LEXIKON - Bernstein

 

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BERNSTEIN

DEFINITION "BERNSTEIN"

DER BERNSTEIN-MUTTERBAUM

DIE NATURFORMEN

DIE EIGENSCHAFTEN VON BERNSTEIN

TRANSPARENZ

BESTÄNDIGKEIT

DIE AKZESSORISCHEN HARZE

KOPAL

DIE BERNSTEINVARITÄTEN

BERNSTEIN (SUCCINIT) WIRD NACH TRANSPARENZ IN VIER URVARIANTEN EINGETEILT

EISCHLÜSSE IN BERNSTEIN: INKLUSEN

PLANZENRESTE IM BERNSTEIN

TIERE IM BERNSTEIN

SELTENE TIERISCHE INKLUSEN

 

BERNSTEIN

 

bernstein ketten messe Ambra GrecoEntstehung und Herkunft des Bernsteins haben seit alters her die Phantasie der Menschen angeregt; es entstanden eine Vielzahl von Mythen und Legenden um den Ursprung dieses Materials. Die wohl bekannteste „Entstehungsgeschichte" stammt aus der griechischen Mythologie. Sie wurde von Euripides (um 480 bis 406 v. Chr.) in einer Tragödie bearbeitet und vom rö­mischen Dichter Ovid in seinen „Metamorphosen" festgehalten: In der Göttergeschichte werden die Schwestern des Phaethon in Schwarzpappeln und ihre Trä­nen zu Bernstein verwandelt. Wie in jeder Legende findet sich auch hier ein Stück Wahrheit. Zwar stammt der Bernstein ur­sprünglich nicht von Pappeln, seine pflanzliche Herkunft als Baumharz war aber schon im Altertum bekannt. So berichtet Plinius d. Ä. in seiner „Naturalis historia":
„Sicher ist, dass der Bernstein auf den Inseln des nördlichen Ozeans entsteht und von den Germanen glaesum genannt wird... Der Bernstein entsteht aber aus dem herabfließenden Mark von Bäumen aus der Gattung der Fichten, wie der Gummi aus den Kirschbäumen, das Harz aus den Fichten durch Überfluß an feuchter Substanz. Durch Kälte oder durch die Zeit und durch das Meer verdickt er sich, wenn ihn die anschwellende Flut von den Inseln weg­führt: ohne Zweifel wird an den Küsten ausgeworfen, wobei er derart hin und her rollt, dass er zu schweben und nicht auf den Grund zu sinken scheint. Auch unsere Vorfahren haben geglaubt, es handle sich um den Saft des Baumes, und nannten ihn   deshalb   succinum.   Zum Beweis seiner Herkunft aus einer Gattung der Fichten dient der fichtenartige Geruch, der beim Reiben entsteht, und die Tatsache, dass er, wenn man ihn anzündet, wie Kienholz brennt und duftet. Den Informationen griechischer und   römischer Autoren   stand
man jedoch bis in die Neuzeit kritisch gegenüber. Heute   weiß   man   zwar,   dass Bernsteine das Harz von Na­del- und Laubbäumen fossil überliefern, nach den genauen botanischen Ursprüngen und den Bildungsumständen wird auch heute noch geforscht. Gegenwärtig kennt man etwa 300 verschiedene fossile Harze. Ihre geologisch- stratigraphisches Alter reicht von Devon bis ins Holozän, d.h. die ältesten kamen vor mehr als 417 Mio. Jahren in die Erde, die jüngsten stammen aus dem Eiszeitalter. Die meisten und ergiebigsten Fundpunkte allerdings haben kreidezeitliches Alter oder stammen aus Tertiär und Pleis-tozän. Auch in Ablagerungen des Devon, Karbon, Perm, Trias und Jura wurden fossile Harze entdeckt. Sie haben aber nur wissenschaftliche und museale Bedeutung.

