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13.01.2010

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Ausland
Rosarno (Foto: AP)
1000 Erntehelfer verlassen nach Unruhen süditalienische Stadt
Leben unter menschenunwürdigen Bedingungen

Rosarno treibt Immigranten in die Flucht

Mehr als 1000 Erntehelfer sind aus der süditalienischen Stadt Rosarno weggebracht worden, nachdem es in den vergangenen Tagen zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Bewohnern und Polizisten gekommen war. Ausgelöst wurden die Unruhen offenbar durch Schüsse, die Unbekannte auf die Einwanderer abgefeuert hatten.

Erntehelfer in Rosarno vor ihren Unterkünften, alten Bauernhäusern und einer Fabrikhalle (Foto: AFP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: In alten Bauernhäusern und einer Fabrikhalle hausten die Erntehelfer. ]
Die Behörden brachten etwa 800 Immigranten mit Bussen in Notunterkünfte in den Städten Crotone und Bari. Als die Busse aus der 15.000 Menschen zählenden Kleinstadt abfuhren, applaudierten Einwohner. Viele Immigranten, die meisten im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung, waren zuvor auf eigene Faust geflohen. Aus Angst verzichteten sie sogar auf ihren Lohn, sagte eine Vertreterin des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge in Italien. Ein 25-jähriger Ghanaer sagte der Nachrichtenagentur AFP, sein Arbeitgeber schulde ihm 200 Euro. Er habe aber zu viel Angst, um in Rosarno zu bleiben: "Wenn ich nicht gehe, werde ich sterben".

Unruhen nach Schüssen

In Rosarno hatte es seit Donnerstagabend gewalttätige Ausschreitungen zwischen Bewohnern und Polizisten sowie Einwanderern gegeben. Dabei wurden nach Behördenangaben 67 Menschen verletzt, darunter 31 Ausländer, 17 Einheimische und 19 Polizisten. Nachdem Unbekannte mit Luftgewehren auf die Erntehelfer geschossen hatten, gingen diese aus Wut auf die Straßen, steckten Autos in Brand, schlugen Schaufenster ein und lieferten sich Kämpfe mit der Polizei.

Aufgebrachte Anwohner wollten sich dafür offenbar am Freitag rächen. Mit Steinen, Gewehren, Traktoren und Eisenstangen gingen sie auf die protestierenden Saisonarbeiter los. Sie fuhren mehrere Afrikaner absichtlich mit ihren Autos an, errichteten Barrikaden und besetzten vorübergehend das Rathaus.

Italienische Medien berichteten von einer wahren "Jagd auf Schwarze". Am Samstag beruhigte sich die Lage in Rosarno wieder.

Sklavenarbeit für einen Hungerlohn

In der Gegend um Rosarno waren mehr als 4000 Immigranten überwiegend illegal als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt. Für Hungerlöhne arbeiteten sie unter oft menschenunwürdigen Bedingungen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks hausten sie in einem alten Fabrikgebäude vor der Stadt, in dem es lediglich acht Chemietoiletten und drei Duschen für 1000 Menschen gibt. Andere kamen in verlassenen Bauernhöfen unter. Ihr Tagesverdienst liegt bei etwa 25 Euro. In der Regel behalte die örtliche Mafia noch fünf Euro "Aufenthaltssteuer" ein, hieß es in italienischen Medien. "Mit 15 bis 20 Euro pro Tag haben wir diese Menschen zu modernen Sklaven gemacht - eine hässliche Seite im Geschichtsbuch Italiens", sagte ein Lokalpolitiker.

"Organisierte Kriminalität"

Immigranten werden in Bussen aus Rosarno weggebracht (Foto: dpa) Die italienische Justiz untersucht inzwischen eine Verstrickung der kalabrischen Mafiaorganisation "'Ndrangheta" in die Ereignisse. Wahrscheinlich wollten sie Tagelöhner bestrafen, die kein Schutzgeld bezahlt hatten, hieß es in italienischen Medienberichten. Innenminister Roberto Maroni prangerte im Fernsehsender Sky die Ausbeutung der Einwanderer durch die "organisierte Kriminalität" an.

Harsche Worte vom Papst

Papst Benedikt XVI. reagierte mit harten Worten auf die Gewalt in der Region Reggio Calabria. Beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz in Rom erinnerte er daran, dass Einwanderer die gleichen Rechte wie alle anderen haben. Sie müssten respektiert werden, auch wenn sie aus anderen Kulturen und Traditionen stammten.

In Rom fand gestern eine Kundgebung zur Unterstützung der Einwanderer von Rosarno statt. Am Rande der Veranstaltung kam es zu Rangeleien zwischen Demonstranten und der Polizei.

Stand: 10.01.2010 16:14 Uhr
 

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