13.04.2010, 13:13
Unübersichtliche Versicherungskonzerne: Aufseher wollen Löcher stopfen
Viele Versicherungskonzerne haben Ableger, die nicht der Fachaufsicht unterliegen. Dazu gehörten die Banktöchter vom US-Marktriesen AIG, der sich mit Derivaten verzockte. Das gilt auch für manche Holdinggesellschaften. Diese Lücken wollen die Aufseher jetzt schließen.
von Herbert Fromme
Mehr als 180 Mrd. $ musste die US-Regierung aufbringen, um die American International Group (AIG) zu retten, den größten Versicherungskonzern des Landes. Mit Absicherungsgeschäften auf Derivate hatte das Unternehmen nicht nur sich selbst an den Rand des Kollapses gebracht, sondern auch zahlreiche Banken, mit denen es diese Geschäfte vereinbarte, deshalb sprang Washington ein. Die dubiosen Geschäfte wurden von Tochtergesellschaften der Gruppe in London, Paris und der Schweiz durchgeführt, die keine Versicherungsgesellschaften waren, sondern Banken und andere Finanzinstitute - und deshalb auch nicht der Versicherungsaufsicht unterlagen.
Das Problem wollen die Versicherungsaufseher jetzt angehen. Ihre globale Vereinigung, die International Association of Insurance Supervisors (IAIS), hat ein Arbeitspapier vorgelegt, wie diese Lücken zu schließen sind. Dabei geht es den Aufsehern nicht nur um die Töchter, die nicht als Versicherer gelten, sondern auch um Holdinggesellschaften. Denn manche von ihnen sind ebenfalls keine operativen Versicherer, sondern reine Finanzholdings - und unterliegen deshalb zunächst nicht der Aufsicht von Bafin, FSA und den anderen Behörden.
Die Versicherungsaufseher wollen Lücken in der Kontrolle von Konzernen schließen
Das Thema ist von aktueller Bedeutung. Die Versicherer werden nicht müde zu betonen, sie stellten im Gegensatz zu den Banken kein systemisches Risiko dar und müssten deshalb auch nicht in einen möglichen Rettungsfonds für Finanzinstitute einzahlen. Tatsächlich aber haben die AIG-Fastpleite und die Probleme der
Allianz mit ihrer Tochter
Dresdner Bank gezeigt, dass Versicherer sehr wohl heftig von Krisen geschüttelt werden könnten.
Nichtbeaufsichtigte Teile oder Obergesellschaften können zu großen Problemen für die aktiven Versicherer und die Aufsicht führen, so die IAIS-Experten. So sei es möglich, dass Manager, die niemals als Versicherungsvorstände bestätigt worden wären, die Obergesellschaft oder eine wichtige Tochter eines Versicherers leiten. In Konzernen könnte ein Mangel an Transparenz entstehen, die vorgeschrieben Offenlegungspflichten verletzt werden. Auch könne es Interessenkonflikte geben und das Risikomanagement ineffektiv werden. "Für Versicherungsgruppen oder Finanzkonglomerate besteht ein bedeutendes Risiko in der Ansteckungsgefahr", heißt es zu Krisensituationen. Auch könne die notwendige Kapitalausstattung bedroht sein.
Teil 2: Verschiedene Modelle möglich
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13.04.2010
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