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Definition „Bernstein"
Bernstein ist ein nicht kristalliner Gesteinsbestandteil aus Jahrmillionen alten Harzen, die feste Partikel bilden und von Nadel- und Laubbäumen abgeschieden worden sind: Es handelt sich also um fossiles Harz. Wegen ihrer Entstehung aus Pflanzenausscheidungen sind fossile Harze „Biolithe", gehören zu den organischen Mineralien und werden in die Gruppe der „Liptobiolithe"' ein­geordnet. Unter diesem Begriff werden Harz-, Wachsharz- und Wachsbildungen von Pflanzen zusammengefaßt, die infolge ihrer schweren Zersetzbarkeit nach der Verwesung der Mutter­pflanzen geologische Zeiträume überdauert haben und erhalten geblieben sind. Die Liptobioli­the werden wegen ihrer Brenn­barkeit zusammen mit den Hunmolithen (Kohlengesteinen) und Sapropelithen (Faulgeteinen. Ölschiefern u.a.) unter dem Oberbegriff „Kaustobioli-the" zusammengefaßt. Da verschiedene bernstein mit einschluesseBäume in verschiedenen geologischen Zeiträumen und Regionen eine Vielzahl unterschiedlicher Harze abgesondert haben, die z.T. fossil erhalten geblieben sind, entsteht gelegentlich eine gewisse Verwirrung bei deren Einordnung, da inzwischen die Bezeichnung „Bernstein" nicht nur für eine einzige Harzart, sondern allgemein für „fossile Harze"" mit unterschiedlicher Herkunft und Eigenschaften verwendet wird, die älter als eine Million Jahre sind. So kann man z.B. auch jedes klei­ne Partikel fossilen Harzes aus dem Karbon als „Bernstein" bezeichnet werden. Dies ist aber nicht unbedingt mit dem Bild des allgemein bekannten, meist gelben und aus dem Ostseeraum stammenden Bernstein in Ein­klang zu bringen. Der Ausdruck „Bernstein" ist deshalb hier in Anführungszeichen gesetzt, da nicht nur baltischer Bernstein, sondern auch andere fossile Harze zur Sprache kommen. In der Mineralogie wird der Be­griff „Bernstein" in der Tat für jenes fossile Harz verwendet, das im 19. Jahrhundert als „Sucinit" bezeichnet worden ist und außer in den Lagerstätten der
südlichen Ostseeküste z.B. auch in Bitterfeld, in der Lausitz, im polnischen Hinterland und in der Ukraine auftritt. Deshalb spricht man bei diesem fossilen Harz von „Bernstein im engeren
Sinne".

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Der Bernstein-Mutterbaum
Seit sehr langer Zeit schon zerbricht man sich den Kopf darüber, welche Pflanzen bzw. Bäume das Harz abgeschieden haben könnten, aus dem der Bernstein entstanden ist. Der naheliegenste Gedanke war, dass die überall bekannte Kiefer (Pinaceae) das Bernsteinharz geliefert haben könnte. Inklusen (so der Name für Bernsteine, die Lebenszeugnisse enthalten) mit Kiefernholz bestätigten diese Vermutung.
Doch bei der Kiefer allein blieb es nicht. Sehr bald fand man her­aus, dass weitere Nadelhölzer wie Fichte, Tanne oder Lärche und darüber hinaus verschiede­ne Gewächse aus anderen Planzenfamilien wie Taxodiaceae, Geinitziaceae und Cupressaceae Bernsteine geliefert haben. So stammen Mexikanischer und Dominikanischer Bernstein z.B. nicht von Koniferen, sondern von Bedecktsamern wie den Fabaceae (Schmetterlingsblütengewächse). Den südameri­kanischen und afrikanischen Kopal wiederum erzeugen andere Leguminosen, und in Indonesien liefern Dipteroccar-paceae (Flügelfruchtgewächse) ebenfalls riesige Harzmengen, aus denen z.B. der Borneo-Bernstein entstand. Weniger Harz erzeugen die Burseraceae (Balsambaumgewächse), die Hamamelidaceae (Zaubernuss-gewächse) und die Styracaceae (Styraxgewächse). Dass man die Wälder, die den Bernstein geliefert haben, rekon­struieren kann, ist den Inklusen zu verdanken. Vom bloßen An­sehen allerdings lassen sich die Pflanzen nur in Ausnahmefällen identifizieren. Dazu bedarf es der Untersuchung mit physika­lisch-chemischen Methoden.

