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Wer ist eigentlich der Chobot?

Manfred Chobot, Lyriker, Satiriker, Reporter, Kinderbuchautor – und noch einiges mehr.  Foto: Marko Lipus

Manfred Chobot, Lyriker, Satiriker, Reporter, Kinderbuchautor – und noch einiges mehr. Foto: Marko Lipus

Von Hermann Schlösser

Aufzählung Hommage zum 60. Geburtstag eines vielseitigen Wiener Schriftstellers.

Vollbart, lange Haare: Wer dem Schriftsteller Manfred Chobot zum ersten Mal auf der Straße begegnet, wird ihn vermutlich für einen in Ehren ergrauten Alt-Hippie halten. Ganz aus der Luft gegriffen wäre dieser Eindruck nicht. In seinem Auftreten und seiner Sprechweise ist Chobot ein legerer, nonkonformer Typ, der keinerlei Neigung zu Förmlichkeiten zeigt.

Doch Vorsicht, mit dieser Beobachtung ist nicht die ganze Wahrheit über diesen Schriftsteller gesagt! Hat man beruflich mit ihm zu tun, merkt man bald, dass er ein sorgfältiger Arbeiter ist. Ihm ist bewusst, dass Redaktionsschlüsse dazu da sind, eingehalten zu werden, und er fühlt sich durch vorgebene Textlängen nicht in seiner Kreativität beeinträchtigt. Und selbstverständlich weiß er nach mehr als vierzig Jahren Berufserfahrung sehr genau, wie er sich und seine Texte optimal platzieren kann.

Wir haben es hier also, kurz gesagt, mit einem literarischen Profi zu tun. Deshalb sitzt er auch bei der "Grazer Autorenversammlung" und der "IG AutorInnen" im Vorstand, und ist der Obmann des "Literaturkreises Podium".

So weit, so klar. Schwerer ist zu erfassen, welche Themen und Ausdrucksformen Chobot bevorzugt. Die lange Liste seiner Veröffentlichungen enthält Erzählungen, Reiseberichte, Satiren, Kinderbücher und Lyrik. Eben diese Vielfalt der Töne und Themen ist Chobots Spezialität. Sein Prosaband "Maui fängt die Sonne" (Deuticke 2001) erzählt z.B. Mythen aus Hawaii nach. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, verwandelt sich der Autor für dieses Mal in einen Märchenerzähler: "Pea-pea besaß acht Augen und acht Arme und hatte das Aussehen einer Fledermaus. Er konnte fliegen und war wegen seiner acht Augen und seiner acht Arme überaus gefürchtet."

Doch ist Chobot nicht nur zum Märchensammeln nach Hawaii gereist, sondern auch zum Surfen. Er ist nämlich ein Sportsmann, der in seiner Jugend sogar als Leistungsschwimmer Erfolge erzielt hat. Und weil er sich als Schriftsteller nicht gerne auf einige wenige Themen festlegen lässt, hat er 1989 auch einen Zyklus mit dem Titel "Sportgedichte" geschrieben (herbstpresse).

Die sportive Ader berechtigt allerdings nicht zu der Annahme, der Autor sei gleichsam als europäischer Beach Boy in Hawaii unterwegs gewesen. Chobot hat sich nicht nur Strände angeschaut, sondern auch die Drogenszene, den Hahnenkampf und die Militäranlagen. All das (und manches mehr) ist nachzulesen in seinen "Reisegeschichten". In diesem Buch, das 2003 in der "Bibliothek der Provinz" erschienen ist, entführt der Autor seine Leser nach Hawaii, Asien, Lateinamerika, und in verschiedene Gegenden Europas.

Dabei hält er sich als Erzähler meist diskret im Hintergrund. Das Gedränge in Hongkong beschreibt er zum Beispiel mit den sparsamen Worten: "Man bewegt sich stets in einem Strom, dem ein anderer entgegen fließt – ob auf den Fußgängerpassagen oder den Zugängen zur U-Bahnstation. Schier aussichtslos erscheint es, bis zur nächsten Haltestelle an den Ausstieg vorzudringen." Hier macht sich der Erzähler so klein, dass er tatsächlich in der Menge verschwindet, die er beschreibt.

Doch sollte man nicht meinen, Chobot, der Reisereporter und Erforscher exotischer Mythen, sei ein heimat- und wurzelloser Weltbürger. Zu seinem Œuvre gehören ebenso "Dorfgeschichten" (Bibliothek der Provinz), die vom Leben rund um den Neusiedler See erzählen. Auch Gedichte im Wiener Dialekt hat Chobot geschrieben und im Band "Kumm haam in mei Gossn" (Bibliothek der Provinz) gesammelt.

Ist Manfred Chobot also vielleicht gar ein verkappter Heimatdichter? Das wird man auch wieder nicht sagen können. Die "biografi fon an echtn weana" hat er zum Beispiel in die Sätze zusammenfasst: "geboan ois sengaknabe/ glebt ois lippizana/ gschtuam ois hofrot" . Das ist nicht gerade eine liebevolle Schilderung des Wiener Daseins. Dafür ist es aber ein witziges, satirisches Kurzpoem, dass mit drei scharf pointierten Zeilen auskommt. Nicht jeder Dichter versteht sich auf die Kunst, kurz angebunden zu sein. Chobot aber beherrscht sie in seinen besten Gedichten souverän.

So. Jetzt wissen wir einiges darüber, was Manfred Chobot tut und was er kann . Aber wer er ist - das wissen wir noch immer nicht genau. Fragen wir ihn am besten selbst. Seine Antwort, die in einem Dialektgedicht steht, ist zwar nur eine unter vielen möglichen – aber immerhin, hier ist sie:

i bin da chobot

mei nauman und i

mia san ni ans wuan

MANFRED und i

kana hot mi so gnonnt

passt haum

schpizznauman/kosenauman/

schimpfnauman

MANFRED und i

mia fatrogn uns net

mia haum niks

miteinander ztuan

und niks mitanaunda

gemein

unsarans soit jeden tog

sein nauman endan

i bleib da chobot

Jetzt ist dieser Chobot, der partout kein Manfred sein will, 60 Jahre alt geworden. Dazu kann man nur gratulieren!

Am Donnerstag, den 10. Mai, wird im Literaturhaus gefeiert: Freunde und Kollegen Manfred Chobots präsentieren die Festschrift, die soeben in der "Bibliothek der Provinz", Weitra, erschienen ist. Der Band trägt den Titel "Chobot bleibt". Ort: Literaturhaus, Seidengasse 13, 1070 Wien, Beginn: 19.00 Uhr.

Printausgabe vom Samstag, 05. Mai 2007
Online seit: Freitag, 04. Mai 2007 17:23:00

Lexikon



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