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diarium

Mandelbaum an der Riviera

Von David Axmann

der gedanke, eingeräumt er sei ein ei, gedrungen ist er ein sitz, gut in schale, im schock zeigt er sich dellig statt rund, sonst wellig, das liniert sich selbst bitter was ab – welle und ei, das rinnt sich ans meer, wo er, der gedanke, im faden hängt als mehr, ist er der laden aus den buchstaben, an stelle der delle formend die seelenwelle, stele oder doch nur ein rundes, ei da schau . . ."

So beginnt ein Text von Ferdinand Schmatz. Ei, da schau zu, dass du’s irgendwie verstehst. Was an sich schwer genug ist. Willst du den Text aber gar richtig, also im Innersten verstehen, halte dich an die Gebrauchsanleitung, die der Dichter selbst gibt.

In jener heißt es zum Beispiel: ". . . von der Wahrnehmung und Setzung des Wortes draußen in das Empfinden und Bewusstsein desselben durch Übertragung drinnen, als eine ganze Figur in der Zeit des Alles und Nicht-Alles in einem Moment: Drinnen ist Draußen und umgekehrt. Dieser Moment lässt sich aufspalten: in den der Buchstäblichkeit . . . und in einen Moment der vermittelten Bildlichkeit, die vom Buchstäblich-Nehmen ausgehend, auf dem Weg der Transformation dieses Buchstäbliche in andere Felder projiziert, überträgt und verlagert. Und so das Ausgangsmaterial rück- wie vorwärtswirkend anders zu verstehen lernt – obwohl, wortwörtlich, manchmal das Gleiche gesagt wird."

"Ja g’redt wird gar viel in der Welt", heißt’s bei Nestroy. Gern erinnere ich mich deshalb an eine Begegnung mit dem Bildhauer Franz Xaver Ölzant. Als ich ihn vor rund drei Jahrzehnten im Zuge meiner Recherchen für ein Buch über die Kulturlandschaft des Waldviertels interviewte, fragte ich ihn auch, was er mit seinen (mich ansprechenden) Skulpturen denn eigentlich ausdrücken wolle. "Wenn ich es sagen könnte", erwiderte er, "wär’ ich kein Bildhauer geworden".

Gut gegeben. Der Künstler muss nicht erklären, was er tut. Wenn andere sein Tun erklären wollen, wird er das kaum verhindern können – und mit manchen solcher Erklärungen vielleicht einverstanden sein. Der Künstler soll nicht erklären, was er zeigen will, sondern es klar zeigen.

Viele Theaterkünstler sind naturgemäß redselig, weshalb sie häufig interviewt werden. Besonders lästig und peinlich sind jene Regisseure, die gern und lang und breit darlegen, was alles sie sich für ihre jüngste Inszenierung ausgedacht haben und was alles sie mit ihr aufzeigen, ansprechen, anklagen möchten, ja müssen, denn in Zeiten wie diesen usw. – und deren Gedanken wie Intentionen beim darauf folgenden Lokalaugenschein undeutlich, wo nicht gar unsichtbar bleiben.

Die Aufklärung eines Kunstverhalts sollte überhaupt nicht nur kurz und prägnant, sondern womöglich auch vergnüglich sein. Etwa so wie in dem einst von Karl Farkas gern erzählten Beispiel: Ich habe neulich eine Ausstellung von modernen, surrealistischen Gemälden besucht. Dort sah ich ein Bild mit roten, gelben, blauen und schwarzen Kreisen und Quadraten – darunter stand: "Im Grünen". Daneben hing ein ziemlich ähnliches Bild mit dem Titel "Mandelbaum an der Riviera".

Na schön, jetzt weiß ich aber nicht: ist das eine Landschaft oder ein Porträt?

Printausgabe vom Samstag, 06. März 2010
Online seit: Freitag, 05. März 2010 12:19:00

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