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THÜRINGEN

Gesiegt und doch verloren

Mira Gajevic

Bodo Ramelow hat es allen gezeigt, mal wieder. Fast im Alleingang hat der Spitzenkandidat der Linken in Thüringen ein überragendes Wahlergebnis für seine Partei geholt. Doch wie ein glücklicher Sieger sieht der 53-Jährige an diesem Abend im Erfurter Landtag nicht aus. Genervt fährt er Journalisten an, die ihm immer nur diese eine Frage stellen: Würde er auf den Posten des Ministerpräsidenten verzichten, um damit eine rot-rote Regierung zu ermöglichen?

Verzichten! Fast hört man die Empörung in seiner Stimme, dass möglicherweise alles umsonst war; die Rückkehr nach Thüringen, der aufreibende Wahlkampf zwischen Nordhausen und Suhl, Gera und Eisenach. Bodo Ramelow wollte Ministerpräsident werden, mit keinem geringeren Ziel hat er dem Bundestag und dem sicheren Listenplatz in Berlin den Rücken gekehrt. Und wenn er jetzt nicht Regierungschef werden sollte, dann liegt es ausgerechnet am Erfolg des Politikers Bodo Ramelow. Wenn der Spruch des sich zu Tode Siegens auf jemanden passt, dann auf den selbstbewussten gebürtigen Niedersachsen, den Macher und Einpeitscher unter den Linken. Das Zusammengehen von PDS und WASG managte der damalige Fusionsbeauftragte so geschickt, dass allen Unkenrufen zum Trotz am Ende eine geeinte Linke da stand. Dass der frühere Gewerkschafter mitunter einen rauen Ton pflegt, deutete der frühere WASG-Vorsitzende Klaus Ernst an, als er über Ramelow sagte, "manchmal habe ich gedacht, der Bodo frisst morgens schon Reißnägel".

Doch die Partei zeigte sich wenig dankbar ob dieser Erfolgsbilanz. Statt seiner wählte sie Dietmar Bartsch zum Bundesgeschäftsführer und im höchsten Amt hat sich Oskar Lafontaine festgesetzt.

Der Wahlsieger von Thüringen ist zwar in gewisser Weise der Wahlverlierer. Doch in der Parteizentrale in Berlin wird man mit Bodo Ramelow nach diesem Wahlergebnis weiter rechnen müssen.

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Foto: Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linken in Thüringen