Wiener Zeitung Neu in der Linkmap:
 
  Wiener Zeitung Homepage Amtsblatt Homepage LinkMap Homepage Wahlen-Portal der Wiener Zeitung Sport-Portal der Wiener Zeitung Spiele-Portal der Wiener Zeitung Dossier-Portal der Wiener Zeitung Abo-Portal der Wiener Zeitung Suche Mail senden AGB, Kontakt und Impressum Das Unternehmen Benutzer-Hilfe
 Politik  Europa  Kultur  Wirtschaft  Computer  Wissen  extra  Panorama  Wien  Meinung  English  MyAbo 
 Lexikon Interview  Glossen  Bücher  Musik  Debatten 
Artikel aus dem EXTRA LexikonPrint this

Zum Tod des Wiener Lyrikers und Essayisten Bruno Weinh als

Beobachten – Nachdenken

Von Bernhard Widder

Bruno Weinhals wurde 1954 in Horn in Niederösterreich geboren, wuchs in Stockerau auf, lebte später in Wien. Sein Werk umfasst Lyrik, Prosatexte, Hörspiele, Essays zur Poetik und einige Theaterstücke. Er übersetzte Gedichte bedeutender italienischer Lyriker, etwa die "Motetti" (1933-40) von Eugenio Montale. Von 1983 bis 2000 veröffentlichte Weinhals etwa zehn Bücher und bibliophile Lyrik-Hefte. Sein Theaterstück "Fingersatz", das sich mit Leben und Werk des von ihm geschätzten englischen Komponisten Henry Purcell befasst, wurde 1996 am Schauspielhaus Kiel aufgeführt.

1992 erschien in der "Edition Umbruch" sein bedeutender Gedichtband "Lektüre der Wolken" in einer bibliophilen Ausgabe. Auffallend ist, dass Weinhals hier seinen Gedichten einen komplexen Essay unter dem Titel "Gelegenheiten" angefügt hat. Dieser Text beschreibt die Tätigkeit des Dichters als ein Übersetzen, vergleichbar der Arbeit an Palimpsesten, wo unter eigenen, neu hinzugefügten Sätzen die früheren Schichten als fremde, wie von anderen geschriebene, zum Vorschein kommen.

In diesem Band wie auch in den späteren Aufsätzen "Verso Montale" und "Das Übersetzen" geht es um das Beobachten und das Nachdenken, um Geräusche und Lärm, um Sprache als Lärm und Gerede, sowie um jene andere Sprache, aus der durch Inspiration Gedichte entstehen können: "Geräusche sind Wasser / das Gerede eines Brunnens aus Menschen / Eine silbenlose Sprache überflutet den Platz / Das Treibgut horcht auf und ertrinkt / Der Brunnen kommt geht bleibt."

Weinhals‘ Werk enthält viele Anspielungen auf die Weltliteratur wie auch auf Architektur und Musik. Italienische Bauwerke, das römische Pantheon und das Castel del Monte in Apulien wurden nach längeren Aufenthalten und Besuchen zu Themen von Gedichten und Prosatexten.

Weinhals‘ spätere Veröffentlichungen erschienen in verschiedenen Sprachen: Rumänisch, Holländisch und Portugiesisch. So führte ein Arbeitsaufenthalt mit portugiesischen Übersetzern im Jahr 2000 zu der Veröffentlichung von "Uma conversa passa pelo papel" (Ein Gerede geht übers Blatt) in Portugal.

Der Prosaband "Fabulierbuch" erschien im Jahr 2000 im Ritter-Verlag. Ich erinnere mich an eine Präsentation dieses Buchs: Bruno Weinhals las daraus die Passage von der Heimkehr des Odysseus nach Ithaka. Die düstere Darstellung der Rückkehr des Verschollenen – sprachlicher Neo-Verismo – verweist auf sein letztes Projekt, das er in Gesprächen seit vielen Jahren als sein umfangreichstes beschrieb: eine Sammlung von Texten zu Homers "Odyssee". Bevor er sie vollenden konnte, ist Bruno Weinhals nun im Alter von 52 Jahren gestorben.

Printausgabe vom Samstag, 10. Juni 2006
Update: Freitag, 09. Juni 2006 17:21:00

Lexikon



Wiener Zeitung - 1040 Wien · Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Impressum · AGB