Sonntag, 8. November 2009 | Schriftgröße: AAA

» Registrieren / Anmelden

Wenn es Nacht wird im Audimax

Wie schlecht sind unsere Universitäten? Zum Hauptartikel

Studenten prangern die Zustände an den Hochschulen an - am heutigen Aktionstag tragen sie ihren Protest erneut auf die Straße. Der KURIER macht einen vergleichenden Blick ins Ausland.

Oben: Amerikanische Elite-Uni-Studenten feiern ihren Abschluss, Unten: Überfülltes Audimax Unterschiede: Anders als in heimischen Hörsälen (unten) sind die Studienbedingungen in Harvard (oben) prächtig DruckenSendenLeserbrief
kommentieren Bookmark and Share
Tausende Studenten werden heute ihrem Unmut über die zum Teil miserablen Bedingungen an den Universitäten Luft machen und erneut demonstrieren. Internationale Vergleiche scheinen den Protestierenden recht zu geben: Im jüngst veröffentlichten Times -Universitätsranking findet sich in der weltweiten Bestenliste der Top-200-Unis lediglich eine österreichische Hochschule - die Uni Wien abgeschlagen auf Platz 132 (siehe Infografik) . Aber wie gut oder schlecht sind die heimischen Unis wirklich? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum sind Österreichs Universitäten in den weltweiten Rankings so weit hinten?
Ranglisten wie das Times- Ranking berücksichtigen sehr spezielle Kriterien. Dazu gehören die Meinung von Wissenschaftlern über eine Uni, die Zahl der Publikationen und der Zitierungen daraus, das Betreuungsverhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden oder die Zahl der (Nobel-)Preisträger, die eine Uni hervorgebracht hat. Die Spitzen-Unis können mit den österreichischen kaum verglichen werden, da sie meist über strenge Zugangsbeschränkungen und über ein höheres Budget verfügen. "Man muss differenzieren", betont die renommierte Molekularbiologin Renée Schroeder, "auch in Österreich gibt es sehr gute Bereiche, etwa Physik oder Mathematik an der Universität Wien".

Sind die Unis unterdotiert?
Österreichs Unis verfügen über 2,5 Milliarden Euro im Jahr. Die Elite-Uni Harvard hat ein Stiftungsvermögen von rund 16 Milliarden Euro, das jährliche Budget beträgt 2,5 Milliarden. Österreichs Universitäten mit insgesamt 270.000 Studierenden steht damit dasselbe Budget zur Verfügung wie einer US-Uni mit 20.000 Studierenden.

Ist Österreich das einzige Land, in dem es keine Studiengebühren und nahezu keine Zugangsbeschränkungen gibt?
Laut Universitätenkonferenz gibt es kein vergleichbares Industrieland, das sowohl auf Studiengebühren als auch auf Zugangsbeschränkungen verzichtet. Ausnahmen sind in Österreich die Fächer Kunst, Medizin und Psychologie, die Pädagogischen Hochschulen sowie alle Studien an Fachhochschulen.

Sind Studiengebühren sozial ungerecht, weil sich Kinder wohlhabender Eltern leichter ein Studium leisten können?

Hier gibt es keine eindeutige Antwort - der soziale Ausgleich hängt vom jeweiligen Stipendien-System ab. Markus Arnold, Hochschulforscher an der Universität Klagenfurt, verweist auf die USA, "wo die Studiengebühren vor allem für den Mittelstand zum Teil nicht gut genug abgefedert sind". Studenten aus finanziell schwachen Familien bekämen zwar ordentliche Stipendien, jene aus dem Mittelstand müssten allerdings häufig Kredite aufnehmen, um das Studium zu finanzieren. Forscherin Schroeder dagegen hält Studiengebühren für wichtig: "Was nichts kostet, ist nichts wert." Bei entsprechendem Ausgleich durch Stipendien sei die soziale Verteilung gewährleistet.

Wäre es nicht sinnvoll, angesichts des Studentenandrangs aus Deutschland mit den Nachbarn über einen finanziellen Ausgleich zu verhandeln?
"Theoretisch ja", sagt Christoph Badelt, Vorsitzender der Universitätenkonferen, "allerdings ist das fernab der politischen Realität". Deutschland habe mit gutem Grund die Zahl der Studienplätze beschränkt. "Warum sollte die Bundesrepublik jemandem in Österreich einen Studienplatz finanzieren, der in Deutschland keinen hat?", fragt Badelt. "Wäre Berlin der Meinung, es sollten zum Beispiel mehr Mediziner ausgebildet werden, dann würde man die entsprechenden Studienplätze in Heidelberg oder Berlin finanzieren - und nicht in Wien oder Innsbruck."


Artikel vom 05.11.2009 07:11 | KURIER | Christian Böhmer und Maria Kern


kommentieren

Kommentare werden geladen...


Werbung