Karl-Heinz Heimann, Herausgeber des Kicker Sportmagazins
Heimanns Scheinwerfer hat in seiner ganzen sachlichen Betulichkeit Generationen von Fußballfreunden beglückt und gemartert. Immer blickte man auf dieses strenge Gesicht mit Scheitel im Halbprofil: "K.-H. Heimann dreht den Scheinwerfer." Immer kamen seine Worte mahnend, altväterlich, manchmal pastoral. Er schrieb über Achtung, Dankbarkeit, Aufrichtigkeit. Immer abwägend, Ironie nie, Polemik igitt. Schon bei der Premiere am 21.10.1968 zog Heimann "ganz tief den Hut" vor besonderen Leistungen und zeigte sich ein bisschen als Rassist seiner Zeit, als er die "schwarze Welle" im Langstreckenlauf vorhersagte. Über den 400-Meter-Lauf stellte er fest: "Eine Strecke, die ich nach wie vor für Frauen als mörderisch empfinde."
Meist jedoch ging es, wie beim "Kicker" überhaupt, um Fußball. Stets mahnte Heimann Vernunft an und warnte vor übereiltem Urteil. Er bremste bei Triumphen, war immer kompromissfreudig - 1973/74 plädierte er ausdrücklich für Netzer und Overath im Nationalteam.
Sensationell ist dieser Archiv-Fund: 1974 schrieb Heimann über die WM-Niederlage gegen "die Nationalmannschaft der DDR" (üblich sonst war Auswahlmannschaft der "DDR"), die zudem "taktische Klugheit" gezeigt hätte. Mit Kritik hielt sich Heimann, "der Mensch gewordene Zeigefinger" ("Nürnberger Nachrichten"), gern zurück. "Kritiker sind allzu oft nur Neider."
Heimann hat die Rangliste des deutschen Fußballs erfunden, die Torjägerkanone und den Fußballer des Jahres. Auch nach seiner Zeit wird die Elf des Tages gekürt und werden Schulnoten verteilt. Der "Kicker" wird puristisch bleiben, altmodisch, unaufgeregt, immer auf Ballhöhe und Grasnarbentiefe. Skandale aufdecken, Gerüchte lancieren? Sollen andere machen. Schlimm auch die Folgen von Zeitdruck und Boulevardisierung, so Heimann am Montag: "Verwilderte Sprache und Sitten".
Die "Kicker"-Druckauflage bleibt auch in der Krise konstant (montags 375.000). Immer gilt es, das Kind im fußballinfizierten Mann zu bedienen und seine Hingabe an Zahlen und Tabellen. Heute sind, zumindest online, 118 Ligen dank "Kicker" studierbar, vom Kampionati in Albanien über die kasachische Super League bis zur Abstiegsrunde Zypern; daheim geht es bis hinunter in die 93 deutschen Siebtligen.
Heimanns "Kicker" hat die Fußballsprache geprägt: Es ist die Welt der Arbeitssiege und Schönspielerei, der sattelfesten Abwehrreihen und etatmäßigen Mittelstürmer. Entscheidend ist die akribische Analyse jeder Torchance, ob hastig vergeben oder scheltenswert vertändelt. Immer sind Fotos kämpfender Kerle zu sehen. Symbolbilder sind dem "Kicker" fremd wie Lifestyle oder Feuilletonismus.
Gern war es in Heimanns Scheinwerfer 5 vor 12, beim Bundesligaskandal Anfang der 70er sogar "eine Sekunde vor 12!" Zu viel Taktiererei aufm Platz, dieses neumodische Ballgeschiebe, treibt Heimann 2002 betrübt zu einem seltenen Wortspiel: "Da werden Ketten aufgereiht, von denen keine Perle mehr funkelt." Wenn die Nationalelf ("Die Unsrigen") verliert schreibt er: "Keiner war auf dem Platz, an den sich weniger erfahrene Spieler mal anlehnen konnten." Heimann lesen ist eine Reise in die Kindheit.