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Artikel aus dem EXTRA LexikonPrint this

Ein Gespräch mit der Schauspielerin Dunja Sowinetz

„Tierarzt und Schauspieler sind gar nicht so weit voneinander entfernt"

Von Karl René Cerveny

„Gemeinsam mit meiner Freundin Caroline Kozcan habe ich das Musical ,Guys & Dolls` übersetzt. Aber das ist schon zehn Jahre her", erzählt Dunja Sowinetz, angesprochen auf den
Bühnenerfolg „Mizzis und Strizzis". Mit der Aufführung dieses Stücks am Wiener Metropol wurde ihr Name erstmals · unabhängig von dem ihres legendären Vaters Kurt · einem größeren Publikum bekannt.

„Die Arbeit an ,Mizzis und Strizzis` erledigten wir während der diversen Vorstellungen in der Burg", meint sie bescheiden. „Während der langen Peymann-Aufführungen, bei denen man ja nicht in
jeder Szene etwas zu tun hat. Da haben wir das immer in der Garderobe angegangen. Übersetzt war es dann relativ schnell. Das dauerte keine zehn Jahre. Fertig übersetzt war es nach etwa drei Jahren.
Dann war es fix und fertig."

Leider folgten daraufhin Probleme mit dem Verlag. Es ging darum, daß das Stück nicht in Wien spielen darf. Deshalb wird die Stadt auch nicht explizit genannt. Zwar kann jeder Zuschauer eindeutig den
Schauplatz definieren · schon der Titel „Strizzis und Mizzis" legt eindeutig die geographische Ansiedlung fest ·, trotzdem hat sich letztendlich keiner · nicht einmal der gestrenge Verlag ·
aufgeregt.

„Das war ein ewiges Hin und Her. Wir mußten das Buch wieder zum Verlag schicken, der es erneut kontrollierte · und so weiter. Letztlich haben sie dann diese Fassung, die man im Metropol auf der
Bühne sehen konnte, autorisiert. Wir mußten auch alle Namen vom Original ändern, was ja nicht unbedingt üblich ist."

Bis zur Aufführung jedoch verging noch einige Zeit. „In Wien dauert alles halt wahnsinnig lang, bis die Leute auf etwas anspringen ", erklärt Dunja Sowinetz. „Es waren viele der Meinung: Es
gibt in Wien keine Heilsarmee, deshalb wird das alles in Wien nicht aufgehen. Aber das stimmt nicht. Das hatten wir natürlich recherchiert: Es gibt sehr wohl eine Heilsarmee in Wien, im zweiten
Bezirk. Schließlich zeigte sich, daß das ganze Konzept aufging."

Und warum bekam man die Burgtheater-Schauspielerin nicht auf der Metropol-Bühne zu sehen? „Ich spielte nicht mit, weil das mit meinem Engagement nicht machbar gewesen wäre. Ich versuchte auch gar
nicht freizukommen, weil ich ein paar Vorstellungen hatte und zeitlich wäre es nicht einmal mit den Proben in Einklang zu bringen gewesen. Bei Karlheinz Hackl war das anders. Er war ja karenziert.
Mit Hackl ging das schon sehr lange. Er erhielt den Text schon vor ziemlich langer Zeit, und er gefiel ihm auch sehr gut. Ich bin froh, daß er bis zum Schluß dazu stand und noch nach so langer Zeit
dazu bereit war, bei diesem ,Experiment' mitzuwirken. Dietrich Siegl, Gabriele Schuchter, Ruth Brauer und auch Hansi Lang, Vickerl Adam sowie die ganze Strizzipartie · die sind alle allererste Sahne"
, ergeht sich Dunja Sowinetz in Lob über die Schauspieler.

Auf die Idee, „Guys & Dolls" zu übersetzen, kamen Caroline Koczan und Dunja Sowinetz über eine Radiosendung in der das Musical vorgestellt wurde. In London wurde das Musical von Schauspielern des
National Theatre gesungen und gespielt. Caroline Kozcan hörte, daß es für einige Menschen unvorstellbar wäre, daß Burgtheaterschauspieler so ein gutes Musical zustande bringen könnten.

Gemeinsam mit Dunja Sowinetz war der Ehrgeiz angestachelt · und die Übersetzung begann. Allerdings noch ohne konkrete Pläne für eine tatsächliche Aufführung. Das alles ergab sich erst mit der Zeit.
„Das ist die Geschichte, die wir eh schon erzählt haben", wehrt Dunja Sowinetz dieses Thema ab. Schließlich wurde intern eine kleine Auseinandersetzung mit Gerhard Bronner kolportiert. Der fand
nämlich, daß Burgtheaterschauspieler „Guys & Dolls" nicht auf die Bühne bringen könnten.