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Die Naturformen
Nicht zu verwechseln mit den Bernsteinvarianten sind die so genannten  Naturformen.  Jedes Bernsteinstück besaß ursprünglich eine nicht dem Zufall unter­worfene Form, die seine Entstehung am oder im Baumstamm exakt widerspiegelt. So werden äußere Tropfenformen auf der Oberfläche der Baumstämme und innere Stammformen, d.h. Harzanreicherungen im Stam­mesinneren, unterschieden. Zur ersten Gruppe gehören Tropfen und blasenartige An­schwellungen, die bei einem ers­ten intensiven Harzfluß bei der Verwundung der Oberfläche des Baumstammes entstanden sind. Bei stärkerem, anhaltendem Harzfluß entstanden daraus Sta­laktitenformen sowie tropfen- und zapfenartige Gebilde, die manchmal am unteren Ende ku­gelförmig verdickt sind. Dünne, metallisch glänzende Harzfäden, an denen das Licht vollständig reflektiert wird, werden „fossile Stecknadeln" genannt.  Die als Schlauben oder Inklusensteine bezeichneten Bernsteinstücke, die außerhalb des Baumstam­mes entstanden sind, müssen zu den Naturformen gezählt wer­den. Charakteristisch ist, dass sie schichtartig durch mehrere, aufeinander folgende Harzflüsse aufgebaut sind. Schlauben kön­nen auch Reste der Sedimente enthalten, in die das dünnflüssige Harz rhythmisch und mit kurzen Unterbrechungen geflossen ist. Die dünnen Harzschichten wirkten nach ihrem Ausfließen wie „Fliegenlanger" und ent­halten deshalb häufig zahlreiche Insekteneinschlüsse (Inklusen). Auffällig ist, dass Schlauben, Zapfen und Stalaktiten meist klar, Tropfen dagegen in der Regel stark getrübt sind. Im Kontrast zu diesen äußeren, leicht deutbaren Formen stehen diejenigen, die sich in Spalten. Wunden und anderen Strukturen im Inneren des Stammes gebildet haben. Zu dieser Gruppe gehören die großen Brocken des getrübten Baltischen Bern­steins. Sie können Gewichte von mehreren Kilogramm erreichen und besitzen häufig eine flache Oberseite: Diese zeigt das obere Niveau des ehemals flüssigen Harzes in einem Hohlraum des Bernsteinbaumes an. Auch typisch dünne, flache Stücke, die früher als besonders wertvolle Handelssorten „Fliesen" und „Platten" genannt wurden, gehören zu dieser Gruppe.
Man unterscheidet:
- Formen, die innerhalb der Rin­de und Borke entstanden sind. Sie sind plattig mit abgerunde­ten Rändern und beidseitigen Rindeneindrücken.
- Formen, die unterhalb der Bor­ke gebildet wurden. Sie haben eine konkave und eine konvexe Oberfläche und Rindenabdrü­cke,
- Formen von Rißausfüllungen. Sie sind beidseitig konvex und zeigen die Ausdehnung und die Gestalt der Spalte.
- Formen, die durch Vernarbung von Verletzungen an den Baum­stämmen gebildet wurden, und
- Harztaschen zwischen den Jahresringen (Zuwachszonen).

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Die Eigenschaften von Bernstein
Bernstein kommt in vielen unterschiedlichen Farbnuancen mit zahlreichen Übergängen vor. Die Farbe variiert von weiß über gelb bis braun und rot. Es gibt aber auch farblosen, grünen, blauen, grauen und schwarzen sowie golden und silbrig glänzenden Bernstein. Das eigentliche Bernsteinmaterial ist aber gelblich. Die verschiedenen Farben entstehen vielmehr durch Einschlüsse im Harz, Rissfüllungen, Verwitterungserscheinun­gen und optische Effekte wie Fluoreszenz, Lichtstreuung und Absorption.

 

Transparenz
Die Transparenz des Bernsteins reicht von durchsichtig klar über durchscheinend bis opak, häufig sogar innerhalb ein und desselben Bernsteinstückes. Die Durchsichtigkeit und die Far­bintensität werden maßgeblich von Größe, Zahl und Anordnung der eingeschlossenen Luftbläs­chen beeinflusst. Gelegentlich enthalten die Blasen auch noch Wasser: Sie werden dann, ver­gleichbar mit einer Wasserwaa­ge. „Libellen" genannt.

