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Furcht vor der Möglichkeit

Jörg Schiffmann

Der Schreck saß tief. Ein Fußballspieler aus Ghana, der nicht nach Berlin kommen will, weil er Angst vor rassistischen Übergriffen hat?

Tatsache ist, daß tatsächlich ein paar fremdenfeindliche Hohlköpfe direkt bei Hertha gegen die Verpflichtung des dunkelhäutigen Sebastian Barnes protestierten. Die Unverbesserlichen sterben halt nicht aus, damit hat fast jeder Verein - vor allem im Fußball - zu kämpfen.

Tatsache ist aber auch, daß der junge Mann von diesem Geschreibsel überhaupt nichts wußte und dies so auch nicht als Grund für seine Absage angeführt hat, sondern allein sportliche Gründe ins Feld führte.

Okay, auf der einen Seite der Kicker aus Ghana, auf der anderen Seite die Protestbriefe - diese Kombination war offenbar einfach so verlockend, daraus eine große Geschichte zu machen. Inzwischen hat sich alles aufgeklärt.

Ein zur Ausmusterung vorgesehener Vertragsamateur will lieber bei einem Erstligisten weiterhin - wenn überhaupt - auf der Bank sitzen, als beim Zweitliga-Zehnten Hertha die Stiefel zu schnüren. Was, am Rande bemerkt, dem Berliner Traditionsklub nicht gerade zur Ehre gereicht.

Also außer Spesen nichts gewesen? Falsch, denn so einfach dürfen wir nicht zum Tagesgeschäft übergehen.

Was nachdenklich machen muß, ist die allgemeine Bereitschaft, diesen Vorgang für denkbar, für möglich zu halten. Sie nährt den Verdacht, wir hätten uns in unseren Köpfen mit der Tatsache arrangiert, daß Fremde hier in Berlin gefährlich leben. Die Hatz auf Ausländer als Alltags-Allerlei?

Diese Sache macht es dringender denn je, den Satz "Mein Freund ist Ausländer" auch zu leben. Wenn wir uns damit abfinden, daß unsere Stadt den Stempel als Hochburg des Rassismus unverrückbar trägt, ist es zu spät. +++