„Ich schätze Gerhard Bronner sehr", räumt sie dieses Mißverständnis aus dem Weg. „Es ging auch gar nicht darum, etwas zu beweisen oder eine Konkurrenzsituation zu schaffen." Gemeinsam mit
ihrer Freundin startete sie nur einen Versuch, der letztendlich auch auf die Bühne gebracht wurde.

Schon zuvor hatte Dunja Sowinetz zur Feder gegriffen. Sie schrieb einige Liedtexte für Heli Deinböck, und gemeinsam mit ihrer Mutter Inge verfaßte sie die Erinnerungen „Kurt Sowinetz · Man müßt mit
an Vogerl Bruderschaft trinken . . ." (erschienen im Verlag Amalthea).

„Schreiben macht mir eigentlich mehr Spaß als Theaterspielen", meint sie. „Besonders wenn man am Burgtheater nicht besonders oft drankommt. Das liegt aber auch daran, daß das Theater und der
Stab sehr groß ist", relativiert Dunja Sowinetz sofort. „Ich möchte jetzt nicht wieder in das Geschimpfe einfallen. Ich stehe Claus Peymann neutral gegenüber, schätze ihn in vielen Dingen, und
in vielen auch nicht", hält sie sich aus dem inzwischen nicht mehr tobenden Streit um den Ende des nächsten Jahres aus seinem Amt scheidenden Burgtheaterdirektor heraus.

„Ich habe ein Drehbuch in Vorbereitung · ein Stück auch", lenkt sie ein wenig stolz auf ihre schriftstellerische Tätigkeit über. „Aber ganz möchte ich nicht von der Schauspielerei weg. Es
half Caroline Koczan und mir für das Stück ,Strizzis und Mizzis' sehr, daß wir Schauspielerinnen sind. Das wurde uns auch von den Akteuren zugestanden. Der Text sehr sprechbar, er geht sozusagen gut
in den Mund. Wir überlegten immer, wie wir das auf der Bühne gerne sprechen wollten. Und das ist uns · glaube ich · halbwegs gut gelungen."

Die richtige Sprache am rechten Ort findet sie äußerst wichtig. „Ich kann Geschichten nicht leiden, die in der Luft hängen. Wenn etwa in einem kleinen Bergdorf in Tirol in Hochdeutsch gesprochen
wird. Da können die Schauspieler nichts dafür · das sind sicher gute Schauspieler ·, aber eine Universalsprache, das ist nicht Meines", wünscht sich Dunja Sowinetz, daß mehr aus dem Bauch heraus
geschrieben und gespielt würde.

So lobt sie am Burgtheater u. a. auch, daß die Schauspieler ihre eigene Sprache bewahren können. „Mir ist lieber, es redet einer einen Shakespeare mit Schweizer Akzent, aber er ist er selber. Die
Sprache wirkt dann auf jeden Fall lebendiger."

In den Erinnerungen an ihren Vater schrieb Dunja sinngemäß, daß Kurt Sowinetz Wert auf die Sprache gelegt und sie den Umgang mit der Sprache von ihm quasi geerbt hätte. „Ich weiß nicht, habe ich
das gesagt?", überlegt sie laut. „Mein Vater hat auch sehr viel nicht gesagt", präzisiert sie ihre schriftliche Erinnerung. „Er war niemand, der unnötig viel geplappert hat. Das, was er
dann sagte, war schließlich wesentlich. Ich lernte sicherlich viel von ihm, aber nicht, indem er es mir aufgezwungen, sondern indem er es mir vorlebte. Ich weiß nicht, ob man die Sprache von jemanden
erlernen kann. Sie soll immer etwas Eigenes sein."

Als Außenstehender beschleicht einen oft das Gefühl, daß berühmte Namen sehr hilfreich sein können. „Mein Vater, der berühmte Name, hat mir weder geholfen, noch Probleme gebracht", meint Dunja
Sowinetz dazu.

„Das sind natürlich diese Standardantworten, aber er hat mir nicht einmal den Job am Burgtheater verschafft. Daß ich engagiert wurde hatte mit ihm nichts zu tun. Es war ein normales Vorsprechen,
in dessen Folge ich engagiert wurde. Die Protektion wurde uns nachher erst angedichtet", ärgert sie sich ein wenig.

„Damals ging ich zu einem öffentlich ausgeschriebenem Vorsprechen, bei dem mich der Claus Peymann engagierte, ohne daß mein Vater mit ihm dazu auch nur ein Wort gewechselt hätte. Er hat mir auch
nicht bei irgend jemandem Rollen verschafft. Ich glaube das Burgtheater ist dafür, Gott sei Dank, nicht unbedingt geeignet. Vor allem mein Vater war auch in keiner Weise dazu geeignet. Wir haben auch
nur zweimal zusammen gespielt. Das war eher Zufall. Aber sonst schlug jeder seinen eigenen Weg ein."