 

Beständigkeit
Bernstein verwittert unter dem oxidierenden Einfluss von Luftsauerstoff und wird schon nach wenigen Jahrzehnten sig­nifikant abgebaut.  Dabei  wird er allmählich dunkler. Die Farbe verändert sich über Rotgelb. Rot, Braunrot bis hin zu braunen Farbnuancen. Schmuckgegen­stände aus Ostseebernstein kön­nen schon nach 15 bis 20 Jahren solche Farbveränderungen an der Oberfläche zeigen: Dies lässt sich durch Einlegen in Wasser verhindern. Außerdem entwi­ckelt Bernstein nach Jahren ein Rissmuster an der Oberfläche (sog. Krakelbildung): Dies ist z.B. häufig bei älterem Bern­steinschmuck zu beobachten. In der Natur entwickelt der Bern­stein eine Verwitterungsrinde, deren Dicke zwischen hauch­dünnen Anflügen und mehreren Millimetern variieren kann. Bei kleineren Stücken kann die Ver­witterung bis zur völligen Zermiirbung reichen. Wasser wirkt auf Bernstein konservierend, unter Wasserbedeckung hat er Jahrmillionen überdauert. Starke Säuren sowie auch starke Laugen bleiben bei längerer Ein­wirkungsdauer ohne Einfluss auf den Bernstein. Gegen verschie­dene organische Lösungsmittel ist Bernstein weitgehend bestän­dig, d.h. er löst sich nur teilweise bei längerer Einwirkungsdauer darin auf.
In Abhängigkeit vom Fundort schwanken die Zusammen­setzungen fossiler Harze z.T. erheblich.
Kohlenstoff bildet mit 67 bis 81 % den Hauptanteil, der Rest wird durch unterschiedliche Mengen der Elemente Wasserstoff und Sauerstoff gebildet. Manchmal enthält er noch etwas Schwefel oder auch Stickstoff. In vielen fossilen Harzen konnte die Bernsteinsäure (C4H6O4) nachgewiesen werden, für die u.a. die Spaltung von Betasterol durch Mikroben verantwortlich gemacht wird. Bernsteinsäure war lange ein diagnostisches Kriterium, um fossile Harze in die Succinit- und die Retinit-Gruppe zu unterteilen: Succinit enthält 3 - 8 % Bernsteinsäure, Retinite dagegen nur 0 - 3 %.
Als eine der erfolgreichsten Me­thoden zur Unterscheidung fos­siler Harze und zur Bestimmung ihrer Herkunft wird die in den 1960er Jahren eingeführte Untersuchung mit der Infrarotspek­troskopie angeführt. Mit ihr lässt sich der Succinit ziemlich sicher identifizieren und von anderen fossilen Harzen unterscheiden. Die mit dieser Methode gewon­nenen IR-Spektren sind für jede Harzart verschieden und stellen einen „Fingerabdruck" der je­weiligen Probe dar.

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Die Akzessorischen Harze
„Bernstein im engeren Sinne", auch Succinit genannt, ist ein fossiles Harz, aber nicht das ein­zige, das aus der erdgeschicht­lichen Vergangenheit bis in die heutige Zeit überdauert hat. Im
Laufe der Jahre sind auf fast allen Kontinenten neue Lagerstätten oder Fundpunkte entdeckt worden, deren fossile Harze dem Bernstein im engeren Sinne ähnlich sind. Sie unterscheiden sich aber in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften und anderen Merkmalen. Man bezeichnet diese begleitenden Harze als „akzessorische Harze".
Inzwischen kennt man über 120 Varianten fossiler Harze und es werden immer mehr. Einige davon tragen einen eigenen Na­men, bei neu entdeckten fossilen Harzen bedient man sich zur näheren    Kennzeichnung    des
Namens des Herkunftslandes. Man spricht dann vom Domini­kanischen Bernstein oder Mexi­kanischen Bernstein, usw. Fossile Harze aus lockeren, meist tonig-sandigen Gesteinen geben oft Hinweise auf die seinerzeitige Pflanzenwelt der näheren und weiteren Umgebung. Nur solche Harze, die gleich in ein salziges Milieu, also ins Meer gelangten und dort eingebettet wurden, endeten als Succinit. Alle Harze, die ihre Verwandlung ausschließlich auf dem Festland durchmachten, sind sehr mürbe. Dann gibt es noch fossile Harze, die am Ort ihrer Einbettung von orogenetischen (gebirgsbildenden) oder tektonischen (Gesteinsverschiebungen) Prozessen erfasst
wurden. Die damit verbundenen höheren Drucke und Tempera­turen veränderten die Farbe der Harze von gelb zu rötlich bis dunkelrot und vergrößerten die Transparenz. Tropfen wurden breitgequetscht und es bildeten sich kleinere Risse. Die Inklusen umgibt oft ein dunkler Schleier.


