12.04.2010, 12:02
Kampf um Branchenmarkt: Lufthansa will Verbände fusionieren
Für Fluggesellschaften und Flughäfen lobbyieren in Deutschland zwei getrennte Verbände. Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber will sie nun gegen den Willen der Airportbetreiber zusammenlegen.
von Jennifer Lachman
Gästen bereitet die
Lufthansa ein angenehmes Ambiente: Die Konferenzräume in der Konzernzentrale am Frankfurter Flughafen sind geräumig und hell. Ein eigenes Catering-Team kredenzt exquisite Menüs. Den Flughafenchefs, die Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber für Anfang nächster Woche ins Aviation Center geladen hat, wird jedoch Happiges aufgetischt.
Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber
Das Treffen am Montagvormittag dürfte für alle Beteiligten nicht einfach werden. In dem Raum, wo sonst der Aufsichtsrat der führenden deutschen Fluggesellschaft tagt, wird sich Mayrhuber gemeinsam mit Air-Berlin-Chef
Joachim Hunold und Ralf Teckentrup dem Chef des Charterfliegers Condor und Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften (BDF), vor den Branchenvertretern positionieren.
Ihre Forderung: Die Chefs der deutschen Flughäfen sollen sich aus der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), die sich bislang für ihre Interessen starkmacht, zurückziehen. Stattdessen sollen sie mit den Fluggesellschaften einen neuen Gesamtverband gründen, erfuhr die FTD aus den vertraulichen Vorbereitungen. Für den mächtigen, politisch gut verdrahteten ADV, dem der Hamburger Flughafenchef Michael Eggenschwiler vorsitzt, ist das ein Affront. Die Airline-Manager liebäugeln schon seit gut anderthalb Jahren mit der Gründung einer einheitlichen Branchenorganisation. Doch nun erhöhen sie den Druck. Dieses hartnäckige Werben bezeichnen Flughafenvertreter hinter vorgehaltener Hand bereits als "Zumutung".
Mayrhuber und seine Mitstreiter werden argumentieren, dass eine gemeinsame Organisation die Herausforderungen der Branche effektiver lösen kann: etwa beim Klimaschutz, beim Imageproblem der Luftverkehrsunternehmen oder bei der politischen Weichenstellung zur weiteren Liberalisierung der Märkte. Als Vorbild führen sie den Verband der Automobilindustrie (VDA) an, der sowohl die Interessen der Autohersteller als auch die der Zulieferer vertritt. Doch im Luftverkehr verfolgen Fluggesellschaften und Flughäfen allzu oft gegensätzliche Interessen - zum Unmut ihrer Verhandlungspartner aus Politik und Wirtschaft.
So beobachten Fluglinien mit Missgunst das Vordrängen ausländischer Wettbewerber an deutschen Drehscheiben. Für die Flughäfen sind das aber potente Kunden. Die Expansion von Billigfliegern wie Ryanair, die sich vor allem an Regionalflughäfen breitmachen, bringt deutsche Rivalen und große Flughafenbetreiber gleichermaßen auf die Barrikaden. Und wenn sich in Krisenzeiten angeschlagene Fluglinien an ungenutzte Start- und Landerechte klammern, entgeht Flughafenbetreibern ein Geschäft, wenn sie diese Slots nicht an andere Interessenten verkaufen können. Überhaupt sind die Gebühren für diese Flugrechte ein ständiger Streitpunkt zwischen Flughäfen und Fluggesellschaften.
Die Flughäfen fürchten, in einem gemeinsamen Verband an Einfluss zu verlieren, und lehnen ihn deshalb ab. Problematisch wäre eine solche Organisation nach Ansicht von ADV-Mitgliedern vor allem für kleinere Flughäfen. Könnte etwa der Chef des Flughafens Nürnberg, der einen Großteil seines Umsatzes Air-Berlin-Chef Hunold verdankt, diesem bei Interessenkonflikten wirklich widersprechen?
Teil 2: Weitreichende Zugeständnisse
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12.04.2010
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