Kein Wunder, daß man der jungen Schauspielerin ein bißchen Protektion nachsagte. Schließlich kann sie auf eine Traumkarriere zurückschauen. Nach der Matura besuchte sie die Schauspielschule. Und am
Tag der Abschlußprüfung ging sie zu jenem schicksalhaften Vorsprechen für das Burgtheater, bei dem sie an die Bühne kam, die für viele Schauspieler als großes Ziel unerreichbar bleibt.

„Was wahrscheinlich nicht so gescheit ist", überlegt Dunja Sowinetz heute. „Eigentlich glaubte ich gar nicht, daß ich am Burgtheater genommen werde. Es hat halt gleich gepaßt, irgendwie."

„Die Hochzeit" von Elias Canetti war Dunja Sowinetz' Bühnendebüt. Eine große, schwere Rolle, die sie schier problemlos meisterte. „Doch ich bin keine Kritikenleserin. Wenn man sich über die guten
zu sehr freut, muß man die schlechten dann auch ernst nehmen. Ich lese das lieber viel später, bevor ich mich zu sehr nervös machen lasse. Man kann eh nichts mehr ändern."

Bei der Frage nach Vorbildern, überrascht die Antwort: „Höchstens die, die ich gerne lese, und das sind dann solche Götter wie William Shakespeare oder Ödön von Horváth. Aber das sind keine
Vorbilder, sondern Verehrte", klingt es noch standardmäßig, wenn sie über ihre schriftstellerische Tätigkeit nachdenkt.

„Schauspielmäßig gibt es viele, da möchte ich eigentlich keine bestimmten Namen nennen. Schauspieler gibt es einen, von dem ich unheimlich viel halte · da werden jetzt alle lachen, wenn sie seinen
Namen hören", kommt eine überraschende Antwort: „Tommy Lee Jones (in letzter Zeit bekannt aus den Filmen „Auf der Flucht" und „Men In Black"). Er ist unter den Bösen meiner nach der
Beste in dieser Kategorie."

Auch mit ihrem Berufswunsch, den sie als Kind hegte, überrascht Dunja Sowinetz: „Es stand für mich nicht von Anfang an fest, Schauspielerin zu werden. Ich habe ja von Zuhause mitbekommen, daß das
Ganze kein reines Zuckerschlecken ist. Ganz im Gegenteil. Es ist ja oft ein sehr anstrengender Beruf. Nein, ich wollte u. a. Tierärztin werden. Aber ich finde Tierarzt und Schauspieler gar nicht so
weit voneinander entfernt. Man hat in beiden Berufen manchmal mit sehr eigenartigen Kreaturen zu tun · und meine Viecher habe ich ja sowieso . . ."

Vier Islandpferde und zwei Hunde · natürlich Mischlinge · betreut Dunja Sowinetz in ihrem Haus im Weinviertel. So kommt sie doch noch zu tierärztlicher Tätigkeit, denn die Pflege der Hufe übernimmt
die Schauspielerin selbst.

„Ich weiß auch nicht, warum ich mich letztendlich doch für die Schauspielerei entschied. Ich ging öfter ins Theater, und das faszinierte mich dann doch. Anfangs verweigerte ich es, aber irgendwie
zog es mich dann in seinen Sog. Keine Ahnung, ob das wirklich so gescheit war, aber manche Dinge lassen sich eben nicht vermeiden."

Dabei war Dunja Sowinetz das Theater anfangs immer peinlich. „Ich habe mir auch nie Clowns im Zirkus angesehen. Das war für mich irgendwie alles dasselbe. Mir war das immer peinlich, daß sich da
jemand präsentiert. Zwischendurch ging ich dann eine Zeitlang gerne ins Theater, aber heute wieder nicht mehr. Bei der Premiere bekomme ich als Zuschauerin jedesmal Schweißausbrüche, weil ich mit den
Schauspielern auf der Bühne immer mitzittere. Wenn ich aber selber oben stehe, habe ich eigentlich wenig Lampenfieber · außer ich muß singen."

Und noch etwas mag Dunja Sowinetz überhaupt nicht. Kommentare abzugeben, wie ihr ein Theaterstück gefallen hat. „Ich weiß, wie viel Arbeit dahintersteckt · egal ob mir die Aufführung dann zusagt
oder nicht."

Für jemanden, der beruflich im Scheinwerferlicht steht, mutet es sehr anachronistisch an, wie öffentlichkeitsscheu sich die Schauspielerin gibt.

„Mir ist es schon peinlich, wenn sich andere an die Öffentlichkeit drängen. Ich kann es gut überleben, wenn ich mich nicht in den Seitenblicken sehe. Damit will ich die Seitenblicke nicht
angreifen · ich schaue sie mir auch manchmal an", versucht Dunja Sowinetz jedes Mißverständnis aus dem Weg zu räumen. „Aber ich bin halt nicht der Typ, der in dieser Sendung auftaucht."

Freitag, 11. September 1998 00:00:00
Update: Dienstag, 01. März 2005 16:53:00

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