Kopal

nennt man zusammenfassend Naturharze sehr verschiedener botanischer Abkunft, die sich durch ihre Härte und ihren höheren Schmelzpunkt auszeichnen. Ihr Alter reicht von einigen Jahrzehnten bis zu einigen tausend Jahren, sie sind also rezent bis subfossil und werden
häufig in geringer Tiefe an Orten ergraben, an denen heute die erzeugenden Bäume nicht mehr vorkommen. Typischer Kopal ist nicht klebrig, nach einer Politur durchsichtig und fast farblos bis zitronengelb. Mit zunehmenden Alten nimmt die Löslichkeit der Harze ab und die Schmelztemperatur steigt. Die härtesten Kopale sind die wertvollsten, wie der Sansibar- und Mozambik Kopal.
Die Bezeichnung Kopal oder Copal ist indianischen Ursprungs und wurde allmählich auf Harze der Alten Welt übertragen. Die im Handel als Kopale bezeichneten Harze sind sehr vielfältig und entsprechend unübersichtlich. zumal die Abstammung bei manchen Sorten unsicher oder gar nicht bekannt ist. Einerseits ist es oft schwierig, bei ausländischen Stoffen ohne Struktur verlässliche Angaben zu bekommen, andererseits sind eine Reihe von Kopalen subfossil. Sie gelangten aus den Wurzeln der Ursprungs­bäume in den Boden, diese sind inzwischen verschwunden, die Wurzeln vergangen und zurückgeblieben die Kopale teilweise zudem noch an entfernte Orte verschwemmt. Man ergräbt sie in Tiefen von 0,3 bis l m in sandigen Böden oder in Flussbetten.

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Die Bernsteinvarietäten
Bei Bernstein unterscheidet man    verschiedene    Varietäten hinsichtlich Farbe, Transpa­renz und anderen Merkmalen, d.h. nach ihren physikalischen Eigenschaften und der inneren Struktur. Allerdings orientiert sich eine Einteilung stets am Baltischen Bernstein. Nach seinem Auftreten im Meer oder an Land werden zunächst zwei Gruppen unterschieden:
1. Seebernstein oder maritimer Bernstein. Er kommt im Wasser und Sand der Küstenregionen z.B. der Ostsee vor. Seine Ver­witterungsrinde oder Borke ist durch die Tätigkeit des Wassers abgeschliffen. Er erhält auf die­se Weise bereits eine natürliche Politur.
2. Land- oder Erdbernstein. Dieser lagert in Sedimenten an der Küste des Samlands oder wurde während der pleistozänen Eiszeiten durch Gletscher und Schmelzwasser transportiert und in Moränensedimenten sowie zusammen mit Schmelzwasser­sanden und Kiesen abgelagert. Typisch ist eine raue, häufig rissige und löchrige, dunkle Ver­witterungsrinde.

