalysator neue Stoffe der Kluft zuführen. Sie konnten den Schmelzpunkt wie ein Flußmittel herabsetzen und
sich so eine faszinierende Welt im Innern der Erde aufbauen.

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KULTURGUT BERGKRISTALL
Bergkristalle galten in vergange­nen Zeiten als ein hochgeschätz­tes Material, das zu Gefäßen geschliffen und mit Ornamenten dekoriert wurde. Goldschmiede versahen sie dann mit email­lierten Fassungen aus Gold und Edelsteinen.
Während der Renaissance war das Land Italien im Umbruch. Überall blühte das Künstlertum. Zu den Fürstenhöfen der Medicis strömen die besten Handwer­ker und Künstler, um ein Land von der Düsterkeit und Eng­stirnigkeit früherer Epochen zu befreien. Enorme Summen flie­ßen in die Kunst, Maler werden berühmt und sind hoch geachtet. Bergkristalle mit ihrer enormen Härte und der magischen Trans­parenz gelten als Naturwunder und sind in Ehren, Kunstwerke daraus hochbezahlt. Nur wenige Kunsthandwerker beherrschen die Fähigkeit der Bergkristall­verarbeitung. Der berühmteste von allen: Valerio Belli aus Vicenza, einer Kleinstadt neben Venedig. Sein Meisterwerk, eine Truhe aus Bergkristall, kunstvoll verziert mit Goldumrahmungen und mit verschiedenen Gravu­ren, erzielt die unvorstellbare Summe von 2.000 Florentiner Gulden. Papst Clemens VII. hatte sie 1525 in Auftrag gegeben. Es sollte etwas Einzigartiges und Würdiges für die Hochzeit eines Königs sein; zwei Jahre arbeitet er an dieser Truhe. Die Kunsthandwerker Venedigs dürsten nach den wertvollen und seltenen Rohstoff „Bergkristall". Die wundervollsten Gefäße, Vasen, religiöse Insignien und eine Vielzahl anderer Kunstge­genstände werden aus großen Bergkristallen in mühevoller und kraftzehrender Kleinarbeit herausgearbeitet. Allmählich, in der zweiten Hälf­te des 16. Jahrhunderts, verlagert sich der Mittelpunkt des Berg­kristallschleiferHandwerks von den venezianischen Stätten nach Mailand. Zu den berühmtesten aller Bergkristallverarbeiter sollten zwei Mailänder Dynas­tien werden: Die Miseronis und Saracchis. Ab 1550 werden sie zum Maß aller Dinge. Sie beliefern unzählige Fürstenhöfe Europas. Nicht mehr aus den Tauern, sondern aus den nahen Schweizer Bergen kommt nun das meiste Rohmaterial. Ottavio Miseronis Wirkungsstätte wird der kaiserliche Hof von Rudolph IL in Prag. Sein Sohn wird dort auf Grund seiner Verdienste sogar in den Adelsstand gehoben. Drei europäische Fürstenhäuser kämpfen um das Primat, die schönsten und größten Schatzkammern ihren Untertanen anzubieten: In Tirol Erzherzog Ferdinand IL, in Dresden Kurfürst August von Sachsen und in Prag Rudolph IL Über Tirol webt sich eine goldene Zeit und unter der Förde­rung Ferdinands IL wächst die Mineraliensammlung, was vor allem seiner fast krankhaften Sammelleidenschaft zu verdanken ist. Die sonderbarsten und abartigsten Gegenstände aus dem Reich der Natur werden auf Schloß Ambras in riesigen Gängen und Zimmern zur Schau gestellt, darunter natürlich auch Bergkristalle. Als Ferdinand II. stirbt, verfügt er im Nachlass ausdrücklich, dass die Sammlung für immer beisammen, gemehrt und gebessert werde. Anfangs halten sich die Nachfolger noch daran. Im Jahr 1880 werden die Mineralien nach Wien verfrachtet, wo sie in verschiedenen Museen Aufnahme finden. Kaiser Franz L, Mann der berühmten Kaiserin Maria Theresia, kaufte die damals weltgrößte Sammlung des florentinischen Ritters von Baillou mit 30.000 Mineralien, Fossilien und Muscheln, die Jahre später im Naturhistorischen Museum Wien landete.
Schon Ferdinand IL wollte das gemeine Volk an der Kuriosität und Faszination der Natur teilhaben lassen und machte die   Sammlung   öffentlich   zugänglich. Noch heute will man die Kristalle einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Allerdings beschreitet man zunehmend andere, neue Wege. 1962 findet der erfahrene Rauriser Kristallsucher Sepp Oschlinger im Gebiet des Sonnblicks eine 4 m lange, 1,4 m hohe und 0,8 m breite Kluft. Im Gegensatz zu den meisten Funden konzentriert sich diesmal das Interesse nicht darauf, die 250 kg Kristalle zu bergen, sondern die Kluft naturgetreu nachzubilden. Das Haus der Natur in Salzburg begeht Neuland: Die Besucher sollen ein Stück Natur präsentiert bekommen. Nicht Einzelkristalle, losgerissen aus ihrem Zusammenhang, sondern eine ganze Kluft, wie sie im Hochgebirge vorgefunden wurde. Die Idee wird zu einem durchschlagenden Erfolg. In Nordtirol lanciert das Unternehmen Swarovsky ihre „Kristallwelten". Aufgebaut auf Kunstprodukte, der Natur nachempfunden, weil es die Natur nicht schafft, eine Vielzahl von Kristallen in absoluter Perfektion zu bilden. Dort tummelt sich der Mensch ergriffen in seinen Naturinstinkten: Wo Schätze das Auge bis zum Wahnsinn verdrehen und das Gefühl unendlicher Besitztümer und Macht einen unbeschreiblichen Freudentaumel auslösen.

