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Verpfändete Villen

Madeleine Schickedanz droht Verlust ihrer Anwesen - Quelle Bausparkasse in Schieflage

Ruprecht Hammerschmidt

BERLIN. Die Arcandor-Pleite hat auch die Quelle Bausparkasse in Schwierigkeiten gebracht. Nach Angaben des Verbandes der Privaten Bausparkassen hat das Institut Probleme, sich für sein Kreditgeschäft Kapital bei anderen Banken zu besorgen. Das eigentliche Bauspargeschäft sei zwar nicht davon betroffen. Doch mache die Kreditvergabe etwa für Zwischenfinanzierungen bei dem Anbieter etwa die Hälfte des Umsatzes aus, sagte ein Verbandssprecher der Berliner Zeitung. Schwierigkeiten in diesem Bereich würden die Handlungsmöglichkeiten massiv einschränken. Unterdessen muss Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz - Großanteilseignerin bei der Quelle Bausparkasse - um ihr Vermögen fürchten.

Trotz der Schieflage der Bausparkasse gebe es keinen Grund zur Sorge für die rund 90 000 Kunden, betonte der Sprecher. Das Institut sei Mitglied im Einlagensicherungsfonds der privaten Bausparkassen. Dieser hafte im Falle einer Pleite für die Einlagen in voller Höhe.

Mögliche Zwangsvollstreckung

Rein rechtlich hat die Quelle-Bausparkasse nichts mit dem insolventen Arcandor-Konzern zu tun, betont das Finanzhaus auf seiner Internetseite. Doch ist die Verflechtung über Madeleine Schickedanz gegeben. Sie hält 41 Prozent der Anteile. Zudem zählen nach Angaben eines Insiders zwei weitere Familienmitglieder zu Großaktionären. Dies sei der Grund für die Banken, ihr Kapitalvergabe zurückzuhalten.

Nun plant der Verband - vorsorglich, wie es hieß - unterschiedliche Modelle, mit denen die Refinanzierung gesichert werden kann. Dabei sei ein Eigentümerwechsel nicht ausgeschlossen. Ein Insider rechnet damit, dass die Anteile einige Millionen Euro wert sein dürften. Geld, dass die Quelle-Erbin offenbar gut gebrauchen kann. Denn die Arcandor-Pleite entwickelt sich für sie zum Fiasko. Sie haftet offenbar mit ihrem privaten Vermögen für Kredite des Bankhauses Sal. Oppenheim, mit denen sie den Kauf von Arcandor-Aktien finanziert hatte, berichtete das Magazin Stern. Demnach hat Schickedanz am 16. Oktober 2008 alles verpfändet, was ihr in Deutschland persönlich und als Alleineigentümerin gehört. Die Bank ließ sich nach dem Bericht Grundschulden von 215 Millionen Euro in die Grundbücher der Schickedanz-Anwesen eintragen. Mindestens elf Immobilien und Grundstücke könne die Bank seitdem per Zwangsvollstreckung einziehen und verkaufen, wenn Schickedanz bei Fälligkeit der Darlehen nicht zahlt, hieß es. Darunter seien Immobilien in München und Hamburg, eine Ferien-Villa mit Bootshaus am Tegernsee sowie ein weiteres Anwesen in Nürnberg. Sogar ihr Elternhaus in Hersbruck, ein gut 20 000 Quadratmeter großes Anwesen, sei verpfändet, berichtete das Magazin. In Hersbruck liegt die Wiege des Handelsimperiums, hier eröffnete Mutter Grete Schickedanz nach dem Krieg ihren ersten Laden. Das Büro von Madeleine Schickedanz wollte sich nicht dazu äußern.

Die 65-Jährige hatte bereits zuvor mit Äußerungen Aufsehen erregt, sie habe Angst vor einem Abrutschen in die Armut. "Wenn die Rettung von Arcandor scheitert und die Banken die Kredite fällig stellen, verliere ich alles. Ich bekäme mit meinen 65 Jahren noch nicht einmal Rente", sagte sie damals. Sie lebe von 500 bis 600 Euro im Monat.

Auf viel Mitgefühl der rund 45 000 von der Pleite betroffenen Mitarbeiter wird Schickedanz nicht hoffen können. Der Arcandor-Insolvenzverwalter verlangt von den Karstadt-Beschäftigten freiwilligen Lohnverzicht zur Sanierung. Bei der Versandhandelstochter Primondo soll jeder dritte Job gestrichen werden.

Zudem ist es schwer vorstellbar, dass eine Milliardärin wirklich all ihr Vermögen auf eine Karte gesetzt hat. Und so verwundert es nicht, dass die Sicherheiten nur Immobilienvermögen in Deutschland betreffen sollen. Neben den Anteilen an der Quelle Bausparkasse hat die Familie wohl auch anderweitig vorgesorgt. So habe Schickedanz das größte Anwesen der Familie, die Familienvilla mit Park bei Fürth - bis auf einen Mini-Anteil - bereits 2005 auf einen Sohn übertragen. Madeleine Schickedanz genieße hier lebenslanges Nutzungsrecht, hieß es.

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Insolvenzverwalter macht Druck

Sanierungskonzept: Nach der Eröffnung der Insolvenzverfahren für die wichtigsten Arcandor-Töchter läuft die Arbeit am Sanierungskonzept für Karstadt und den Versandhändler Primondo unter Hochdruck. Spätestens bis zu den in der ersten Novemberhälfte angesetzten Gläubigerversammlungen müssten die Gespräche abgeschlossen sein, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg.

Grundstein: Sollte das Finanzhaus Sal. Oppenheim auf einer Zwangsvollstreckung beharren, wäre neben Schickedanz' Elternhaus in Hersbruck auch ein kleines Kaufhaus im Zentrum der mittelfränkischen Kleinstadt betroffen, das den Grundstein für das spätere Handelsimperium der Familie bildete.

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Foto: Madeleine Schickedanz kann bei ihrem Sohn wohnen.