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Bernstein (Succinit) wird nach der Transparenz in vier Urvarianten eingeteilt:
1.  Durchsichtig mit verschiedenen Abtönungen von gelb bis braun und rot
2.  Durchschimmernd
3.  Undurchsichtig mit verschiedenen Abtönungen
4.  Undurchsichtig weiß, manchmal bläulich


Eine andere Untergliederung von Bernsteinvarianten ver­wendet Begriffe, die z.T. schon seit Jahrhunderten gebräuchlich sind. Dabei spielen vor allem die Transparenz und die Verteilung der opaken Einschlüsse eine Rolle.
1.  Schiere  Steine  sind  völlig
klar. Sie sind selten, daher wert­voll und kommen in der Regel als Seebernstein vor.
2.  Matte Steine sind opak und kräftig weiß oder gelb bis braun gefärbt. Sie enthalten zahlreiche Einschlüsse feinster Luftbläs­chen.
3.   Als flumige Steine werden solche Stücke bezeichnet, die wie durch feinen Staub getrübt sind. Sie lassen sich vorzüglich polieren.
4.  Als Bastard werden durch­weg trübe bis sattrübe Steine bezeichnet.
5.  Knochenbernstein, sog. Kreidebernstein oder „Knochen", ist weiß bis elfenbeinfarben, opak und bisweilen bläulich schim­mernd.
6.    Schaumiger Bernstein ist undurchsichtig, matt sehr weich und nicht polierbar.
7.    Brack oder Schlack sind Bernsteine, in denen die Pflan­zensubstanz (vorwiegend Moo­se) gegenüber der eigentlichen Bernsteinsubstanz, die das Bin­demittel bildet, überwiegt.

 

bernstein mit inklusenEinschlüsse in Bernstein: Inklusen
Etwa 10% aller Harze bergen organische Einschlüsse. Um­schließt das Harz gleich mehrere unterschiedliche Typen, spricht der Fachmann von Taphozöno-sen oder Grabgemeinschaften. Gemeint ist, dass die im Tode vereinigten Lebewesen zu Leb­zeiten unterschiedliche Lebens­räume bewohnt haben. Nicht nur die Lebewesen, sondern auch ihre Spuren und ihre Produkte sowie Pflanzen überliefert der Bernstein. Damit hat der For­scher ein Puzzle aus Bildteilen zusammen, aus denen er die Tier- und Pflanzenwelt rekon­struieren kann, wie sie zu der Zeit, als der Bernstein entstand, ausgesehen hat.

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Pflanzenreste im Bernstein
sind wichtige Zeugen der Erdge­schichte, denn sie lassen Rück­schlüsse zu auf das seinerzeitige Klima und die Bodenverhältnisse. Das Harz entzog den einge­schlossenen Pflanzenteilen da; Wasser und konservierte sie. Im Bernstein sind sogar kom­plette kleine Pflanzen über­liefert, wie Moose, Pilze und Flechten.
Für die Erforschung der fossiler Biotope besonders wertvoll sine die so genannten Syninklusen Darunter versteht man die gemeinsame Einbettung vor Überresten verschiedener Orga­nismen, die gleichzeitig neben­einander gelebt haben. Wenn man die Inklusen genauer betrachten will, muss man der durchsichtigen Bernstein an­schleifen. Dann lassen sich unter dem Mikroskop und im Elekt­ronenmikroskop sogar die Um­risse einzelner Holzzellen und die Strukturen von Leitgefäßer erkennen. Solche winzigen Le­bensspuren führen zu den Mutterpflanzen der fossilen Harze. Und je mehr davon vorliegen, desto eher und besser lässt sich das Bild der Bernstein liefern­den Wälder rekonstruieren.

 

