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Streit in einem überflüssigen Amt

Die Aufgaben des Bundespresseamtes könnten Privatfirmen wahrnehmen

Dieter Schröder

Das Bundespresse- und Informationsamt, wie es offiziell heißt, war von seiner Gründung an eine Fehlkonstruktion. Deshalb hat es auch von Anfang an immer Krach innerhalb des Amtes und um das Amt gegeben. Die augenblicklich zwischen Amtschef und Regierungssprecher Peter Hausmann sowie seinen Spitzenbeamten tobende Auseinandersetzung ist nichts Ungewöhnliches. Offiziell geht es nur um die Einsparung von ein paar lumpigen Millionen; dahinter stecken aber tiefsitzende persönliche und parteipolitische Rivalitäten. Der Bundeskanzler, der bereits seit dem frühen Sommer um eine Entscheidung in diesem Streit aufgefordert wird, schweigt vielsagend. Aber zu der vernünftigsten Entscheidung, das Amt einfach aufzulösen, wird er sich nicht durchringen können. Das Amt ist eigentlich überflüssig. Den Steuerzahlern könnten damit einige hundert Millionen Mark jährlich erspart bleiben.

Aber der Reihe nach, zuerst zum gegenwärtigen Streit: Der Bundeskanzler ist in einer schwierigen Lage, weil er sich einen Vertrauten ins Amt geholt hatte, der gerne selber Amtschef geworden wäre, den Meinungsforscher und CDU-Mann Walter Gibowski. Dieser mußte sich dann aber mit der Stellvertreterrolle begnügen, weil Theo Waigel im Koalitionsgerangel seinen Vertrauten durchsetzte, den CSU-Mann Peter Hausmann. Das Presseamt übt auf alle an einer Koalition beteiligten Parteien einen starken Sog aus. Einerseits als Abstellgleis für woanders arbeitslos gewordene Parteibeamte und andererseits als Kontroll- und Einsatzzentrale für die Selbstdarstellung der Regierung. Jede Koalitionspartei möchte sicherstellen, daß sie dabei nicht zu kurz kommt. Deshalb legt auch die FDP wert auf leitende Positionen im Presseamt. Mit dem Hausmann-Stellvertreter Herbert Schmülling und zwei hochrangigen Abteilungsleitern ist sie gut vertreten.

Nun hätten die eingebauten Konflikte vielleicht gedämpft werden können, wenn Peter Hausmann voll damit beschäftigt wäre, seinen Kanzler gut zu verkaufen. Er hat aber wenig zu sagen - einerseits weil ihn der Kanzler kaum informiert, andererseits weil ihm die Entertainer-Qualitäten seines Vorgängers Dieter Vogel fehlen. Wenn es ihm an Informationen mangelte, was oft der Fall war, konnte Vogel die Journalisten wenigstens durch kabarettreife Späße unterhalten. Um das Amt kümmerte sich Vogel wenig, was beiden Seiten viel Ärger ersparte. Inzwischen hatte sich Kohl als Ersatz für den noch aus Adenauer-Zeiten stammenden Eduard Ackermann einen neuen ergebenen "Öffentlichkeitsarbeiter" ins Kanzleramt geholt: Andreas Fritzenkötter, ohne dessen Hilfe kein Journalist zum Ohr des Kanzlers vordringt. Der von Kohl kaum geforderte Hausmann hat seinen Ehrgeiz nun nach innen gerichtet und mußte so mit seinen Spitzenbeamten in Konflikt geraten. Der enttäuschte Gibowski verbündete sich in dieser Auseinandersetzung mit den FDP-Leuten gegen die geplante Strukturreform des Amtes und die damit verbundenen Einsparungen.

An und für sich ist die Strukturreform vernünftig; sie geht aber nicht weit genug. Dem Bundespresseamt ist von Anfang an der Vorwurf gemacht worden, daß es nichts anderes sei als eine Propagandazentrale der CDU, die sich der erheblichen Mittel des Amtes bediene, um Reklame für die Partei zu machen und parteinahe Organisationen zu finanzieren. Zu Konrad Adenauers Zeiten war der Verdacht auch gerechtfertigt. Adenauer selber verhinderte aber noch rechtzeitig, daß sich sein ehrgeiziger und machtbesessener Staatssekretär Otto Lenz Anfang der fünfziger Jahre zum Informationsminister ernennen ließ und damit Erinnerungen an Goebbels wachrief. Erst der unvergessene Felix von Eckardt holte das Amt vorübergehend aus der Schußlinie. Heute wie damals könnte man die unbestrittenen und unverdächtigen Informationsaufgaben des Amtes Privatunternehmen übertragen statt Hunderte von Beamten zu beschäftigen. Der Regierungssprecher könnte wie in London und Washington üblich als Spitzenbeamter im Sitz des Regierungschefs angesiedelt werden. Das Presseamt ist nicht nur überflüssig, es erweckt ungute Erinnerungen. +++