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bergkristallDER "KIESELSÄURE-KRISTALL"
Dabei scheint Bergkristall in seiner stofflichen Zusammensetzung zunächst nichts Besonderes zu sein: Reiner Quarz, reine Kieselsäure, SiO2, sonst nichts. Zwar hebt er sich in seiner Klarheit und Reinheit von all den anderen Quarzen deutlich ab, doch substanziell ist er eben einfach nur Kieselsäure falls man bei Kieselsäure überhaupt das Adverb „nur" verwenden darf. Schließlich besitzt gerade diese Säure eine besondere Eigenschaft, welche die anderen mineralogisch bedeutsamen Säuren nur in weitaus geringerem Umfang besitzen: Kiesel­säure (H4SiO4) kann sich mit sich selbst verbinden und mit sich selbst äußerst komplexe Strukturen bilden. Die strukturbildende Qualität der Kieselsäure zählt zu den wichtigsten Merkmalen dieser Substanz. Es wohnt ihr quasi ein Drang zur Strukturierung inne, der sich im Mineral umso mehr durchsetzen kann, je größer der Kieselsäuregehalt ist. Diese Strukturkraft gipfelt in den weitgehend metallfreien Kieselsäure-Verbindungen der Quarze und hier insbesondere in deren reinstem Vertreter, dem Bergkristall. Dessen Kristallgitter besteht ausschließlich aus dreidimensional verketteten Kieselsäure-Bausteinen, die so eineinander verwoben sind, dass ein reiner Kristall quasi ein einziges Makromolekül verkörpert. Bergkristall ist demzufolge die vollendete feste Erscheinungsform der Kieselsäure.

 

DIE STRUKTUR DES BERGKRISTALLS

Die chemische Formel des Bergkristalls (SiC>2) ist nur eine Summenformel, die das Mengenverhältnis von Silicium und Sauerstoff im Quarz angibt (1: 2). Die eigentliche Struktur des Bergkristalls entspricht jedoch einem Gerüst-Silikat und besteht entsprechend aus vernetz­ten Kieselsäure-Molekülen, bei welchen jedes Silicium-Atom von vier Sauerstoff-Atomen umgeben ist, so dass räumlich ein Tetraeder entsteht. Die Vernetzung dieser Tetraeder entsteht dadurch, dass jeder der vier Sauerstoffe mit einem weiteren Silicium-Atom verbunden ist, also gleichzeitig den Eckpunkt zweier Tetraeder bildet. Aufgrund der speziellen Bindungswinkel des Sauerstoffs liegen die SiC4-Tetraeder jedoch nicht in einer Ebene, sondern drehen sich, räumlich betrachtet, wendeltreppenartig in die Höhe. Von der Basis zur Kristallspitze hin ergibt sich so eine schraubenartige Gerüstsilikat-Struktur. Äußerlich sichtbar wird diese innere Struktur am Kristall jedoch nur dann, wenn sich zwischen den Prismenflächen und den Flächen der Spitze so genannten Sekundarflächen zeigen.

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DIE QUARZE
Auch im Kontext der gesamten Quarzgruppe wird die Sonderstellung des Bergkristalls noch einmal deutlich. Aus reiner Kieselsäure bilden sich nur drei Erscheinungsformen des Quarzes: Bergkristall, derber weißer Quarz („Schneequarz") und Chalcedon. Alle anderen Varietäten, insbesondere die Jaspis Familie, sind in ihren Eigenschaften durch geringe Beimengungen weiterer Mineralstoffe geprägt. Von den drei „reinen Quarzen" ist jedoch nur der Bergkristall aufgrund günstiger Entstehungsbedingungen (Temperatur, Druck, Raum und Zeit) in der Lage, große sichtbare Kristalle auszubilden. Dem derben weißen Quarz mangelte es an Raum, dem Chalcedon an Temperatur, Druck und Zeit zur Bildung sichtbarer Kristalle.