Tiere im Bernstein

Man schätzt etwa 2% der Inklusen sind Zooinklusen, also Ein­schlüsse mit Tieren darin. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs in wissen­schaftlichen Instituten ebenso wie in privaten Sammlungen kontinuierlich die Zahl der Inklusen. Das in den letzten Jahren stark steigende Interesse von Sammlern ließ immer mehr kleinere und größere Privatsammlungen entstehen. Man schätzt die Zahl der Inklusen in Sammlungen in Europa und den USA auf weit über 200 000 .
bernstein mit einschlussMan unterscheidet verschiedene „Bernsteinfallen", an denen zu­fällig vorbeifliegende Insekten kleben bleiben oder durch die kleine Tiere eingeschlossen und so verewigt werden. Es gibt 4 Typen, zwei davon, die Klebe-Falle und die Pool-Fal­le, sind die klassischen Fallen der entomologischen Feldfor­schung.
Die Klebe-Falle: Austretendes Harz bildete klebende Rinnsale, an denen aktive Flieger anstrei­fen oder sogar landen und daran haften blieben.
Die Fließ-Falle: Hinabfliesendes Harz schloss unbewegliche oder langsam bewegende Objekte, wie Larven. Puppen, Borkenkä­fer oder Schnecken ein und hielt sie fest.
Tropfen-Falle: Manchmal floss das Harz nicht nur aus, sondern tropfte auf den Boden, traf Blät­ter, kleine Ästchen oder Tiere. Dabei konnte es passieren, dass fliegende Insekten zusammen mit anderen Insekten, die auf dem Boden oder dicht unter der Bodenoberfläche lebten, einge­fangen wurden.
Pool-Falle: Wenn das herabtrop­fende Harz kleine Tümpel bilde­te, konnte der Wind tote Tiere hineinwehen, oder es konnten umherstreifende hineinfallen.
Bei Tieren, die schnell und voll­ständig vom Harz eingeschlos­sen wurden, ist wahrscheinlich kein mumifiziertes Gewebe erhalten geblieben, ihre Weich­teile sind inkohlt und als dunkle Substanz in Hohlräumen zu beobachten. Die dem Bernstein zugeschriebenen Eigenschaften dürfen nicht überbewertet wer­den. Es scheint, dass nur jene Insekten, die vom Harz vollstän­dig eingeschlossen und durch­tränkt wurden, ihre Zellstruktur und ihr Gewebe in einer noch erkennbaren morphologischen Form bewahrten.
Gewebe größerer Tiere ist wahrscheinlich nicht erhalten. Von diesen Tieren blieb nur die äußere Hülle übrig.
Häufig sind Inklusen teilweise oder ganz von einem milchigen Schleier (Phloem) verdeckt. Man nennt diese Erscheinung Verlumung. Ursache sind win­zige Flüssigkeitströpfchen oder Gasbläschen, die sich während der Trocknung und Umwand­lung des Tieres gebildet haben.

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Seltene tierische Inklusen

Unter den Inklusen überwiegen fliegende und Baum bewohnen­de Formen. Sie benutzten die Stämme und Äste als Rastplatz, lebten auf, in oder unter der Borke. Wenn in einem einzigen Bernsteinstück mehrere Lebe­wesen zusammen eingebettet sind, spricht man von Syninklusen. Sie können zu einer oder mehreren Arten oder Gruppen gehören. Oft sind sie rein zufällig zusammen im klebrigen Harz eingeschlossen worden. Oft ist aber das gemeinsame Grab einer einzigen Art im Harz die logi­sche Folge bestimmter Gescheh­nisse. Als Syninklusen fand man z.B. Gruppen schwärmender Männchen oder Weibchen einer Insektenart beim Begattungsakt, schlüpfende Larven aus Eigelegen, wandernde Ameisen usw.
Interessanter sind die Syninklu­sen. die bestimmte Beziehungen zwischen verschiedenen Arten erkennen lassen: Phoresie (Tiere benutzen andere als Transport­mittel), Räuber-Beute-Bezie­hung, Parasitismus. Gerade Parasiten sind in großer Zahl aus dem Baltischen Bernstein nachgewiesen. Vor einiger Zeit hat man sogar die erste parasiti­sche Arthropode gefunden, eine Zeckenlarve (Ixodidae) auf einer Bernsteineidechse. Normale Fossilien bieten dem Entomologen in der Regel kaum Material, mit dem er arbeiten kann. Deshalb haben Insekten im Bernstein großen wissen­schaftlichen Wert. Sie werfen neues Licht auf die Evolution und die Verbreitungsgeschichte von Gattungen und Familien.
Quellen: sämtliche Fotos sind von Prof. Rössler und PiBi dem Fotografen. - Faszination Bernstein von Günter und Brigitte
Krumbiegel - Tränen der Götter, Bernstein, Katalogversion der Ausstellung im Bergbaumuseum Bochum. / Text dieses Artikels: PiBi, P. Büttner

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