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  24.03.2010, 11:19    

Krankenversicherung: Ein Volk von Privatpatienten

Kommentar Die FDP plant eine Gesundheitsprämie, die Wähler ziehen eine Bürgerversicherung vor. Doch es gibt einen praktikablen Mittelweg, der die Vorteile beider Modelle miteinander vereint. von Ulrich van Suntum
Ulrich van Suntum ist geschäftsführender Direktor des Centrums für angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Münster.
Im Koalitionsstreit um die Gesundheitsreform werden eigentümliche Argumente vorgetragen. So soll angeblich der bei einer einheitlichen Gesundheitsprämie notwendige Solidarausgleich nicht finanzierbar sein. Das ist schon deswegen falsch, weil der Solidarausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bereits heute finanziert wird. Er wird überwiegend von den "guten Risiken" innerhalb der GKV getragen, also von denjenigen, die gut verdienen, keine Familie haben und/oder jung und gesund sind. Ein steuerfinanzierter Solidarausgleich würde diese Gruppe im Saldo entlasten und dafür Beamte, Selbstständige und Arbeitnehmer mit Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze in die Pflicht nehmen. Das wäre für den Einzelnen also mit einer im Durchschnitt geringeren - und nicht höheren - Belastung verbunden.
Trotzdem ist die von der Regierung angestrebte Kopfpauschale nicht die ideale Lösung. Sie entkoppelt zwar die Gesundheitsausgaben von den Arbeitskosten und beendet die unbefriedigende Trennung zwischen gesetzlich und privat Versicherten. Aber niemand weiß, wo genau die für den Solidarausgleich nötigen Steuermittel letztlich herkommen sollen. Zudem ist eine einheitliche Gesundheitsprämie nicht risikobezogen, daher bleibt der hochgradig bürokratische Risikoausgleich zwischen den Krankenkassen weiter notwendig.
Und die Bevölkerung will nun einmal mehrheitlich keine Kopfpauschale, wie Umfragen belegen. Ein einkommensbezogener Beitrag wie bei der Bürgerversicherung erscheint vielen als die einfachere und sicherere Variante.
Es ist aber durchaus möglich, die Vorteile beider Konzepte miteinander zu verbinden. Dazu müsste man einerseits in der GKV risikobezogene Beiträge einführen, andererseits aber den Solidarausgleich auf die private Krankenversicherung (PKV) ausdehnen.
Die Bevölkerung ist mehrheitlich gegen eine Kopfpauschale   Die Bevölkerung ist mehrheitlich gegen eine Kopfpauschale
Konkret kann dies über den bereits existierenden Gesundheitsfonds organisiert werden. Die Kassen würden dann künftig nur noch denjenigen Beitragsanteil erhalten, welcher den tatsächlichen Kosten der Betreffenden entspricht. Die Solidarkomponente in den bisherigen GKV-Beiträgen der guten Risiken ginge dagegen direkt an den Gesundheitsfonds, der daraus wiederum die Beiträge der schlechten Risiken subventioniert. Da auch heute schon die guten Risiken die Kosten der schlechten Risiken innerhalb der GKV mittragen, geht das insoweit plus minus null auf. Kein GKV-Versicherter zahlt mehr als vorher, was für die politische Umsetzbarkeit ein entscheidender Vorteil ist.
Vor allem aber wird so der Solidarausgleich von der eigentlichen Versicherungsfunktion getrennt, ohne dass dafür Steuern erhöht werden müssen. Echter Wettbewerb wird damit möglich. So kann es sich dann jede Kasse leisten, gut verdienende und gesunde Mitglieder zu verlieren, denn deren Beitragseinnahmen decken ohnehin nur noch die echten Kosten ab. Der Wettbewerb findet dann nicht mehr nur um die guten Risiken, sondern um alle Versicherten statt.
Auch die PKV-Versicherten werden in diesen Solidarausgleich einbezogen: Wer für das Standardpaket bisher beispielsweise zehn Prozent seines Einkommens aufgebracht hat, zahlt nun die Differenz zum durchschnittlichen GKV-Beitrag an den Gesundheitsfonds. Zudem sollte sich die Beitragspflicht für alle auf das gesamte Einkommen und nicht nur auf das Lohneinkommen beziehen. Früheren Berechnungen der Rürup-Kommission zufolge würde dies den Beitragssatz um rund zwei Prozentpunkte senken. Damit zahlt jeder Bürger 13 Prozent seines Einkommens als Gesundheitsbeitrag (bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze, die es auch weiterhin geben muss). Zudem müssen solche PKV-Versicherte, deren Beitragslast für das Standardpaket über dem Durchschnitt liegt, wie GKV-Versicherte auch entsprechende Zuschüsse aus dem Fonds erhalten.

Teil 2: Wie sich das neue System umsetzen lässt

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