 

KRISTSTALLSUCHER IN KLUFTEN UND SPALTEN
kristallsucher in kluften und spaltenFür Kristallsucher ist es eine Reise in die Vergangenheit. Kristal­le starren ihnen von den Kluftwänden wie Zeugen aus längst vergangener Zeit entgegen. Sie waren im Laufe der Jahrtausende gewachsen, schneller und langsamer, mit all den Zufällen der Natur. Immer wieder waren wässrige, heiße Lösungen, angereichert mit verschiedenen Mineralien, ausgelaugt aus dem diese Kluft umgebenden Gestein in die Spalte eingedrungen und hatten mit beigetragen, dass das Kristallwachstum nicht zum Er liegen kam.
Der Permafrost zwingt die Kristallsucher am Gramul zum Herausbrennen der Kristalle: Mühselig schleppen sie schwere Gasflaschen in die Höhe, dann beginnt die gefährliche und ungesunde Arbeit. Gefahren gibt es zuhauf beim Brennen, besonders in den tiefen Klüften. Die lodernde Flamme verbraucht eine Unmenge an Sauerstoff, der in dieser Höhe ohnedies nur in geringer Menge vorhanden ist. Die Luft wird stickig, während unterschiedliche Druckverhältnisse in der Höhe zu starkem Überdruck in der Flasche führen können. Dies kann zu einer Verflüssigung des Gases führen, das sich dann explosionsartig entzündet und zu einer tödlichen Gefahr werdend, alles mit sich reißt. In tiefen Klüften funktioniert die Bewetterung nicht mehr, der Mangel an Luftzirkulation macht sich sofort bemerk­bar; besonders in syphonartigen Klüften ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Kommen auch nur wenige Tropfen Wasser auf die Flamme des Brennerkopfes, erlischt diese sofort - ungehindert tritt das Gas in den engen Kristallkammern so lange aus, bis es endlich wieder gelingt mit klammen Fingern den Gasaustritt zu verhindern. Ein erneutes Anzünden des Brenners entflammt das Gas blitzartig. Bis zu den Stumpeln versengte Augenbrauen, kahle Köpfe und verbrannte Gesichtshaut sind die Folge. Norbert Moser und Gerhard Mair brennen, abwechselnd mit neuen Kameraden, an dieser nun schon einige Meter tiefen Kluft.
Im Innern behindert sie immer mehr ein großer, tief hineinreichender Mitterling. Im Lauf der Jahrmillionen hatte er sich von der Kluftwand gelöst und war nun an beiden Seiten mit herrlichen Bergkristallen auskristallisiert. Ein paar Jahre sind sie schon am Werk, immer mehr haben sie das Gefühl, das sie in höchster Lebensgefahr sind: Es scheint ihnen, als werde die Kluft immer instabiler; sie haben Angst vor einem plötzlichen Nachgeben der Kluftwände. Sehr oft kann in den Klüften einzig und allein das Eis die Felsen stabil halten, schmilzt es, können tonnenschwere Felsbrocken
plötzlich, alles mit sich reißend, herunterdonnern. In diesen Eisklüften herrschen Temperaturen um die Minus 20 Grad, so dass die Kristallsucher gezwungen sind, sich immer wieder durch gegenseitiges Abdämmen der Kleidung notdürftig zu wärmen. Steif stehen sie in ihren nassen Kleidern und warten auf die wohltuend auf sie gerichtete Gasflamme der gleichfalls ausgekälteten Mitkollegen, welche allmählich angenehm wärmend in die Kleider tief eindringt. Doch immer ist es ein Spiel mit dem Feuer: Ein unachtsamer Augenblick und schon sind große Teile der Kleidung angebrannt. Dann machen sie sich wieder an ihr Werk. Nie kann die direkte Flamme auf die Kristalle gelenkt werden, sofort würden diese durch den hohen Temperaturunterschied zerspringen. Sie müssen versuchen, Wasserpfützen im Innern der Kluft zu schaffen und das aufgetaute Wasser mit einfachen Gefäßen auf die Kristalle zu schütten.
Das Brennen mit der Gasflamme ist eine der edelsten, aber auch schwierigsten Techniken bei der Mineraliensuche. Nur die wenigsten beherrschen es und bringen die nötige Härte auf, all dies durchzuhalten.

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