01.04.2010, 12:15
Rekord am Latexmarkt: Kautschukpreis gibt Gummi
Der tropische Rindensaft kostet so viel wie noch nie. Chinas brummende Industrie und eine schwere Dürre in Thailand befeuern die Rally. Reifenhersteller stehen vor einem Dilemma.
von Christine Mai
und Javier Blas, London
Starke Nachfrage im Zuge der Konjunkturerholung und eine sinkende Produktion befeuern den Kautschukpreis. Der Rohstoff ist auf über 3,50 $ je Kilo geklettert - und hat damit den seit 58 Jahren stehenden bisherigen Rekordwert übertroffen. Im Jahr 1952 gab es Panikkäufe, weil Akteure fürchteten, der Koreakrieg werde sich auf wichtige Herstellerländer in Südostasien ausweiten.
Ein Arbeiter verpackt Gummimatten in einer Lagerhalle der Supark Company in Thailand
Am Mittwoch erreichte die Referenz-Sorte Rubber Ribbed Smoked Sheet 3 (RSS3) laut Daten des Rubber Research Institute of Thailand am physischen Markt 3,52 $ je Kilo. Über die vergangenen zwölf Monate hat der Kautschukpreis um rund 75 Prozent zugelegt.
Hintergrund ist die steigende Nachfrage, vor allem aus China, dem weltgrößten Verbraucher. Hier zieht die Industrieproduktion an, ein am Freitag veröffentlichter Einkaufsmanagerindex zeigt einen Anstieg von 52 Punkten im Februar auf 55,1 im März. Werte über 50 deuten auf eine Expansion hin.
Gleichzeitig schrumpft die Produktion. Sie geht zwar zwischen Februar und Ende April ohnehin zurück, weil die Kautschukbäume in dieser Zeit ihre Blätter abwerfen und kaum noch Latex produzieren. Derzeit kommt aber eine schwere Dürre in Thailand hinzu. Das Land ist die wichtigste Quelle für den Rohstoff und steht gemeinsam mit Malaysia und Indonesien für rund 70 Prozent der globalen Produktion.
Für die Dürre machen Meteorologen das Wetterphänomen El Niño verantwortlich. Es entsteht durch eine Erwärmung des Wassers im Ostpazifik und wirkt sich auf Wettermuster in Dreivierteln der Erde aus. Je nach Heftigkeit kann El Niño daher die Ernten von Agrarrohstoffen beeinflussen. Der aktuelle El Niño hat seinen Höhepunkt zwar bereits im Januar überschritten, seine Auswirkungen sind aber noch deutlich spürbar.
Auch andere Faktoren sind am Werk. Der Markt für Kautschukderivate - der eine kleinere Rolle spielt als der physische - ist in Tokio angesiedelt. Hier wirkt sich die Entwicklung des Yen aus. Wenn er zum US-Dollar fällt wie zuletzt, werden Yen-basierte Kontrakte attraktiver für die an diesem Markt tätigen japanischen Spekulanten. Am Mittwoch stiegen Kontrakte zur Lieferung im September auf ein 18-Monats-Hoch von 311,3 Yen (3,34 $) pro Kilo, am Donnerstag lagen sie bei 313,3 Yen. Einer aktuellen Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zufolge erwarten Akteure bis Ende April einen Anstieg auf 320 Yen.
Teil 2: Wie reagieren die Reifenhersteller?
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FTD.de, 01.04.2010
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